ALLIED GROUNDS · BG 2023 Projekt · Textserie, Konferenz und mehr · Neu: Video Talks, Projekte und Audios
I. INTRO
Thema
Erkundungen
Mit dem “Allied Grounds”-Projekt sollen zwei verwandte, aber selten miteinander in Verbindung gebrachte Konstellationen untersucht werden: Im Globalen Süden sind Umweltbelange ein integraler Bestandteil der Kämpfe der Arbeiter*innenklasse gegen Enteignung, Ausbeutung und Extraktivismus, und zwar buchstäblich seit der kolonial-kapitalistischen Eroberung der Neuen Welt. Im Globalen Norden hingegen entstanden Umweltkämpfe der Arbeiterklasse im 19. Jahrhundert als Reaktion auf die Industrialisierung und Urbanisierung, während Arbeiter- und Umweltbewegungen erst in den letzten Jahren ihr Bündnispotenzial wiederentdeckt haben.
Meilensteine
Im Mittelpunkt des explorativen Charakters des “Allied Grounds”-Projekts steht eine Reihe von Texten. Neben der Textserie schuf eine dreitägige Konferenz eine zentrale Plattform um Forscher*innen, Aktivist*innen und Kulturschaffende zusammen zu bringen, um gemeinsam Wissensressourcen in verschiedenen Medienformaten zu produzieren. Die Konferenz fand am 5., 6. und 7. Oktober 2023 im Haus der Demokratie und Menschenrechte statt.
II. VIDEO TALKS
Vorbemerkung
Angesichts zunehmender Polarisierung und Entsolidarisierung, rechter Mobilisierung und der Neukalibrierung kapitalistischer Kriegsführung muss jede sinnvolle Antwort neue Narrative amplifizieren, die dazu beitragen, transnationale Allianzen zwischen den Unterdrückten und Ausgebeuteten zu ermöglichen. Die Videovorträge, die im Rahmen der BG-Konferenz “Allied Grounds” produziert wurden, bringen in ihrer Vielstimmigkeit ein solches zukunftsweisendes Narrativ zu Gehör, das über die Grenzen u.a. zwischen Arbeiter*innen in Produktion und Reproduktion, Arbeiter- und Umweltbewegungen, Nord und Süd hinausweist.
Katastrophe und Klasse
Die moralische Kraft der heutigen Umweltbewegungen scheint unbestreitbar. Doch trotz ihrer besonderen Stärke und Anziehungskraft scheinen sie nicht in der Lage zu sein, zu Akteuren eines grundlegenden Wandels zu werden – des Übergangs vom Kapitalismus zum demokratischen Ökosozialismus – argumentiert der Anthropologe Florin Poenaru in seinem „Allied Grounds“-Videovortrag und fordert uns dazu auf, das politische Potenzial der refugee workforce neu zu bewerten.
Grünes Kapital herausfordern
In Bosnien und Herzegowina sind die Bergarbeiter*innen von zentraler Bedeutung für eine potenzielle Konvergenz zwischen antikapitalistischen und ökologischen Kämpfen und somit für jedweden den Versuch, den marktorientierten “grünen” Wandel herauszufordern, wie die Redakteurin und Aktivistin Svjetlana Nedimović in ihrem „Allied Grounds“-Videovortrag zeigt, indem sie erkundet, wie die “traditionelle” Energie der Arbeiter*innen genutzt werden kann, um eine noch nicht vorgestellte Zukunft aufzubauen.
Klimaproletariat
Kolonialismus, Kapitalismus und Imperialismus verursachen oder schaffen sogar Katastrophen im Globalen Süden (Überschwemmungen, Dürren usw.), die Millionen von Menschen vertreiben, sie arbeitslos machen und zur Reservearmee in den Zentren des Kapitals degradieren. Hier könnten die am wenigsten Geschützten und am meisten Ausgebeuteten zu Akteuren des Systemwandels werden, argumentiert Jennifer Kamau in ihrem „Allied Grounds“-Videovortrag.
Infrastrukturelle Solidarität
Heute sind die Geopolitik der Arbeitsmobilität und die Energiewende immer enger miteinander verknüpft. Es ist eine politische Priorität für Arbeiter*innen, zu verstehen, wie diese Verbindungen funktionieren, um eine infrastrukturelle Solidarität entlang dieser Verbindungen aufzubauen und den Internationalismus neu zu erfinden. Dies erfordert eine Politik der Übersetzung, argumentiert der politische Theoretiker Brett Neilson in seinem „Allied Grounds“-Videovortrag.
