Ein Imperativ weniger

Mitte dieses Jahres bin ich aus allen Internetforen, an denen ich mich beteiligt hatte, ausgetreten. Der Wunsch in mir wurde immer groesser, mein Leben nach Jahren der Beschleunigung mal wieder zu entschleunigen. Also habe ich beschlossen, mein Engagement im Netz konsequenter zu minimieren.

Zehn Mal am Tag Emails gucken, fuenfmal alle Foren durchklicken etc. – das wollte ich dann doch lieber Mal meiden lernen. Ploetzlich berauschte ich mich an dem Gedanken, einen winzig kleinen Imperativ [schreib hier!] los zu sein. Und ich bin bis heute sehr gluecklich mit dieser Entscheidung. Briefe und Postkarten – das ist die Zukunft der Kuenstlerkommunikation!

Mein Problem mit literarisch ambitionierten Internetforen, das hat sich erst in den letzten Jahren herausgestellt, war dieses: Habe ich einen unveroeffentlichten guten Text, stelle ich ihn nicht gern ins Netz – weil er dann [fuer mich] veroeffentlicht und auch ein bisschen verbrannt, entweiht, schlichtweg im Orkus der langen Leiste wegscrawlbar geworden ist. Ich will meine Texte aber nicht wegscrawlbar halten, im Gegenteil, sie sollen bitte am liebsten schwarz auf weiss auf Papier stehen und dort so lange wie moeglich bleiben. Back to real life war also mein Motto, oder besser: wieder mehr Engagement im real life.

Ein weiteres Problem mit literarischen Internetforen war fuer mich dieses: schon veroeffentlichte Texte dort naemlich reinzustellen fand ich irgendwie lahm und oede; naja und hatte ich einen nicht so guten Text, dann konnte ich ihn ja auch nicht reinstellen, eben weil es ein nicht so guter Text war. Blieben also nur versprengte kleine Partikelchen. Und das war fuer mich nach acht Jahren literarischer Internetforenarbeit auch wieder nicht befriedigend. Kurzum: Ein Dilemma, bei dem ich die Notbremse ziehen musste. Das heisst allerdings nicht, dass ich das Internet bloed finde, im Gegenteil. Ich erlaube mir im grossen Stil die unaufwendige Recherche in diesem Medium.

Das halte ich fuer seine strotzende Staerke: Dieses zielgerichtete Ausschleudern von Informationen. Manchmal schuettele ich dabei natuerlich auch mal eine hohle Nuss vom Baum, aber was sagt es schon: dass ich ein schneller und fluechtiger Mensch bin? Zum Teufel, ich bin einer! Mein Austritt aus literarischen Foren wurde mir allerdings durch die Tatsache erleichtert, dass ich seit Anfang dieses Jahres eine eigene Homepage eingerichtet hatte, die fuer meine Arbeit und Person wirbt und den fuer mein Leben als freier Autor noetigen Datenaustausch mit Institutionen erleichtert.

Hier steht die Sachlage anders: Die Seite ist fuer mich ein Instrument, um geschmeidiger durch den Alltag zu kommen: sehr gut! Da wurde mir klar: Ich muss nun nicht mehr angestresst anderswo Trittbrettfahren, sondern kann alles so inszeniert und geregelt halten, wie ich es will. Und das also bin und bleibe ich: ein Buchautor, der im Netz praesent ist.

[Anm. d. Red: Der Verfasser des Textes hat bereits mehrere Gedichtbaende, zuletzt >neunmalneun blutsbrüder betreun< [mit Zeichnungen von Jonathan Meese] und den Roman >Der Sperrmuellkoenig< veroeffentlicht.]

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