Ein Bad im Meer

Sanft kitzeln die Wellen meine Fuesse. Langsam steigt das Wasser ueber meine Knie und Oberschenkel, erreicht den Bauch und laesst mich froesteln. Ist das kalt! Ich tauche meine Arme ins Meer, bespritze mein Gesicht und lecke die salzigen Tropfen von den Lippen. Ein tiefer Atemzug, ein Warten auf den naechsten Wellenkamm und dann das Eintauchen in die perlende Gischt. Entspannt lasse ich mich auf dem Wasser treiben. Kein Geraeusch ist zu hoeren. Ich bin allein mit den tuerkisblauen Wellen und ein paar Moewen, die langsam ueber mir kreisen.

Manchmal wird eine neugierig, steigt aus grosser Hoehe zu mir herab und fliegt dicht ueber mich hinweg, so nah, dass ich das Funkeln in ihren Augen sehen und sie fast mit den Haenden greifen kann. Noch habe ich keine Lust zu schwimmen. Lieber geniesse ich die friedliche Stimmung und lasse mich von den Wellen wiegen. Keine Gedanken streifen durch meinen Kopf. Ich fuehle, wie mich das Wasser sicher traegt und bin erfuellt von einem Urvertrauen in das Sein, dass jede Zelle meines Koerpers jubilieren laesst.

Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass Bewegung in das friedliche Bild gekommen ist. Fischer versuchen mit Hilfe zweier Boote einen Fischschwarm in ein Netz zu treiben. Am Strand hat sich die ganze Familie versammelt, Soehne und Schwiegersoehne laufen mit aufgekrempelten Hosenbeinen ins Wasser und helfen mit, das Netz an Land zu ziehen. Toechter und Schwiegertoechter schleppen grosse Kanister herbei und gemeinsam schuetten, zerren und werfen sie die silbern blitzenden und wild zappelnden Fische hinein.

Aufgeregte Schreie wehen ueber das Wasser, Lachen zerschneidet die Luft. Das juengste Kind sitzt auf den sonnenwarmen Steinen und breitet mit winzigen Haendchen den duftigen Rock seines Kleidchens um sich aus und weiss nichts davon, dass schon in ein paar Jahren auch sein Leben von Rhythmus des Meeres bestimmt sein wird. Von Ebbe und Flut, von Zeiten des Gluecks und der vollen Fischerboote und Zeiten des Hungers und der Angst, wenn die Maenner mit zu geringem Fang nach Hause kommen werden.

Inzwischen ist mir kalt geworden und ich fange an zu schwimmen. Gleichmaessig teilen meine Arme das mit Lichtpunkten gesprenkelte Wasser – wie weich es sich anfuehlt! Das ist nicht immer so. An stuermischen Tagen peitschen die Wellen rau gegen die Haut, ebenso wie gegen die Felsen der Kueste. Hoch ueber die Klippen fuehrt ein einsamer Pfad, von dem man einen grossartigen Blick auf die ganze Bucht hat.

Besonders schoen ist es dort, wenn der Wind ueber das Meer tobt und riesige Wellen vor sich herjagt, die sich beim Ansturm an die Felsen aufbaeumen und ihre Gischt mit einem wilden Brausen ueber den schwarzgrauen Stein verteilen. Vor Millionen Jahren spuckte ein Vulkan Asche und Lava in den Ozean und bildete diese Insel. Seit damals donnert das Wasser an ihre Kueste, formt sie taeglich neu. Unermuedlich. Bis ans Ende aller Zeiten.

Im Angesicht solcher Urgewalten scheint unser Kampf ums Dasein laecherlich zu sein. Was sind wir schon anderes als Gischttroepfchen im Ozean der Zeit. Das Leben rollt ueber uns hinweg, wie die Wellen ueber die Steine und wie sie werden wir rundgeschliffen, jeden Tag ein bisschen mehr, bis wir uns schliesslich aufloesen und aufhoeren zu existieren.

Es ist Zeit wieder an Land zu gehen. Nur zoegernd gibt mich das Meer frei, umspielt meine Beine, schickt seine Wellen, die an mir zerren und versuchen mich zurueck ins Wasser zu ziehen. Salzige Tropfen rinnen ueber meine Haut und werden von der gleissenden Sonne aufgesaugt. Meine blossen Fuesse hinterlassen tiefe Spuren im feuchten Sand. Es dauert nicht lange und sie sind nicht mehr zu sehen.

Ein Kommentar zu “Ein Bad im Meer

  1. Schön, aber mir schon wieder ein bisschen zu lyrisch. Wo bleiben die politischen Texte?!!!

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