ELENA ist unter uns

Januar 2010. Die erste Gehaltsbescheinigung des Jahres kommt ins Haus. Ruht im Briefkasten und wartet mit ihrem Geheimnis darauf, geöffnet zu werden. Ein Briefumschlag wie immer, und doch hat sich so viel verändert. Eigentlich könnte er durchsichtig sein, sofern ich, die Empfängerin, von nun an eben das sein soll: transparent, ohne Geheimnisse.

Vielleicht gehörst ja auch Du, werte Leserin, werter Leser, zu den Leuten, die eine kleine Notiz zugesandt bekommen haben. Eine Notiz, die besagt, dass von nun an alles anders ist. Dass von nun an Bürokratie abgebaut wird. Dass nun jährlich 85 Millionen Euro eingespart werden. Denn ELENA ist bereits unter uns. Seit dem 01. Januar 2010 regelt das Gesetz über den Elektronischen Entgeldnachweis (ELENA) den Nachweis von Beschäftigungszeiten und Arbeitsentgelten für die Beantragung von Sozialleistungen.

Ab jetzt werden vom Arbeitgeber alle Daten der Arbeitnehmer an eine Zentrale Speicherstelle bei der Deutschen Rentenversicherung in Würzburg übermittelt. Der Vorteil? Keine langen Wartezeiten mehr für die Beantragung von Bescheinigungen und Nachweisen des Arbeitgebers. Ob Wohngeldantrag, Einkommensnachweise, Arbeits- oder Verdienstbescheinigung – kein Problem. ELENA regelt das für Dich.

Und auch wenn alles so viel einfacher ist durch ELENA in Deinem Leben, hast Du ein flaues Gefühl im Magen. Beunruhigt Dich eventuell, dass auch die Art der einzelnen Fehlzeiten erfasst wird? Ob Du rechtmäßig oder unrechtmäßig gestreikt hast? Warum Du gekündigt wurdest – ja sogar wie Dir die Kündigung zugestellt wurde? Und wie sicher ist dieses System überhaupt, wenn die Daten erst verschlüsselt werden, wenn sie in der zentralen Speicherstelle angelangt sind? Wer wird irgendwann einen Zugriff darauf verlangen? ELENA ist geheimnisvoll – während Du es nun nicht mehr bist.

(Anm.d.Red.: Zwei Petitionen, die sich mit dem “ELENA”-Verfahren beschäftigen, sind kürzlich im Online-Petitionssystem des Deutschen Bundestags veröffentlicht worden.)

10 Kommentare zu “ELENA ist unter uns

  1. Elena ist nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine sozial-psychologische Problematik, wenn ich Dich richtig verstehe. Das ist ein interessanter Ansatz!

  2. Wieviele Geheimnisse braucht ein Mensch? könnte man sich fragen, zumindest wenn es hier tatsächlich auch um eine psycho-soziale, beziehungsweise philosophische Problematik geht.

  3. Übrigens: Wer nicht von seinem Arbeitgeber schriftlich über ELENA informiert wurde, kann hier nochmal nachhaken, denn dazu ist der Arbeitgeber verpflichtet.

  4. Datenkrake ist ein schöner Begriff. Wir als Nemo und versuchen Elena die Datenkrake zu besiegen. Daten klauen, Daten helen, Staat verklagen, doppelt kassieren, wahnsinnig sein.

  5. @July: alle 2 Wochen kommt die Regierung mit so was in der Art wie ELENA, in welchem Bereich auch immer, Gesundheit, Soziales, etc. Sollte man sich da nicht eine umfassendere Strategie überlegen?

  6. @leon: Sicher. Unter dem Deckmantel der Sicherheit und Vereinfachung werden wir immer mehr zur Gläserndenperson. Wieviel Freiheit haben wir noch im allgemeinen Regelwerk? Hier steht Freiheit gegenüber potenzielem Übeltäter. Übeltäter wird man nie ganz auslöschen, aber unsere Freiheit können wir erhalten. Der Kampf gegen die Datenkrake ist auch ein Stück Freiheit.

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