Aufs Gemeinsame besinnen: Im EU-Parlament startet eine neue Arbeitsgruppe zu Commons

Commons, Gemeingüter oder Allmende – diese Begriffe haben sich zu Schlagworten eines erhofften Umbruchs entwickelt, in dessen Mittelpunkt die Revitalisierung von Demokratie und Gemeinschaft stehen. Jetzt bekommt der Diskurs über freien Zugang zu materiellen und immateriellen Ressourcen ein neues politisches Gewicht: Im EU-Parlament bildet sich eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema. Die Aktivistin und Autorin Sophie Bloemen kommentiert.

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Commons, Gemeingüter, Allmende: immer öfter kommen uns diese Begriffe in einer Vielzahl von Zusammenhängen zu Ohren. In Europa werden sie oftmals im Gespräch über Initiativen verwendet. Etwa, wenn es um die Betreuung von Senioren in der Nachbarschaft geht, um Solidarität unter Griechen, die für ihre von der Krise betroffenen Nachbarn kochen oder um gemeinschaftliche Produktionen und Vorhaben wie Wikipedia, die durch neue Technologien möglich gemacht wurden.

Am meisten hört man diese Begriffe jedoch, wenn es um das Internet geht. Hier scheinen die Nutzer die Begriffe Commons, Gemeingüter oder Allmende intuitiv auf die digitale Umgebung zu übertragen – derweil erreichen Lizenzen kultureller Gemeingüter auf Kulturarbeiten die Milliardenmarke.

Doch auch in Diskussionen über über den Klimawandel, über Wasser als gemeinschaftliches Eigentum oder über soziale Gerechtigkeit beginnen die Leute am Konzept von ‘gemeinsamen bzw. öffentlichen Gütern’ Gefallen zu finden – all das parallel zum Diskurs über Menschenrechte. Sicherlich haben wir damit im politischen Vokabular sozialer Gerechtigkeit die wichtigste Waffe zur Hand, immerhin sind Menschenrechte in internationalen Konventionen verankert. Erweitert wird unser emanzipatorisches Spektrum nun dadurch, dass die Konzepte von Gemeinwohl und Gemeingut auch politisch Fuß fassen. Beispielsweise hat die Rede von Commons, Gemeingütern und Allmende auch Brüssel erreicht.

In der großen Politik angekommen

Es ist eine Nachricht, die aufhorchen lässt: Das neue Europäische Parlament kann sich eine Commons-Arbeitsgruppe unter seinen 28 Arbeitsgruppen vorstellen. Im Dezember vergangenen Jahres entschieden die Hauptfraktionen des Parlaments über die Arbeitsgruppen. Um eine Arbeitsgruppe zu bilden, müssen sich mindestens drei politische Initiativen zusammentun, was eine nicht zu unterschätzende Herausforderung ist, da jede politische Initiative nur einer limitierten Anzahl beitreten kann.

Auch wenn Arbeitsgruppen keine gesetzgebende Macht besitzen, kann es im Hinblick auf politische Anliegen von Vorteil sein auf diese Art im Europäischen Parlament vertreten zu sein. Es ist schließlich ein Mehrparteienforum, wo man Meinungen austauschen und Ideen für bestimmte Themen auf informelle Art und Weise vorschlagen kann. Wer sich für eine Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe entscheidet, etwa Mitglieder des Parlaments, VerterterInnen der Zivilgesellschaft oder Lobbyisten, kann seinen Einsatz für ein bestimmtes Thema auf einen neuen Boden stellen: Man kann Kräfte bündeln und sich darauf konzentrieren, Hürden in Angriff zu nehmen, die man allein kaum überwinden könnte.

Nun soll es also eine Commons-Arbeitsgruppe geben. In dieser speziellen Gruppe wird eine Diskussion über maßgebende Richtlinien ermöglicht und nicht zuletzt eine Grundlage dafür geschaffen, Commons als einen wichtigen und hilfreichen Ansatz darstellen, die wichtigen Themen der Gegenwart zu rahmen.

Da es nur eine begrenzte Anzahl an intergroups geben kann, ist die Commons-Arbeitsgruppe das Resultat eines politischen Kompromisses. So bemühten sich die Mitglieder des Europäischen Parlaments darum, ein breites Spektrum von Akteuren unter einen Hut zu bringen: nämlich die Interessen der Grünen, der linken Gruppe GUE, der großen Sozialen Demokratischen Partei und der EFDD-Gruppe, die nun Beppe Grillo mit seiner Cinque Stelle-Partei beinhaltet. Als eine integrative Kraft diente in diesem Prozess jene politische Initiative, die sich für Wasser als öffentliches Gemeingut einsetzt.

