Diego, der Duenenmaler

Velazquez hatte sicher einen der haesslichsten Asisstenten der Welt. Und er musste ihn gutaussehend malen, das war sicher nicht einfach. Oder angenehm. Ganz zu schweigen von der vielen Schlachtfeld-Propaganda, mit der er sich umgehen musste. Man koennte sich fragen, was passiert waere, wenn Velanquez in Nida, und nicht in Madrid, gelandet waere. Damals lag Nida an einem etwas anderen Ort. Die Menschen mussten auf Grund des bedrohlichen Sandes umziehen. Der gleiche, den wir gestern genossen haben. Im Jahre 1541 bestand Nida aus einem Gasthausbesitzer, 18 Fischerfamilien, drei Teilzeitfischern und einer Mietfamilie.

Das Gasthaus. Dadurch schaffte Velazquez es, sein Bodegon zu malen – sein fruehes Tavernen-Bild. Das ist gut. Das Aussehen der Bauern war vielleicht anders, aber sicherlich geht es vor allem darum, nicht-so-nuechterne, nicht-so-reiche, nicht-so-schlau aussehende aber gleichzeitig sehr menschliche Gesichter zu malen. Das Gebiet war damals halb-preussisch. Halb, weil es der Feind von Sigismundus Tertius Dei gratia rex Poliniae, magnus dux Lithuaniae, Russiae, Prussiae [bla bla bla] war. Ein langer Titel, eine starke Position, und, vor allem, ein noch viel huebscherer Mann. Zwei Dinge beunruhigen mich. Die Preussen waren protestantisch, wie konnte er Papst Innozenz X. malen? Zum Glueck gab es Hoffnung, denn Koenig Sigismund liebaeugelte mit der Konterreformation – und konnte Velanquez einfach zu Innozenz X. schicken. Warum interessiert mich das?

Nun, abgesehen vom zweifellosen Wert des Werkes selbst, was haette Francis Bacon ohne es getan? Und wie haette der polnische Dichter Rozewicz spaeter >Francis Bacon oder Diego Velazquez auf dem Zahnarztstuhl< schreiben koennen? Ein Gedicht, dass man schon wegen seines Titels lieben sollte. Nida ist bestimmt nicht der beste Ort, um Las Meninas zu malen. Und das ist wirklich Pech. Man erinnere sich, was Picasso damit zu tun hatte. Trotzdem darf man die Alternativen nicht vergessen. Wer weiss: Diego, der Duenenmaler? Diego und die Vor-Turnerischen Meeresgemaelde? Der Meister kitschiger Landschaften? Warum er?

Wenn wir reisen, treffen wir alle moeglichen Leute. Wir schauen sie an, tauschen Gedanken aus und bringen sie mit einem bestimmten Charakter in Verbindung. Die charmanten Go-Getter-Maedchen, die uns an Little My aus den Tove Jansson-Buechern erinnern [so sehr aehnelt Nida dem skanidavischen Mumin Dorf). Wir essen mit Frauen, die mit angebrachter Kleidung die Dame mit dem Wiesel verkoerpern. Wir treffen Maenner mit seltenen Namen und denken an Rudolf Valentino. Und manchmal ist alles eine Mischung aus Puck – dem Sommernachtsgauner und Velazquez. [Anm. d. Red.: Der Text ist waehrend des Transient Spaces Summercamps entstanden. Die Reihe wird in loser Folge in der Rubrik Reisen fortgesetzt.]

Ein Kommentar zu “Diego, der Duenenmaler

  1. sehr lustig…jedoch frage ich langsam rückblickend auf die geamten bislang erschienen palanga texte: was habt ihr dort alle getrunken oder sonstwie konsumiert? polnische suppe? der rhythmus der texte und das allgemeine assoziations-stakkato ist schon fast beängstigend und in meiner vollkommenen kaffee-nüchternheit nur schwer zu dechiffrieren. wären opiate das entkryptende mittel der wahl? oder eine schöne pfeife baltikum? habe die ehre…

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