Ich werde von einem Paparazzo verfolgt. Wie er aussieht? Ich kann es nicht genau sagen. Er wechselt seine Erscheinung, sein Auftreten und seine Methoden, sich an mich anzunaehern. Manchmal erkenne ich ihn erst, nachdem er mich schon 15 Minuten belagert hat. Dann sehe ich ihn, wie er da kauert, kniet oder steht, im Schutze einer Urban Landscape-Atrappe: Ein gruenes Busch-Ensemble, ein Fragment Auto-Karosserie oder ein bespruehtes Stueck Berliner Mauer.
Meistens hat er drei Kameras gleichzeitig auf mich gerichtet. Sie sind mit automatischen Timern ausgestattet, die jede Bewegung von mir registrieren. Bei unserem letzten Aufeinandertreffen wurde ich zum ersten Mal durch meine Ohren auf ihn aufmerksam.
Es machte klick, klick, klack, klack, klack und gleichzeitig klock, klaeck, klick, klock, klock. Ich glaube, es gab noch eine dritte Ebene, aber die koennte ich jetzt nicht so genau wiedergeben. Als er mir letztes Wochenende face-to-face in einem Berliner Edel-Club gegenueberstand, musste ich schon rechnen: Wann war er mir das erste Mal begegnet? Seit wann genau war er mein Schatten? Er brachte selbst das Gespraech auf diese Frage, schmatzend [es gab kostenlose Haeppchen], gab er mir seinen Informationsstand zu verstehen. >Als wir uns das erste Mal gesehen haben<, so der Paparazzo, >das war vor ungefaehr fuenf Jahren, da wolltest du [keine Ahnung, warum er mich duzte] gerade dein Biologiestudium aufnehmen.< Etwas konsterniert gab ich zu Protokoll: >Ich? Biologie? Niemals.< Doch ploetzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Er musste damals meinen Text >Meine Fernbeziehung< gelesen und fuer bare Muenze genommen haben. Ich beschrieb darin ironisch, warum ich Krankenschwester werden wollte. Sein Fantasiekonstrukt von mir, mit all den Fotomontagen und Verleumdungen, beruhte also auf diesem Text. Meine erste anonyme Fanmail mit den Worten: >Jemanden wie dich braucht Berlin.<, war dann vermutlich auch von ihm gewesen. Muss sein ich jetzt vielleicht mein ganzes Leben noch mal ueberdenken? Er selbst hat es offenbar nicht noetig. Seine neueste Masche: Eine >Hoffotografin< macht jetzt die Fotos.
Endlich schreibt jemand darüber. Ich habe das gleiche Problem, vielleicht mit der gleichen Person… Lass uns eine Selbsthilfegruppe bilden!