Expansionsstrategien: Die großen Zeitungen erschließen sich neue Märkte im Internet

Im vergangenen Jahr begannen die großen Zeitungen Paywalls einzurichten, um ihre Umsätze zu steigern. Dieses Jahr warten sie mit neuen Strategien auf: Sie expandieren ins Ausland, erschließen neue englischsprachige Zielgruppen, beispielsweise in Indien; sie bedienen das arabische Publikum mit Blogs oder entwickeln gar neue Medienformate. Medienforscherin, Bloggerin und Berliner Gazette-Autorin Mercedes Bunz bietet einen ersten Überblick.

*

Das Empire ist zurück! Die britische Internet-Zeitung Daily Mail ist neuerdings die meistbesuchte Nachrichtensite der Welt. Sie freut sich über 500.000 Besucher am Tag. Die Plattform der US-amerikanischen „New York Times“ fällt damit leicht hinter sie zurück. Schon plant die „Daily Mail“ das nächste große Ding. Nachdem Chefredakteur Martin Clarke die USA mit nur zwei Büros (je einem in New York und Los Angeles) im Sturm für seine Zeitung erobert hat, setzt er weiter auf Expansion. Das nächste Ziel: Indien.

Seit der Kolonialzeit sprechen viele Inder Englisch; neben Hindi ist Englisch in Indien offiziell Amtssprache. Englisch dominiert die Verwaltung, die Wirtschaftskommunikation und die Schulen. Englisch ist in Indien die Sprache einiger weniger Privilegierter. Nur rund 250.000 Inder geben Englisch als ihre erste Sprache an. Allerdings leben schätzungsweise 25 Millionen Inder im Ausland, vorwiegend im englischsprachigen.

Auf zu neuen Ufern

Es ist ein lukrativer Markt, den Clarke mit einer „MailOnline“-Indien-Startseite erreichen will. Die US-amerikanischen Online-Formate der „New York Times“ und des „Wallstreet Journal“ ziehen längst gleich und bedienen das Publikum in Indien mit englischsprachigen Blogs (wie India Ink) und demnächst auch mit indischsprachigen Online-Ausgaben ihrer Zeitungen.

Expansion ist aktuell der große Trend im internationalen Nachrichtenbusiness. Das gilt lange nicht nur für die „Daily Mail“, die „New York Times“ und das „Wallstreet Journal“. Auch die britische Tageszeitung „The Guardian“ sucht das größere Publikum und startete zu diesem Zweck vor kurzem eine arabische Sparte ihrer Internetseite, die Artikel über Politik, den Nahen Osten und eine Reihe über Fußball in arabischer Sprache bringt.

Auch das Vorhaben, die breite Leserschaft des „Guardian“ in den USA langfristig an die Zeitung zu binden, nimmt bereits Form an – 2011 packte Steve Busfield, der zuletzt Leiter des Ressorts „Mediaguardian“ war, seine sieben Sachen und zog nach New York, um von dort aus das Sportblog des „Guardian“ zu leiten. Er folgt der Chefredakteurin des „GuardianUS“, Janine Gibson, die dort mit 10 Redakteuren zu neuen Ufern aufbricht. Und das ist eine gute Sache: Wenn Journalismus vom einzelnen Auslandskorrespondenten zum Flagshipstore expandiert, dann steigert das auch seine Qualität, da man vor Ort stets am meisten lernt.

Expansion in die Tiefe

Die Huffington Post wählt für ihre Expansion einen anderen Kurs. Die von Arianna Huffington gegründete Internet-Zeitung orientiert sich nach Europa und hat neben einer britischen neuerdings auch eine französischsprachige Ausgabe im Programm. Allerdings wäre es nicht die „Huffington Post“, würde sie die Dinge nicht stets etwas weiter treiben als alle anderen. So verkündete die Internet-Zeitung kürzlich, sie werde ein Internet-TV im „Huffington Post“-Stream launchen.

Die Livesendung soll ab Sommer 2012 zwölf Stunden täglich laufen. Programmatisch soll sie die „Die wichtigsten Nachrichten der Sozialen Medien“ behandeln. Ihre Journalisten werden recherchieren, was in den Sozialen Medien diskutiert wird, ein Drittel des Bildschirms soll Kommentare von Twitter und Facebook anzeigen. 100 Journalisten werden allein für das neue Format abgestellt. Das zeigt, dass die „Huffington Post“ ihr TV-Projekt äußerst ernst nimmt.

Erst letztes Jahr kamen die Internet-Zeitungen mit der großen Paywall auf. Die neue Expansionsstrategie erscheint dagegen ein wenig seltsam zu sein. Kann denn Expansion ein wahrhaft globaler Trend sein? Ist dieser Ansatz nicht an die englische Sprache gebunden und dadurch ziemlich limitiert? „Spiegel Online“ hat zwar für Spiegel Online International eine eigene App herausgebracht. Andere Anbieter werden diesem Beispiel wohl aber kaum folgen.

Kleinere Zeitungen müssen eigene Strategien entwickeln, um für sich selbst den richtigen Weg zu größerem Wachstum zu finden. Expansion geht nämlich auch in die Tiefe, zum Beispiel durch das Erschließen neuer Themengebiete oder gar – nach dem Vorbild der „Huffington Post“ – mit Hilfe neuer Medien. Das Internet macht es möglich.

Anm.d.Red: Das Foto oben stammt aus den US National Archives.

4 Kommentare zu “Expansionsstrategien: Die großen Zeitungen erschließen sich neue Märkte im Internet

  1. also danke!

    Leider hört der Text dort auf, wo es spannend wird.

    Sehr schade!

    “Expansion geht nämlich auch in die Tiefe, zum Beispiel durch das Erschließen neuer Themengebiete oder gar – nach dem Vorbild der „Huffington Post“ – mit Hilfe neuer Medien. Das Internet macht es möglich.”

    Gibt es dafür noch mehr Beispiele? Oder arbeitet die Autorin an einer Fortsetzung dieses Beitrags?

  2. Widerspricht sich das nicht – die Expansion sei an die englische Sprache gebunden, jedoch die NYT wartet neuerdings mit einer Ausgabe auf arabisch auf?

  3. @3: da ist was dran. ich lese das allerdings so, dass guradian und co., wenn sie etwas auf arabisch machen, dann das als extra-, sonder-, bonus-angebot in ihrem portfolio führen. dann aber wieder die sachen, die sie auf engisch machen und dann für andere kulturkreise ganz speziell verpacken, eben insgesamt der eigentlich große markt ist, weil mehr länder damit erfast werden: englisch ist eine globale sprache!

    aber global kann der trend nicht sein, weil nicht alle länder und sprachkreise diesem trend folgen können, da ihre sprachen eben nicht den global reach haben….

    schade eigentloch ;)

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.