Wird die Commons-Bewegung eine politische Kraft?

Die Commons-Arbeitsgruppe musste im Endeffekt der bereits existierenden Arbeitsgruppe des öffentlichen Dienstes beitreten und im Verlauf politischer Umbesetzungen den Namen in common goods “Gemeinschaftgüter” ändern. So lautet der vollständige Name der Commons-Arbeitsgruppe im englischen intergroup on ‘common goods’ – und sie ist Teil der European Parliamentary intergroup on Common Goods and Public Services. Die Präsidentin der Commons-Untergruppe ist Marisa Matias von GUE.

Diese Arbeitsgruppe kann man als Bestätigung verstehen. Dafür nämlich, dass die Bestrebungen und Diskussionen rund um Commons, Gemeingüter und Allmende nun zu einer politischen Kraft werden. Die Bewegung von unten bekommt durch die Arbeitsgruppe eine gewisse Art politischer Legitimität.

Trotzdem drängt sich die Frage auf: Auf welche Art und auf welche Weise kann eine Arbeitsgruppe, die sich auf ein derart breites Spektrum von Commons-Anliegen beackert und dabei entsprechend diverse Interessen in sich vereinigen muss – wie kann eine solche Arbeitsgruppe nützlich sein kann? Zumal es im Alltagsgeschäft des Europäischen Parlaments im Endeffekt um ganz pragmatische Dinge wie konkrete Politik, Gesetzesänderungen und Abstimmungen geht.

Fundamentaler Wandel in Sicht

Wir müssen noch einmal einen Schritt zurückgehen und fragen: Was sind Gemeingüter? Was sind gemeinsame Güter? Wie sind diese materiellen und immateriellen Dinge miteinander verknüpft? Gemeingüter können als gemeinsame Ressourcen definiert werden, die von einer bestimmten Gemeinschaft verwaltet werden – das wäre die operative Ebene. Gemeingüter können gleichzeitig als das verstanden werden, was allen Menschen in der Gesellschaft zugutekommt, unabhängig von Einkommen, Bildungsstand, etc., aber auch unabhängig vom jeweiligen politischen System – das wäre sozusagen die moralische Ebene.

Politisch gesehen wird es daher darum gehen, bestimmte Dinge als Commons oder gemeinsame Güter zu reklamieren. Beispielsweise im Bereich der natürlichen Ressourcen, im Gesundheitswesen oder im Wissensbetrieb. Die Kernfelder unserer Ko-Existenz aus einer Perspektive der Gemeingüter anzugehen ist von großer Bedeutung. Schließlich kann so ein Wandel in Richtung nachhaltiger und gleichberechtigter Verteilung von Ressourcen eingeleitet werden.

Ein weiterer Aspekt, der diesen Ansatz so ansprechend macht: Der Commons-Bewegung liegt ein vielschichtiges Denken von Gemeinschaft und Ökosystem zu Grunde. Diese Philosophie rückt dezidiert ab von einer Weltanschauung, in welcher der Markt im Mittelpunkt steht, in welcher sich alles um Individualrechte und Privateigentum dreht. Und es muss wohl nicht weiter ausgeführt werden, dass diese Weltanschauung von vielen als Ursprung der derzeitigen Wirtschafts- und Umweltkrise erachtet wird.

Der Gedanke der Commons ventiliert eine klare Ablehnung der Idee, dass die Gesellschaft aus atomisierten Konsumenten besteht und dass Politik sich mit der Konstruktion eines institutionellen Gefüges zum begrenzten Streben von individuellen Eigeninteressen in den privaten Bereich der liberalisierten Märkte beschäftigt. Stattdessen weisen die Commons-Vorstellungen auf die Möglichkeit hin, dass die Menschen ihr Leben als Bürger leben können – tief eingelassen in sozialen Beziehungen. Außerdem, dass Wohlbefinden und eine gut funktionierende Gesellschaft realisiert werden können durch gemeinschaftliches Handeln und die aktive Beteiligung der Bürger.

Noch ohne Regelwerk

Folglich sind die Commons für die Politik und für ihr Regelwerk nicht fest etabliert und bleiben dynamisch. Das macht das Ganze ziemlich aufregend. Denn wie es etwa eine Satzung der Menschenrechte gibt, könnte es in Zukunft eine moderne Satzung der Commons geben. Ein Beispiel, wie das in der Praxis aussehen könnte, wäre die Berücksichtigung des EU-Regelwerks bezüglich der Wissensverwaltung.

