Unbewohnbare Städte, Klimakollaps und Kämpfe für eine neue sozio-ökonomische und ökologische Ordnung

Mehrschichtige Collage: Skyline des Stadtzentrums von Bukarest mit dunklem, verschwitztem, öligem Himmel; Wiese am Stadtrand von Bukarest mit grasenden Schafen, einem Zelt und einem knienden Obdachlosen; Schneefall in einem Teil der Metropole. Artwork: Colnate Group, 2024 (cc by nc).
Artwork: Colnate Group, 2024 (cc by nc)

Da es nicht mehr möglich ist, Stadt- und Klimapolitik voneinander zu trennen (falls dies jemals möglich war), sind die Kämpfe um das Recht auf Stadt im eigentlichen Sinne Kämpfe um eine neue sozioökonomische und ökologische Ordnung auf den Ruinen der bisherigen Raumproduktion und Kapitalakkumulation. Florin Poenaru argumentiert in seinem Beitrag zur Reihe “Kin City”, dass heutige Großstädte sowohl Objekte als auch Terrains des öko-politischen Kampfes sind und Laboratorien der kollektiven Zukunft darstellen.

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Städte, die einst als Zufluchtsorte vor der “barbarischen Wildnis” gefeiert wurden, werden zunehmend zu unwirtlichen Orten für die meisten ihrer Bewohner*innen und in der gegenwärtigen Situation ungezügelter kapitalistischer Akkumulation und ökologischer Zerstörung geradezu unbewohnbar. Diese Entwicklung hin zum allgemeinen Niedergang hat eine systemische Ursache: den Vorrang von Kapitalakkumulation und Spekulation vor dem Wohl von Mensch und Natur.

Die städtische Infrastruktur hat aufgehört, ein öffentliches, kollektives Gut zu sein (oder zumindest ein Objekt des Klassenkampfes, um sie als solches zu erhalten), und ist stattdessen zur Kulisse für Kapitalinvestitionen unter den Bedingungen geringer Rentabilität geworden. In dem Maße, wie Städte zu geschlossenen Zentren der Profitmacherei werden, finden sich immer mehr Gruppen von Menschen an den Rand gedrängt und in Ghettos innerhalb einer gebauten Umwelt wieder, die sie nicht kontrollieren können und die auf die Interessen der Kapitalist*innenklasse zugeschnitten ist. Vor diesem Hintergrund beleuchtet dieser Text die Beziehung zwischen urbaner Transformation, Kapital und menschlicher Behausung im Kontext der globalen Erwärmung und plädiert für eine Neukonzeption der Städte als Zufluchtsorte für alle.

Explosion der urbanen Logik im globalen Maßstab

In seinem 1970 erschienenen Buch “Die urbane Revolution” stellte Henri Lefebvre die Hypothese auf, dass die Gesellschaft vollständig urbanisiert sei. Damals schien dies weit hergeholt: nur ein Drittel der Weltbevölkerung lebte in Städten. Was Lefebvre jedoch im Sinn hatte, war ein neuer Zustand: die Explosion der urbanen Logik auf globaler Ebene; die Bestätigung des urbanen Raums als wichtigste Grundlage der kapitalistischen Akkumulation. Für ihn bedeutete dies einen großen Bruch mit der bisherigen kapitalistischen Produktionsweise, nämlich dem in nationalstaatliche Ökonomien eingebetteten Industrialismus.

Lefebvre verwendete das Konzept der globalen Städte bereits in den späten 1960er Jahren. Dieser Ansatz wurde erst in den späten 1980er Jahren zum Standard in der Stadtforschung, als die Entstehung globaler Finanzgiganten wie New York, London und Tokio aufgrund der Entlokalisierung der industriellen Produktion im Zuge der neoliberalen wirtschaftlichen Umstrukturierung den Beginn einer neuen Ära andeutete, in der globale Städte (nicht nur in Bezug auf ihre Größe, sondern auch in Bezug auf ihre wirtschaftliche und finanzielle Reichweite) zu dominanten Akteurinnen werden würden.

