Eines ist sicher: Sich auf Pruefungen vorzubereiten ist viel schlimmer als Arbeiten zu schreiben. Man lernt und lernt und lernt und weiss gar nicht, wo und wann man aufhoeren soll. Was genau wird gefragt werden? Wo legen die Profs ihre Schwerpunkte? Was, wenn ich jetzt genau den Artikel, in dem alles Wichtige steht, durch Zufall nicht lese? Steh ich dann in der Pruefung dumm da, nur weil meine Literaturrecherche versagt hat? Was wird man genauer erklaeren muessen? Und das Horrorszenario: Was, wenn ich auf eine Frage wirklich rein gar nichts antworten kann?
Der Tag der Pruefung kommt, vor Nervositaet rennt man alle fuenf Sekunden auf die Toilette. Die Nacht vorher will der Schlaf nicht wirklich kommen, man steht viel zu frueh auf, will am liebsten niemanden sehen, da einen alle nur noch nervoeser machen. Was, wenn die U-Bahn einen Unfall hat [was uebrigens extrem selten ist, aber an diesem Tag sieht man das nicht] oder es irgendeine technische Stoerung gibt? Die Haende zittern, die Stimme versagt. Und dann auf einmal ist es vorbei. Einfach so.
Auf die Euphorie folgt die Lethargie: Wohin mit dem ganzen Wissen nach der Pruefung? Natuerlich ist die [hoffentlich] gut bestandene Pruefung Beweis des Nutzens der ganzen Lernerei, trotzdem entsteht eine Leere. Wer will schon was ueber Prototypensemantik hoeren? Wem kann ich in aller Ausfuehrlichkeit die Veraenderungen des englischen Satzbaus im Uebergang vom Altenglischen zum Mittelenglischen erlaeutern und welche Rolle William the Conqueror dabei spielte? Mein Wissen bleibt einfach in meinem Kopf, bis es unmerklich, langsam, nie ganz gebraucht, verebbt. Vonwegen man lernt fuer’s Leben.