Im Augenblick ist dieses Regelwerk sehr weit vom Denkansatz der Commons entfernt: Die EU legt den Schwerpunkt auf das, was manche eine „Einfriedung des Wissens“ nennen würden. Das geschieht durch die Erweiterung des Schutzes von intellektuellem Eigentum, sowohl inner- als auch außerhalb Europas durch dessen Handelspolitik. Neben dem Antrieb für Innovationen und der Hilfe für die europäische Industrie, resultiert das zum Beispiel im langlebigen Patent von Monopolen im Bereich der Medizin und in langen Schutzfristen des Urheberrechts. In manchen Fällen behindert das die Möglichkeiten, Wissen und Innovation zu teilen, sowie gemeinschaftlich zu produzieren.

Man kann in letzter Zeit allerdings auch ein Zurückrudern erkennen: Es gibt Bemühungen der EU-Kommission, die den Bedarf, Wissen zu teilen und gewisse Möglichkeiten im digitalen Zeitalter zu ergreifen, erkennen. Reflektiert wird diese Ansicht durch das Engagement für freien Zugang und freie Verfügbarkeit von Daten in einigen ihrer Richtlinien und der Erforschung öffentlicher Wissenschaft.

Machen wir uns nichts vor, diese Entwicklung ist sehr zaghaft. Die EU verhält sich über weite Strecken gewohnt konservativ, wenn es um die privatwirtschaftlichen Interessen der Verleger oder der Pharmaindustrie geht, die übrigens mit Armeen von Lobbyisten über einen erheblichen Einfluss verfügen. Kann die Commons-Arbeitsgruppe ein Gegengewicht bilden?

Wachsender Resonanzboden in der breiten Bevölkerung

Diese Arbeitsgruppe stellt zunächst eine Möglichkeit dar, an wissenspolitischen Fragen fortan aus einer gemeinschaftlich orientierten Perspektive zu arbeiten – quasi in Tandem. Darüber hinaus eröffnet sie die Option, sich mit politischen Akteuren zu vernetzen, die sich einen Zugang auf Wissen und digitale Rechte erkämpfen. Vielleicht werden die politischen Auswirkungen nicht immer bahnbrechend und oft ziemlich ähnlich zu bereits existierenden Anträgen sein, wie zum Beispiel Ausnahmen zum Urheberrecht, das Teilen grüner Technologien, Netzneutralität oder Bedingungen bezüglich von der EU gesponserter Forschung. Trotzdem stellt diese Vorgehensweise eine zusätzliche politische Grundlage und Begründung dieser Richtlinien dar.

Wie sieht das die Öffentlichkeit? Obwohl es dafür in der breiten Bevölkerung einen wachsenden Resonanzboden gibt, sind wir von einem Commons-Konsens in der gesamten Gesellschaft noch weit entfernt. Vor diesem Hintergrund müssen die Förderer der Commons in der Politik strategisch klug agieren, Allianzen bilden und Kompromisse eingehen. Man kann die Welt nicht auf einen Schlag verändern. Also muss die Sache mit Bedacht angegangen werden. Das Mindset der Slow Politics könnte behilflich sein, um die vielen Kernpunkte, die mit der Commons-Thematik in Verbindung stehen, miteinander zu verzahnen. Und genau dafür kann die neue Arbeitsgruppe ein nützliches Forum bieten. Für die Commons-Bewegung stellt sie, sobald sie in den kommenden Wochen einsatzfähig wird, definitiv einen guten Ort dar, um neue politische Freunde zu finden.

Anm.d.Red.: Die Fotos 1 und 3 stammen von Peter Nijenhuis und stehen unter der Creative Commons Lizenz cc by-nc-nd 2.0. Die Fotos 2 und 4 stammen von Magdalena Roeseler und stehen unter der Creative Commons Lizenz cc by 2.0. Die englischsprachige Version des Beitrags ist als PDF-Download verfügbar.

14 Kommentare zu “Aufs Gemeinsame besinnen: Im EU-Parlament startet eine neue Arbeitsgruppe zu Commons

  1. Foto 2: Eine Ansicht der neuen Stadtbibliothek Stuttgart am Mailänder Platz. – Es wäre natürlich toll, wenn sich die Commons-Arbeitsgruppe auch für Bibliotheken einsetzen würde!