Mehr als ein halbes Jahrhundert nach ihrer Formulierung erscheint Lefebvres Vorhersage nicht mehr so abwegig: Im Jahr 2024 werden fast 60 % der Weltbevölkerung in Städten leben. Es wird erwartet, dass der Anteil der Stadtbewohner*innen weiter steigen wird. Die “planetarische Urbanisierung”, wie Neil Brenner dieses Phänomen in Anlehnung an Lefebvre nennt, ist in vollem Gange. Aber der Prozess ist ungleichmäßig und heterogen. Nord-, Zentral- und Südamerika und Europa sind stark urbanisiert (über 80 %), Afrika dagegen nur zu 45 %. Asien (53 %) ist sehr ungleichmäßig urbanisiert, mit Japan, Südkorea und natürlich China an der Spitze.

Ein Ergebnis der weltweiten Urbanisierung ist das beispiellose Wachstum von Megastädten. Weltweit gibt es 34 Städte mit mehr als zehn Millionen Einwohner*innen. Fast 60 % der städtischen Bevölkerung der Welt lebt in einer dieser Städte. In einigen Fällen ist die Wachstumsrate atemberaubend. Peking wuchs von fünf Millionen Einwohner*innen im Jahr 1980 auf heute fast 25 Millionen. Delhi wuchs innerhalb einer Generation von fünf Millionen auf 30 Millionen, während Mexiko-Stadt seine Bevölkerung in weniger als vier Jahrzehnten auf 25 Millionen mehr als verdoppelte. Dhaka, Sao Paolo und Shanghai werden den Prognosen zufolge bis zum Ende dieses Jahrzehnts die 30-Millionen-Marke überschreiten.

Es ist wichtig festzustellen, dass die weltweite Urbanisierung ein höchst uneinheitliches und ungleiches Phänomen ist, das zu einer städtischen Konzentration und Polarisierung führt, ähnlich wie die wirtschaftliche und soziale Polarisierung, die durch die Anhäufung von Kapital in den Händen einiger weniger entsteht. Sie führt auch zur Bildung riesiger städtischer Ballungsräume, die immer schwieriger zu verwalten, zu organisieren und zu bewohnen sind.

Das meiste städtische Wachstum findet an den Rändern der großen Städte statt. Auch dieser Prozess verlief ungleichmäßig und heterogen. Städte sind explodiert, und urbane Fragmente sind wie Schrapnelle umhergeflogen und haben den sie umgebenden Raum auf unterschiedliche und kontrastreiche Weise grundlegend verändert: funktional integrierte Vororte für die Wohlhabenden; stadtnahe Entwicklungen, die Wohn-, Industrie- und Logistikfunktionen in sich vereinen; Ansammlungen von besetzten Häusern und Favelas, die zu dem führen, was Mike Davis als “Planet der Slums” bezeichnet hat; “Geisterstädte”, die durch intensive Finanzspekulationen entstanden sind; und verschiedene Formen der Dubaifizierung, ein Prozess, bei dem Städte durch größenwahnsinnige Projekte wachsen, bei denen Landaneignung der Schlüssel ist. Manchmal kann eine Stadt mehr als eine dieser Entwicklungen auf ihre Randgebiete konzentrieren.

Nehmen wir den Fall von Bukarest, der Stadt, in der ich diesen Text schreibe und recherchiere. Im Norden der Stadt gibt es Vorstadtsiedlungen für die wohlhabende Mittel- und Oberschicht, kombiniert mit Büroflächen für den Unternehmenssektor. Im Osten und Westen der Stadt gibt es immer größere Stadtrandgebiete, die Wohn- und Dienstleistungsfunktionen für die unteren Mittelschichten, die es sich nicht leisten können, im Stadtzentrum zu wohnen, miteinander verbinden. Der Süden ist das wirtschaftlich am stärksten benachteiligte Gebiet, in dem dicht besiedelte Stadtviertel der unteren Bevölkerungsgruppen mit mangelhafter Infrastruktur und die hochentwickelten Infrastrukturen der Logistikbranche ineinander übergehen.