Working-Class Environmentalism
Während grüne Kapitalist*innen mit Unterstützung von Regierungen Zukunftsmärkte schaffen, die auf profitable Weise mit der Klimakrise vereinbar sein sollen, könnte eine subpolitische Antwort in Form eines Bündnisses zwischen Klima- und Arbeiter*innenbewegung sein, wie die Kämpfe in der ehemaligen GKN-Fabrik in der Nähe von Florenz nahelegen, argumentieren die Wissenschaftlerinnen Francesca Gabbriellini und Paola Imperatore in ihrem „Allied Grounds“-Videovortrag.
Gegen Öko-Apartheid
Während die globalen ökonomisch-ökologischen Krisen sich verschärfen, beschleunigt sich die Ausbreitung rassistischer Nationalismen. Dies stellt für uns alle ein großes Problem dar: Arbeiter*innen werden gegeneinander aufgesetzt (“weiße” gegen “nicht-weiße”), anstatt die Ausbeutung und Enteignung aller Arten von Arbeiter*innen und der Umwelt en gros anzufechten, wie die Autorin und Aktivistin Harsha Walia in ihrem „Allied Grounds“-Videovortrag argumentiert.
Nachhaltige Arbeit
Arbeiter*innen jeglicher Couleur und die zu ihnen gehörenden Communities haben potenziell ein existenzielles Interesse an einer nachhaltigen, nicht umweltzerstörenden Produktion. Gleichzeitig sind sie es, die eine sozial-ökologische Transformation wesentlich tragen müssen. Wenn sie nicht die zentrale Rolle in der Definition und Praxis dieser Transformation übernehmen, wird es diese nicht geben, wie der Sozialwissenschaftler Dario Azzellini in seinem „Allied Grounds“-Videovortrag argumentiert.
Konvergierende Kämpfe
Arbeiterkämpfe haben tendenziell “Korrekturen” und “Innovationen” des Kapitals ausgelöst, einschließlich technologischer Natur. Daher stellt sich die Frage, wie die aktuellen Arbeitskämpfe zu ökosozialen und dekolonialen Zielen beitragen können, anstatt die nächste Phase der kapitalistischen Akkumulation anzuheizen und letztlich die Klimakrise zu beschleunigen, wie der Forscher Lorenzo Feltrin in seinem „Allied Grounds“-Videovortrag argumentiert.
III. WORKSHOPS
IV. TEXTE
Alistair Alexander · Indigenes Post-Wachstum? Unerhörte Visionen, wie eine Welt jenseits des Wachstums tatsächlich aussehen könnte · URL
Maura Benegiamo · Die Arbeit der Zukunft, die Zukunft der Arbeit? Eine Just-Transition-Kritik der digitalen Landwirtschaftsutopie · URL
Rahul Goswami · Gegen die Internationale des Kapitals: Warum die Finanzialisierung von Land und Arbeit im globalen Süden falsch ist · URL
Maja Hoffmann · Sich weigern, nichts anderes als Arbeiter*innen zu sein: Warum unser heißer werdender Planet eine Bewegung gegen Arbeit braucht · URL
Jennifer Kamau · Klimakrise und rassialisierter Kapitalismus: Die Dekonstruktion des europäischen Entwicklungsmodells in Afrika · URL
Sydney Lang · Merle Davis Matthews · Politik des gerechten Übergangs in Ontario und das Potenzial für eine antikoloniale, antikapitalistische Arbeiter*innenbewegung · URL
Svjetlana Nedimović · Die Feuer der Zukunft in den Öfen der Vergangenheit: Aufbau von sozial-ökologischen Allianzen in Südosteuropa · URL
Brett Neilson · Elektrifizierung und infrastrukturelle Solidarität: Warum der Klimakampf die Neuerfindung des Internationalismus erfordert · URL
mirko nikolić · Die Monokulturen des Kapitals abschaffen: Wie Verbindungen zwischen ländlichen und städtischen Gemeinden zur Neuerfindung der Arbeitskämpfe führen könnten · URL
Alex Pazaitis · Der Wert der Ausbeutung: Wie wir unser Leben und unseren Lebensunterhalt gemeinsam zurückgewinnen · URL
Jaron Rowan · Klimaproduktion gefällig? Warum wir (gemeinsam) an allem, überall und gleichzeitig arbeiten müssen · URL
Salma Rizkya · Jenseits von Gesundheit und Sicherheit: Der Kampf des entfremdeten Körpers und das Entstehen neuer Formen der Arbeiter*innenorganisation auf der Palmölplantage · URL
Anna Saave · Politiken des Gemeinsamen: Wie ökofeministische Auffassungen von Arbeit helfen, den Boden für neue Allianzen zu bereiten · URL