  2. Die Aussicht auf die Zugänglichkeit von Gemeingütern für die sich die Arbeitsgruppe einsetzen soll, ist sicherlich vielversprechend. Schließlich kann man nicht bestreiten, dass die Motive der Befürworter im Kern altruistisch sind und dem Gemeinwohl dienen. Gerade in Krisenzeiten wo Menschen finanziell von essentiellen Gütern ausgeschlossen werden, bieten die Commons für das Volk immense Vorteile.
    Nichtsdestotrotz bringt die Konzeption einige Mankos mit sich, ob diese nun schon zur Kenntnis genommen worden und als unumgänglich abgetan werden oder nicht. Beispielsweise liegt es nahe, dass privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen den Kapitalverlust nicht einfach ohne weiteres über sich ergehen lassen würden. Auf gewisse Art und Weise würde durch Homogenisierung der Gesellschaft eine Herabstufung der elitären Schichten vollzogen werden- und dies sicherlich nicht ohne Widerstand.
    Auch liegt diese „Bewegung von unten“, die durch die Commons realisiert werden soll, noch weitestgehend in den Windeln- von daher sollte man nicht naiv sein und sich zu früh freuen. Die fehlende Satzung sowie die Vielzahl an verschiedenen Perspektiven der politischen Akteure, die allesamt unter einen Hut gebracht werden sollen, bringen eine schwammige Ausgangssituation mit sich. Dies birgt natürlich die Gefahr, dass aus der Arbeitsgruppe primär eine „Laberrunde“ werden könnte, bei der es an produktiver Umsetzung mangelt. Nicht zuletzt ist bei Allmende Gütern zu beachten, dass kein Gemeindemitglied vom Konsumgut ausgeschlossen werden darf- eine Rivalität, die schließlich zum Ressourcenmangel führen kann.

  3. Ehrlich gesagt, mich wundert ein wenig, dass es jetzt diese Arbeitsgruppe gibt. Die Idee der Commons ist doch so alt wie die Menschheit. Öffentliche Güter und so. Also gab es nicht auch schon vorher im Parlament und in der offiziellen Politik im Allgemeinen, ein Ort für dieses Anliegen? Und was macht jetzt den entscheidenen neuen Unterschied aus, den diese Arbeitsgruppe in Bezug auf das Thema anpeilt?

  4. Mea, Rainald, thanks for your comments.
    In the article the point I tried to make is that the Commons discourse is gaining ground and that the forming of an intergroup on commons confirms this. As I suggest in the article, I do not believe this group will instantly change the world, but the fact that the commons perspective is settling itself in the European Institutional establishment is not unimportant.

    Intergroups always bring together many different perspectives. Surely one should not expect more then baby steps, while always looking for the possibility of a leap. Also, the EU is not the only forum where the commons approach is starting to make contributions towards social justice and sustainability. And yes, of course, established players who are to lose from changes will protect their interest, that’s the whole game.

    Regarding common goods implying access for all members of the community, and this leading to a lack of resources: Yes, we do have to address scarcity. Should we not start with the normative and see how we can organise access rights and production to achieve our conception of what is desirable? If a society considers certain goods, such as medicines, so important, that they should be treated as a common good, with equitable access for everyone; this has implications for how a society grants access to these medicines and how we produce and finance them.
    In the same vein: should the majority of the world’s people be excluded from attaining the quality living standards of the ‘advanced world’ because of scarce resources? I would argue that we should aim for people to attain these standards of living in sustainable ways, for example, invest in green technologies so that both for the ‘advanced’ and developing world there is less dependence on scarce resources and less contribution to climate change.

  5. Thank you for your comprehensive response, Sophie!
    I absolutely agree with your stance on the issue of scarcity. I didn’t mean to imply that the obstacles created by scarce resources would in any way justify the perpetual disregard of basic human needs in the name of profit (which we deal with all too often in this day and age). As you have mentioned, products from the medical industry should be accepted and embraced as common goods. It has been estimated that expenditures of German health insurance companies increased by 1.85 billion from 2013 to 2014, causing a considerable rise in the price of customary pharmaceuticals. One could start a philosophical debate about what counts as basic human needs, but I am adamant about the fact that there are certain things that so blatantly belong under this category that it should not even be a matter of debate. To me these include medicines, clean drinking water, feminine hygiene products and access to restrooms in public areas.

  6. Grundsätzlich ist es außerordentlich positiv, dass sich Denkansätze dieser Art bereits in politischen Institutionen, wie dem EU-Parlament, manifestieren. Natürlich kann das erst nur ein Anfang sein. Aber er zeigt ein Bedürfnis, und zwar wie Wege aus der “Kapitalismus-Krise” bzw. festgefahrenen Ideologien sich entwickeln können. Utopien, die sich damit langsam im Konkreten verankern. Es wird aber noch viel Kreativität erforderlich sein. Ein Ansatz und Wille ist also schon vorhanden, die Basis für eine Wende im Denken. In einer Zeit, wo das Kapital immer rigoroser und dreister Gemeineigentum den Menschen entwendet ist das eine normale Reaktion. Weil es keine Alternativen gibt! Aber – solange die notwendigen Freiräume dafür noch gelassen werden. Doch aus den Widerständen werden sich Energien entwickeln, und die Möglichkeiten von Kunst und Künstlern dürften dabei auch eine wichtige Rolle spielen. Folgen wir weiter der “Graswurzel”. Die Thematisierung von “Commons” der Berliner Gazette ist zu begrüßen. Ein breiter Diskurs wäre wünschenswert.