Die Logik des städtischen Kapitals

Die starke Bevölkerungskonzentration in und um bestimmte Zentren hat zur Entvölkerung anderer Gebiete und zur Entstehung von “schrumpfenden Städten” geführt. Das Ergebnis ist eine hierarchisch strukturierte globale Geografie von Stadtlandschaften, in denen die Ungleichheit grassiert und zunimmt. Große Städte werden tendenziell noch größer, während kleinere Städte weiter schrumpfen. In Skopje, Lissabon, Tokio, Athen, Monrovia und Dubai leben etwa 30 % der Bevölkerung des jeweiligen Landes. In Argentinien leben etwa 35 % aller Menschen in Buenos Aires, und der gleiche Prozentsatz der Bevölkerung Libanons lebt in Beirut. Fast die Hälfte der Bevölkerung des Kongo lebt in Brazzaville, die Hälfte der Bevölkerung Israels in Tel Aviv und die Hälfte der Bevölkerung Paraguays in Asuncion.

Dieses Wachstum ist zwar städtischer Natur, weist aber im Allgemeinen keine ausgeprägten städtischen Merkmale auf. Eine der treibenden Kräfte der Stadterweiterung ist das Mietpreisgefälle zwischen städtischen und ländlichen Flächen. Wenn Land in städtisches Land umgewandelt wird, wirft es mehr Kapital für seine Besitzer*innen ab. Dadurch wird städtisches Land jedoch teurer und knapper. Nach dieser Logik bleibt wenig Platz für öffentliche Räume und andere kollektive Einrichtungen, die das städtische Leben kennzeichnen: Gehwege, Plätze, Krankenhäuser, Schulen und dergleichen. Ein weiteres Hauptmerkmal der Zersiedelung ist die sehr hohe Dichte, die zu Verkehrsstaus, längeren Pendlerwegen und Umweltverschmutzung führt. Aus diesem Grund scheint die Zersiedelung immer ein unvollendeter, vorübergehender Raum zu sein.

Doch im Zuge der Urbanisierung des Planeten verändern sich die Städte selbst radikal. Lefebvre war sich dieses Wandels wohl bewusst. Er schrieb über den Prozess der “Verbürgerlichung” der Stadtzentren, ein Prozess, der seit den 1980er Jahren besser als Gentrifizierung bekannt ist. Neil Smith entwickelte den Begriff der “revanchistischen Stadt”, einer Stadt, die aus dem Prozess hervorgeht, in dem das hochmobile globale Kapital in die Städte eindringt und sie nach Maßgabe der Rentabilität radikal umgestaltet. Grundbesitzer*innen, Finanzkapitalist*innen, Vermieter*innen, Immobilienentwickler*innen und Einzelhandelskonglomerate schließen ihre Interessen zusammen und teilen sich die Gewinne aus der zunehmenden Privatisierung und Ghettoisierung des städtischen Raums. Der Staat, der in den städtischen Zentren, die früher eine starke sozialistische und sozialdemokratische Tradition hatten, noch relativ aktiv ist, fungiert im Allgemeinen als Ermöglicher der radikalen Umgestaltung der Städte nach neoliberalen Grundsätzen.

Eine Ursache für den Rückgang der staatlichen Regulierungs- und Planungsfähigkeit der Städte ist, dass sie sich zunehmend von ihren nationalen Volkswirtschaften lösen und zu globalen Akteuren sui generis werden. Die Stadtstaaten der Golfregion sind nur die extremen Ausprägungen eines globalen Prozesses des Aufstiegs von Städten, die staatsähnlich werden, mit einer sehr spezifischen historischen Entwicklung. Die ständige Stadtentwicklung und -sanierung, die alle globalen Städte kennzeichnet, wird selbst zu einer wichtigen wirtschaftlichen Aktivität: Mit anderen Worten, Städte können aufgrund ihrer eigenen Dynamik ihre eigenen (produktiven) Volkswirtschaften schaffen. Gerade die am stärksten dienstleistungsorientierten globalen Städte, die von jeglicher industriellen Tätigkeit abgekoppelt sind, können ihre Wirtschaft durch Bodenspekulationen und Sanierungen exponentiell wachsen lassen.

