European Showrooms

Ein Showroom ist ein temporaerer Treffpunkt in der Modewelt fuer Presse und Kaeufer, der waehrend der Pret-a-Porter Schauen in Paris und Milan oder London genutzt wird. Hier werden die Kollektionen in kurzfristig angemieteten Raeumen eingerichtet und ausgestellt. So bekommen Kunden eine Moeglichkeit, die Kleider und Accessoires wirklich in die Hand zu nehmen oder sie sich von House Models vorfuehren zu lassen.

Fuer mein Projekt >institut du monde arabe/showroom<, 2003, wurde der Kiosk vom K & K Zentrum fuer Kunst und Mode, Weimar - ein architektonisches Ready-Made der DDR Zeit - als Geruest und Rahmen fuer eine neue Skulptur im Stadtraum eingesetzt. Hierfuer wurden die Fensterflaechen mit einem Muster verkleidet, das aus einer Abbildung der bekannten Fassade des Institut du Monde Arabe Paris bestand und als grossflaechige Aufkleber / Applikationen wieder zusammengesetzt wurde. Man konnte durch Guckloecher im Muster - wie durch einen Bauzaun, von Aussen nach Innen und hindurch - Fotos verschiedener Interieurs von Showrooms im Institut du Monde Arabe von Sonya Rykiel oder dem Britischen Modemacher John Galliano sehen. Neben einem Poster aus Gallianos aktueller Fruehlingskollektion waren die Fotos selbst in die Inneneinrichtung eingefuegt. Die Arbeit verband so, als Container und Display im oeffentlichen Raum, den ehemaligen Pavillon in der Weimarer Fussgaengerzone mit Praesentations- und Ausstellungsraeumen des arabischen Kulturzentrums in Paris. Das Wort >Kiosk< stammt aus dem Arabischen und heisst: Stand. Synonyme: Bude, Haeuschen, Standel. Waehrend der Hauptbauphase des Potsdamer Platzes in Berlin diente die >Info-Box< als Dokumentations- und visuelles Informationscenter zur aktuellen Grossbaustelle vor Ort. Es war ein grosser kastenartiger temporaerer Bau, der schnell zu einem beliebten Treffpunkt und einer Touristenattraktion wurde. Meine Arbeit >Indoor-Box< [Labyrinth], 2002, war gleichzeitig Skulptur, Display und Informationsraum. Speziell fuer den Ausstellungsort Opera Paese Kunstverein in Rom entwickelt, nahm die Arbeit Bezug auf das italienische Design der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts [bzw. Design Triennale Milan], des roemischen Bezirks EUR [entworfen fuer die Weltausstellung 1942, die zwar nicht stattfand, jedoch nach dem 2. Weltkrieg als moderner Wirtschaftsbezirk >zu Ende< gebaut wurde]. Die fragile und stabile Form war flexibel und bestand aus mehreren Tafeln unterschiedlicher Breite, die wie ein Paravent aufgestellt ein Mini-Labyrinth bilden. Drucke auf transparenter Folie ueberlagern Papierposter im Innern der Box. Die Arbeit verknuepfte unterschiedliche Formen der Repraesentation, Dokumentation und Projektion: Pariser und roemische Models bei der Arbeit, italienische und arabische Messestaende, sowie Polizisten und ein G8-Gipfel-Gegner in Genua, der auf einmal als Model zu posieren scheint im Blick der Reuters-Kamera. Meine juengste Serie von Arbeiten [>Nation Building/Institut du Monde Arabe<, >ready-to-wear/colonial III<, 2003/04], verhandelt Querverbindungen zwischen [Post-] Kolonialismus, Mode, Kunst und Architektur und betrachtet in diesem Beziehungsgeflecht Strategien der Verkleidung und Dekoration und den Umgang mit dem weiblichen Koerper. In der Auseinandersetzung mit dem Institut du Monde Arabe Paris als ein von dem Stararchitekten Jean Nouvel gebautes Kulturzentrum >der arabischen Welt< und der Verarbeitung traditioneller Gewaender in der Haute Couture in einer essentialisierenden und zugleich hybridisierenden Umarmung fragt sich: Wie wirkt sich die Auseinandersetzung mit dem Islam auf die Wahrnehmung aus? Funktionieren die Dresscodes und Moden der juengsten Vergangenheit als eine Art Nation Building? In den Videos, Skulpturen und Wandtafeln wird ein Link thematisiert zwischen Aesthetik und Gesellschaft, auf der Suche danach, wie sich internationale Spannungen architektonisch und bildnerisch repraesentieren lassen. >Black Coat Sculpture<, 2003/04, verbindet Indizien hellenistischer Figuren, z.B. Faltenlegung auf Steinskulpturen, in einer weitgehend abstrakten Form, die als Alien [Fremde / Ausserirdische] den Umgang mit [post]kolonialen und aktuellen Orientalismen in Pret-a-Porter / Haute-Couture dokumentiert: Bei einer Modenschau im Institut du Monde Arabe hatte sich ein Model mit einer Burkha verhuellt. Solche Ueberlagerungen bilden den Ausgangspunkt meiner Recherchen. Es geht um Verkleidungen, darum, wie weit eine Rolle traegt, wenn man sie traegt. Geschnitzt aus einem massiven Styropor-Block, wird meine Arbeit erst durch das Feststecken von Stretchstoff vor Ort fertiggestellt - als temporaere Skulptur im Raum. Die Kuenstlerin geht mit dem Material um, legt Hand an, greift ein in den Prozess der Gestaltung und entwickelt dabei eine Arbeitspraxis irgendwo zwischen Schneiderin, Schaufensterdekorateurin oder Polsterer. Die Skulptur wird gleichzeitig verhuellt und drapiert - der darunterliegende Kern wird hervorgehoben durch extreme Spannungen im floral gemusterten Praegestretch-Stoff. Je nach Ausstellungsraum veraendert sich der Prozess des Aufbaus, Installierens und die Arbeit selbst. Die bisher dafuer entstandenen Skulpturen sind Entwuerfe fuer eine Reihe grossformatiger Plastiken [z.B. Minaret / Konfektion, 2004], die ueber den Kunstraum / die Galerie als Praesentationsort nach Aussen in den oeffentlichen Raum >getragen< werden sollen. Hierbei werden unterschiedliche, scheinbar gegensaetzliche Formen verbunden und verknuepft: Die Faltenlegung aus Stein weicht dem Alltagsmaterial; Planen, die auf unterschiedliche Weise sonst im gesamten Stadtraum Bauten und Umbauten temporaer verhuellen, sowie bewegliche LKWs umspannen... In einer weitgehend abstrakten Form, die als Fremdkoerper und Dekoration zugleich den Umgang mit [post]kolonialen und aktuellen Orientalismen in Pret-a-Porter / Haute-Couture dokumentiert - und ein Ort, d.h. Schutz und Zelt zugleich sein koennte.

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