Ein thyrrhenischer Traum – Teil drei

Fortsetzung vom 25.08.09: Die Wellen waren recht hoch, die Felsen unter mir scharfkantig und spitz, also kontrollierte ich dann und wann mit offenen Augen tauchend den Grund. Der Brauetigam war ein grosser schlanker Kerl Mitte zwanzig, Typ Oberkellner und Hallodri, sie eher klein und etwas angedrungen. Nun, der Papst hatte das alles sicher so gewollt. Der Fotograf inszenierte eine Fototapetenszenerie vor sinkender, glutroter Sonne, denn Italiener kennen diesbezueglich keine Hemmungen. Die Braut stuerzte sich gluecklich und bereitwillig an den Rand der Brandung, um die perfekte Kitschfotoposition einnehmen zu koennen. Der Brauetigam war sehr um seinen Anzug und die Schuhe besorgt.

Sie waehnte sich ihrer ersten und auch letzten Hochzeit wohl sehr sicher und nahm eine durchnaesste Schleppe und Kleid bereitwillig in Kauf. Er war nicht ganz so ueberzeugt davon Anzug und Schuhe nicht noch einmal zu benoetigen und zoegerte sehr. Das Ufer tanzte vor meinen Augen, die Brautleute kuessten sich, die Wellen wurden staerker, ich musste staendig meine Position in der Brandung erkaempfen, die Sonnenglut verlosch am Horizont, das Meer leuchtete, der Fotograf blitzte, ich tauchte unter und sah am Meeresgrund unter mir fuenf kleine Kinder in gelben Regenmaenteln mit Kapuze.

Sie standen fest auf dem Boden, hielten sprudelnde Fackeln in ihrer Rechten, starrten mich an und winkten mir mit der Linken. Meine rechte Wade krampfte augenblicklich, wie es nach mehrstuendigen schwimmen gerne mal geschieht und ich tauchte nach Luft schnappend rasch wieder auf. Das Ufer war stockfinster, kein Brautpaar mehr zu sehen. Nur der fahle Schein des Laptops neben mir auf dem Bett und der Wadenkrampf blieben. Und ein aufgeklapptes Buch drueckte etwas unter meinem Bauch. Der Landwein war wohl doch recht gut.

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