Kein Platz für die Armen

Diese Umwandlung des städtischen Kerns hat enorme Folgen für seine Bewohner*innen. Viele, die am falschen Ende des Gentrifizierungsprozesses stehen, sind gezwungen, die Städte ganz zu verlassen. Im Zuge dessen nimmt die Zersiedelung zu: die Errichtung von Gebäuden außerhalb von „im Zusammenhang bebauten“ Ortsteilen oder das ungeregelte und unstrukturierte Wachstum von Ortschaften in den unbebauten Raum hinein. Andere, die noch weniger Glück haben, schließen sich den wachsenden Reihen der Obdachlosen an. Das Weltwirtschaftsforum schätzte, dass im Jahr 2021 weltweit etwa 150 Millionen Menschen obdachlos waren, während 1,6 Milliarden Menschen keine angemessene Wohnung haben werden. Laut OECD-Berichten ist die Zahl der Obdachlosen in Dänemark, England, Frankreich, Irland, Italien, den Niederlanden und Neuseeland in den letzten Jahren gestiegen. Kurz: Mit dem Wachstum der Städte wächst auch die Obdachlosigkeit.

Die Kehrseite der planetaren Globalisierung ist der eingeschränkte Zugang zu Wohnraum. Dies verstößt auch gegen das “Recht auf Stadt” – ein weiterer von Lefebvre geprägter Begriff. Der Zugang zu Wohnraum und zur urbanen Infrastruktur des Lebens im allgemeinen wird zunehmend von Kapitalinteressen bestimmt: ein Großteil dieses Lebens liegt in privater Hand, ist zum Spielball der Märkte gemacht worden und wird immer teurer. Die meisten Städte der Welt haben daher eine sehr klare, segregierte Struktur: auf der einen Seite die Arbeits- und Freizeitinfrastruktur für die wohlhabenden Klassen innerhalb der Stadt, auf der anderen Seite eine große Zahl von Arbeiter*innen, die im Dienste der ersteren stehen, die nicht genug verdienen, um in der Stadt zu leben, und daher gezwungen sind, jeden Tag lange zu pendeln. Im Gegensatz zu mittelalterlichen Städten oder frühkapitalistischen Städten gibt es in den heutigen Städten keinen Platz für die Armen.

Darüber hinaus beginnen die Städte gerade aufgrund dieses ständigen Drucks zur “Stadterneuerung” als wichtigstem Mittel der Kapitalakkumulation, Merkmale aus der Peripherie zu importieren, was zu einem Prozess der De-Cityfication (Entstädtisierung) führt – ein Begriff, den ich mit meinem Kollegen Norbert Petrovici geprägt habe. Damit meinen wir den Verlust der Merkmale einer Stadt im Zuge ihrer Umstrukturierung durch das globale Kapital und die damit verbundenen Interessen: Privatisierung öffentlicher Räume und ihre ständige Reduzierung (wie Parks, Gärten, Gehwege usw.), zunehmende Verdichtung, schlechtere öffentliche Verkehrsmittel und größere Abhängigkeit von privaten Verkehrsmitteln (nicht nur Autos, sondern auch Fahrräder und Motorroller), fehlende Planung und Regulierung und keine Entwicklung von Sozialwohnungen. In Verbindung mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten in der Stadt (die vor allem während der jüngsten Energiekrise ein unerträgliches Niveau erreicht haben) führt dies dazu, dass sich die Städte in große, relativ einheitliche Ghettos verwandeln. Das Aufkommen digitaler Plattformen für eine Vielzahl städtischer Dienstleistungen verdrängt die Funktionen und den Rhythmus der Stadt noch weiter und verstärkt die Insularisierung und Privatisierung des städtischen Lebens. Der generische Coffeeshop, der von Tokio über Berlin bis Johannesburg gleich aussieht, der urbane “Nicht-Raum” schlechthin, um es mit Marc Augés Worten zu sagen, ist die Insignie der spätkapitalistischen Urbanisierung, in der die Stadt selbst im Rahmen der Stadterweiterung verschwinden muss.

