Jeder profitiert davon, aber keiner redet gern darueber: Die Vetternwirtschaft treibt Unschuldige in den Ruin und laesst den Unchristlichen die Karriereleiter hochklettern, bis zu dem gewissen Punkt, an dem sich seine Unfaehigkeit nicht mehr vertuschen laesst – es sei denn er hat noch einen Schwippschwager als Chef…
Die Vetternwirtschaft liess so manches Weltreich erst erbluehen und im naechsten Atemzug zu Grunde gehen. Selbst die gelehrten Roemer konnten sich der damit einher gehenden Korruption und dem Filz nicht mehr entziehen. Sie liebten diese sehr persoenliche Wirtschaftshierarchie, und wir tun es auch. Die Grosscousine im Finanzamt, der Onkel als Lokalpolitiker und der Bruder in der Bank – alle helfen einem gerne: Eine Hand waescht die andere, eigentlich eine prima Sache.
Die Grundmauern unserer Demokratie sind auf dieser Wirtschaftsform aufgebaut. In der Nachkriegszeit, wo die Not gross war, erinnerte sich jeder gerne daran, dass es ja noch die Verwandtschaft auf dem Land gab; und als die Buerokratie wieder Stabilitaet gewonnen hatte, nutzte man gerne die familiaeren Verbindungen in die Stadt.
Wenn da nicht die schlechte Seite des Menschen waere: Zwietracht, Neid, Geldgier… Sie macht aus der nuetzlichen Familien-Wirtschaft eine raffgierige Herde, die nach Macht strebt. Sie begraebt jeden Einzelgaenger unter sich und breitet sich aus wie ein Myzel. Sie untergraebt die Moral und haelt sich an kein geschriebenes Gesetz. Sie hat so manche Diktatur verhindert und anderswo genaehrt. Sie half uns auch im Kommunismus zu ueberleben, wo sonst so manche Tuer verschlossen geblieben waere.
Ja, sie macht vieles leichter, und es muss ja nicht bei der Verwandtschaft bleiben: Jeder hilft gern guten Freunden, wenn wieder ein Job zu vergeben ist. Die Vetternwirtschaft hat die alte Wirtschaft ueberlebt und setzt sich wunderbar in der New Economy durch. Sie ist wahrscheinlich das einzige oekonomische Kleinnetz, das an jedem Ort der Welt zum Tragen kommt – erschreckend und beruhigend zugleich. Was mit Adam und Eva begann, wird erst mit dem letzten menschenaehnlichen Wesen aufhoeren, zu existieren. Schaut man ueber den Tellerrand, kann man sich von unseren islamischen Nachbarn einiges abgucken.
Im islamischen Raum setzt man statt auf Fondssparplaene auf eine grosse Familie, die einen im Rentenalter durchfuettert. Die junge Generation der Prinzen, die nun auf die Throne dieser Staaten steigt, wird nicht viel veraendern. Die Vetternwirtschaft und das Festhalten an [eigenen] Traditionen schuetzt ihre Laender vor dem so genannten Kulturimperialismus. Dieser Mechanismus wird noch lange Zeit bestehen und sie vielleicht eines Tages vor dem kulturellen Untergang bewahren. Meinen Sie nicht auch, dass sich die EU daran ein Beispiel nehmen koennte?