  7. Wie Sophie schreibt sind wir noch weit von einem gesellschaftlichen Konsens über das Thema Commons entfenrt. Daher erscheint es mir sehr wichtig, das Thema neben der EU-Arbeitsgruppe, auch in der Gesellschaft weiter zu entwickeln. In Berlin gab es dazu in den letzten Jahren immer wieder Bürgerbegehren wie etwa die Stromversorgung zu kommunalisieren.

    Ich denke es ist jedoch wichtig neben Gemeingütern wie Strom, welche in der Geschichte schon mehrmals zwischen Privatbesitz und Gemeinschaftsbesitz wanderten, auch die Kommunalisierung neuer Bereiche, wie etwa Medizin, Technik (z.B. 3D-Printing) oder Radio zu diskutieren und deren Implikationen auf die Gesellschaft zu ergründen. Als Beispiel kann ich mir vostellen, das ungeschulter Umgang mit Medizin verherrende Folgen haben kann, aber dass eine breite Verfügbarkeit von 3D-Druckern und 3D-Designs (dies ermöglicht es mir eine Menge Gegenstände herzustellen, welche ich am Alltag benötige) einen völlig neuen Umgang mit Knosum bedeuten könnte.

    Auch finde ich es wichtig zu hinterfragen ab wann ein Gut ein Gemeingut ist. Ist die Deutsche Bahn (welche mehrheitlich von Staat getragen wird) deshalb ein Gemeingut? Ist unser staatliches Bildungssystem, bei dem die Bürger_innen kein Mitspracherecht haben, ein Gemeingut? Ist eine Stromversorgung im Besitz der Kommune Gemeinbesitz? Hier gilt es verschiedene alte und neue Modelle von Commons zu hinterfragen und neue soziale Entwicklungen, welche mehr Mitspracherecht beinhalten, dabei zu überdenken.

  8. @#5 Sophie: Ich muss meinen Kommentar vielleicht etwas umformulieren: Mir geht es um die Frage, ob die “Commons”-Debatte ein neues Thema auf den Tisch legt, oder ein altes Thema in einem neuen Gewand? Weiter in diese Richtung gefragt: Hat die Commons-Intergroup die Funktion, ein neues Thema zu setzen? Oder ein altes Thema, das in anderen Arbeitsgruppen vergessen worden ist oder zu kurz kommt, zu revitalisieren? Kurz: es geht mir also um die strategische Perspektive der Commons-Forderung.

    Sobald das Thema als politisches Anliegen etabliert ist — was passiert dann? (wann auch immer das sein wird) Wird die Forderung ad acta gelegt, weil die alten politischen Sparten sich auf dieses Anliegen wieder stärker besinnen? Oder installieren wir dann eine neue Sparte und verleihen der Commons-Forderung auf diese einen besonderen Platz in der Gesellschaft?

    Anders gefragt: Erfrischt die Commons-Forderung Ideen aus “alten” praktischen/theoretischen Ansätzen wie Demokratie, Kommunismus, Protektionismus, Sozialismus?

    Oder bringt die Commons-Forderung für sich genommen einen wirklich neuen Beitrag in unser gesellschaftspolitisches Denken und Handeln?

  9. Im Manifest [http://europeanwater.org/images/pdf/CommonsEuropeManifesto.pdf] zur Gründung der EP-Arbeitsgruppe “Common goods and public services” wird die Rekommunalisierung der Wasserversorgung in verschiedenen Städten als konkretes Ziel genannt. Auch eine “Europäische Charta der Commons” ist geplant. Der gesellschaftliche Beitrag ist die Eröffnung eines Dialogprozesses über den Schutz und die gerechte Verteilung von Gemeingütern. Spannend wird natürlich der Prozess der Umsetzung, das Commoning. Im Deutschen Sprachraum wird manchmal der Begriff Gemeinschaffen genannt. Das Besondere der Commons ist mMn das Potential für Fairness, Nachhaltigkeit im ökologischen Sinne, Selbstbestimmung, Konsensbildung und einer Entkoppelung zur Geldlogik.

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