Während die kapitalistische Urbanisierung planetarische Ausmaße erreicht und die (globalen) Städte für die Mehrheit ihrer Bevölkerung zunehmend unbewohnbar und unwirtlich werden, beherrschen romantische Visionen von Stadtflucht und ländlicher Idylle wieder die öffentliche Vorstellung. Diesen romantischen Visionen stehen Bilder von städtischem Verfall und Ruinen gegenüber – eine Dialektik, die Vorstellungen vom städtischen Leben seit seinen Anfängen geprägt hat. Was unserer Situation sehr nahe kommt: In den frühen 1960er Jahren beklagte Jane Jacobs den Tod der US-Städte. Nach heutigen Maßstäben waren sie der Höhepunkt des städtischen Lebens. Eine Reihe von Berichten dokumentiert den Abstieg des US-amerikanischen Stadtlebens ins Chaos. Besonders erschreckend ist die Darstellung von Rebecca Solnit, die San Francisco als Spielplatz der Tech-Bros von Silicon Valley beschreibt.

Doch Städte auf der ganzen Welt sind mit einer Reihe von unlösbaren Problemen konfrontiert, die das urbane Leben zu einer Bedrohung und einem Kampf machen, zumal die kapitalistisch bedingten Prozesse des städtischen Verfalls Teil eines Teufelskreises sind, wie Magdalena Taube und Krystian Woznicki argumentieren: “Die verwüsteten Ökosysteme rebellieren gewissermaßen gegen ihre Zurichtung, sie spielen den Stress, dem sie ausgesetzt sind, zurück (Oxana Timofeeva, 2022); den Rückkopplungen des von ihnen erzeugten Stresses ausgesetzt, brechen Städte als Infrastrukturen des Kapitals und des Lebens zunehmend zusammen.”

Klimakollaps als urbaner Kollaps

Der fortschreitende Klimakollaps wird wahrscheinlich eine Reihe von dicht besiedelten Städten innerhalb einer Generation unbewohnbar machen. Der durch die globale Erwärmung verursachte Anstieg des Meeresspiegels ist zum Beispiel ein großes Problem. Jakarta, mit elf Millionen Einwohner*innen, sinkt. Dasselbe gilt für Miami. Auch die zunehmende Zahl extremer Wetterereignisse (Stürme, Hitzewellen usw.) hat verheerende Auswirkungen auf die Städte. So ließ beispielsweise der Sturm Daniel im Jahr 2023 einen Damm brechen, der die libysche Stadt Derna zerstörte und Zehntausende von Menschen in den Tod riss. In den letzten Jahren wurden in mehreren Städten auf der ganzen Welt, von China bis Indien, der Türkei, dem Iran und der Arabischen Halbinsel, Temperaturen von über 50 Grad Celsius gemessen. In Barcelona wurde mitten im Winter 2023/2024 wegen starker Trockenheit eine Wasserrationierung eingeführt. Weitere solche Fälle gibt es auf der ganzen Welt. Die Verstädterung des Planeten auf einem sich erwärmenden Planeten birgt unerträgliche Gefahren. Und diese betreffen in unverhältnismäßiger Weise die Vulnerabilisierten, die Expropriierten und die Rassialisierten, einschließlich der Obdachlosen.