Silpa Satheesh · Rot-grüne Reihen: Was bedeuten die Konflikte zwischen Gewerkschaften und Umweltbewegungen in Kerala? · URL
Hariati Sinaga · Plantagenarbeiter*innen und die Frage der Organisation, oder: Wie wir das kollektive Gedächtnis für einen gerechten Übergang aktivieren · URL
Magdalena Taube · Krystian Woznicki · Gemeinsame Arbeitskämpfe? Die ökosoziale und dekoloniale Frage der Klimakrise · URL
Stoyo Tetevenski · Dein Job oder dein Klima: Wie der gerechte Übergang in Bulgarien von Kapitalist*innen gekapert wurde · URL
Manuela Zechner ·Kämpfe für Arbeit jenseits des Lohns: Andere Vorstellungen von Arbeit möglich machen · URL
V. AUDIOS
Das Ende der Welt politisieren
Der (neo)koloniale Kapitalismus führt das Ende der Welt herbei. Umweltaktivist*innen im Globalen Norden fordern uns auf zu erkennen, dass dieses dystopische Szenario bereits in naher Zukunft eintreffen wird. Für die Unterdrückten des Globalen Südens ist die Apokalypse jedoch schon seit mehr als fünfhundert Jahren im Gange. Und es ist ein Zufall, dass aus diesen Regionen seit jeher eine wachsende Zahl von (flüchtenden) Arbeitsmigrant*innen kommt, nicht zuletzt um die Zentren des Kapitals als “Reservearmee” zu unterstützen. Daher gilt es multirassische Arbeiter*innenkämpfe zu imaginieren und zu unterstützen, die den (neo)kolonialen Kapitalismus herausfordern.
Das Eröffnungspanel der “Allied Grounds”-Konferenz, “Agents of System Change”, befasste sich mit diesen Fragen. Unter der Moderation von Claudia Núñez hielten Florin Poenaru und Jennifer Kamau im Haus der Demokratie und Menschenrechte inspirierende Vorträge, die durch Klicken auf die unten stehende Schaltfläche angehört werden können.
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Gemeinsame antikapitalistische Interessen erkunden
Arbeiterbewegungen wurden kontinuierlich von Marktkräften vereinnahmt und deshalb immer wieder für tot erklärt. In den letzten Jahren sind sie jedoch als potenziell antikapitalistische Kraft wieder aufgetaucht. Gleichzeitig entdecken die Umwelt- und Klimabewegungen im globalen Norden, die lange Zeit durch moralische Anliegen motiviert waren, allmählich ihr antikapitalistisches Interesse. In einer Reihe von Kämpfen haben sich die Arbeiter- und die Umweltbewegungen zusammengeschlossen, Allianzen gebildet und ihre Kapazitäten erweitert, um gerechte Übergänge in öko-sozialistische Zukünfte zu gestalten.
Das “Resisting Green Jobs”-Panel stellte Fälle auf dem Balkan und in Italien zur Diskussion. Unter der Moderation von Rositsa Kratunkova hielten Svjetlana Nedimović, Paola Imperatore und Francesca Gabbriellini im Haus der Demokratie und Menschenrechte inspirierende Vorträge, die durch Klicken auf die unten stehende Schaltfläche angehört werden können.
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Neue Allianzen vorbereiten
Im heutigen Kapitalismus sind die Arbeiter*innen zunehmend zersplittert und gespalten, zum Beispiel entlang der Linien von produktiver und reproduktiver Arbeit, von Lohnarbeit und unbezahlter Arbeit. Doch sie könnten ihre gemeinsamen Interessen nicht zuletzt dann verwirklichen, wenn sie sich der kapitalistischen Bedrohung ihres sozialen und ökologischen Umfelds sowie ihrer kollektiven Fähigkeiten, ein lebenswertes Leben zu schaffen, entgegenstellen. Dies erfordert Übersetzungen nicht nur zwischen verschiedenen Sprachen, sondern auch zwischen verschiedenen kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen, politischen und nicht zuletzt klassenmäßigen Kontexten.
Das Abschlusspanel der “Allied Grounds”-Konferenz, “Politics of Translation”, befasste sich mit dieser Herausforderung. Unter der Moderation von Anna Saave hielten Dario Azzellini, Lorenzo Feltrin und Brett Neilson im Haus der Demokratie und Menschenrechte inspirierende Vorträge, die durch Klicken auf die unten stehende Schaltfläche angehört werden können.
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