Dies ist die Konstellation, in der wir uns heute befinden: Explosion der Städte (auch verstärkt durch wirtschaftliche und klimatische Migration) bei gleichzeitiger Entstädterung, Rückgang des Stadtlebens und Klimakatastrophe. Kurz gesagt: planetarische Urbanisierung und Katastrophenkapitalismus. “Wer wird die Arche bauen?” hat Mike Davis einmal gefragt. Heute werden darwinistische Arche- und Rettungsboot-Phantasien von der Rechten propagiert, die die apokalyptische Situation auszunutzen versucht. Aber es gibt alternative Geschichten, die sich beispielsweise bis zum Sklavenschiff und seinen revoltierenden Massen enteigneter Arbeiter zurückverfolgen lassen, die, wie Malcom Ferdinand in seinem bahnbrechenden Buch “Decolonial Ecology” (2022) vorschlägt, genutzt werden können, um sich ein “Weltschiff” vorzustellen und zu bauen, das eine emanzipatorische Weltgestaltung ermöglicht.

Die Frage lautet also: Können wir dieses Arsenal an alternativen Geschichten der kolonial-kapitalistischen Moderne aktivieren und die urbane Form so umgestalten, dass sie als Weltschiff für alle funktioniert – ein Ort der Zuflucht, der Sozialität und der Solidarität? Lefebvre hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Städte historisch gesehen eine heterotopische Grundlage haben: Karawansereien, Durchgangsstraßen und Marktplätze (im weiteren Sinne, einschließlich Karnevals und öffentlicher Theater). Vor dem Aufstieg des Bürgertums zur herrschenden Klasse waren Städte Orte, an denen man der Härte und Tristesse des Dorflebens entkommen konnte. Die Städte waren Inseln der Zuflucht für Ausgestoßene, Abenteurer*innen und Freiheitsliebende. Ist es möglich, diese Grundidee der Städte heute wiederzuentdecken?

Für eine neue sozio-ökonomische und ökologische Ordnung

Die zunehmende Unbewohnbarkeit der Städte wirkt sich auf das körperliche, geistige und emotionale Wohlbefinden ihrer Bewohner*innen aus. Überfüllte und verschmutzte Umgebungen tragen zu einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen bei, darunter Erkrankungen der Atemwege und psychische Störungen. Darüber hinaus führt der unzureichende Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung und Bildung dazu, dass sich der Kreislauf von Armut und Marginalisierung fortsetzt und die Menschen in einem Zustand ständiger Unsicherheit gefangen sind. Da die Infrastruktur des Kapitals weiterhin dem Profit Vorrang vor den Menschen einräumt, verschlechtert sich die Lebensqualität in den städtischen Zentren, was soziale Ausgrenzung forciert.

Um das problematische Verhältnis zwischen der Infrastruktur des Kapitals und des Lebens zu verbessern, ist ein grundlegendes Umdenken erforderlich, um Städte als integrative und gerechte Räume für alle zu begreifen. Das bedeutet, den Bedürfnissen des Lebens Vorrang vor den Erfordernissen der Kapitalakkumulation einzuräumen und in eine Infrastruktur zu investieren, die soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und das Wohlergehen der Gemeinschaft fördert. Initiativen wie Programme für erschwinglichen Wohnraum, barrierefreie öffentliche Verkehrsmittel und Grünflächen können dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der kapitalgesteuerten Urbanisierung abzumildern und bei den Bewohner*innen ein Gefühl der Zugehörigkeit und Selbstbestimmung zu fördern. Da es nicht mehr möglich ist, städtisches Leben und Klimabewusstsein voneinander zu trennen (wenn es das überhaupt jemals war), sind Kämpfe um das Recht auf Stadt im eigentlichen Sinne immer auch Kämpfe um die Neudefinition einer neuen sozioökonomischen und ökologischen Ordnung auf den Ruinen der bisherigen Form der Raumproduktion und Kapitalakkumulation. Als Objekte und Terrains des öko-politischen Kampfes sind die heutigen Städte Laboratorien der kollektiven Zukunft: entweder metropolitaner Ökosozialismus oder urbaner Katastrophenkapitalismus.

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel ist ein Beitrag zur “Kin City”-Serie der Berliner Gazette. Mehr Informationen: https://berlinergazette.de/de/kin-city-urbane-oekologien-und-internationalismus-call-for-papers/

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