Produktion ‚feindlicher Umgebungen‘: Umweltkriegsführung in der Mongolei

Ulaanbaatar, Mongolei, mit starker Luftverschmutzung: Behelfssiedlungen eines Ger-Viertels, Firmenhochhäuser und Uranabbau in der Umgebung; symbolische Handgesten der Macht und der göttlichen Schöpfung. Artwork: Colnate Group, 2025 (cc by nc)
Artwork: Colnate Group, 2025 (cc by nc)

Die oft unbehausten Unterschichten der Mongolei – nomadische und halbnomadische Völker – sind in mehrfacher Hinsicht von der Gewalt der kolonial-kapitalistischen Entwicklung betroffen: Sie werden im Namen der Ausbeutung des ‚mineralischen Reichtums‘ ihres Landes, ihrer Ressourcen etc. beraubt (und damit ihrer Selbstversorgung) und den daraus resultierenden ökologischen Schäden ausgesetzt, etwa der Umweltverschmutzung. Letztere wird sogar als Waffe gegen sie mobilisiert, wenn die Wohnung sowohl als Rückzugsort vor Umweltbelastungen als auch als Mittel zu deren Überwindung propagiert wird, etwa durch die Privatisierung der Sorge um die persönliche Umwelt. In ihrem Beitrag zur Reihe „Pluriverse of Peace“ zeichnet Shuree Sarantuya die verschiedenen Wege der Umweltkriegsführung gegen Nomad*innen nach und beleuchtet deren Kämpfe.

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Am 1. März dieses Jahres wurde in der Mongolei das Mondneujahrsfest gefeiert, das nicht nur den Beginn des Frühlings, sondern auch das Ende des strengen Winters markiert. Mit den steigenden Temperaturen geht ein weiterer jahreszeitlicher Zyklus zu Ende: Die dicke, giftige Luftschicht, die während der kalten Monate über Ulaanbaatar lag, beginnt sich aufzulösen.

Zum Neujahrsfest ist es Brauch, je nach Größe der Familie hunderte oder gar tausende ‚buuz‘ (mongolische Teigtaschen) zu backen. Traditionell werden diese Teigtaschen zum Einfrieren im Freien oder auf dem Balkon aufbewahrt. Die Menschen sind sich jedoch zunehmend der Verschmutzung ihrer Lebensmittel bewusst. In den sozialen Medien wird inzwischen scherzhaft darauf hingewiesen, dass man die Nachbarschaft einer Person an der Rußschicht auf ihrem Buuz erkennen kann. Die Umweltverschmutzung in Ulaanbaatar bleibt nicht draußen, sondern dringt durch schlechte Isolierung, defekte Öfen und biologisch abbaubare Materialien, die in den traditionellen Jurten (Ger) verwendet werden, in die Häuser ein und macht die Innenluft ebenso gefährlich.

Im Winter kann die Feinstaubbelastung in Ulaanbaatar bis zu 27-mal höher sein als der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Grenzwert, was ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko darstellt. Der Smog staut sich und bildet eine sichtbare Barriere über der Stadt, die von den umliegenden Bergen aus zu sehen ist. Jedes Wochenende fliehen die Menschen in die Berge oder an die Flussufer in der Nähe der Stadt, eine Praxis, die als ‚agaart garah‘ (an die frische Luft gehen) bekannt ist. Hätten sie mehr Geld, würden viele nach Südostasien reisen, um der Hochsaison der Luftverschmutzung zu entkommen. Aber einkommensschwache und marginalisierte Gemeinschaften tragen die Hauptlast und sind oft zwischen Kohlebriketts, ‚verbesserten‘ Öfen und ‚grünen Krediten‘ gefangen.

Offensichtlich suggerieren die ‚grünen Kredite‘ für die Bewohner*innen der Ger-Viertel und die Halbnomad*innen am Stadtrand, dass die angemessene Antwort auf die Umweltverschmutzung marktbasierte ‚grüne‘ Lösungen sind und dass die Verantwortung dafür bei den einzelnen Haushalten liegt. Genauso wie der freiwillige Übergang vom Nomad*innentum zur Sesshaftigkeit heute als individuelle Verantwortung angesehen wird, sind viele ehemalige Nomad*innen ohne staatliche Hilfe oder Unterstützung mit generationenübergreifender Armut und Umweltverschmutzung konfrontiert.

Im Zentrum der Umweltverschmutzung

Die Ger-Viertel in der Mongolei haben sich nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Systems in den 1990er Jahren rasch entwickelt. Wirtschaftliche Not und durch den Klimawandel verursachte extreme Winterkatastrophen (‚dzuds‘) zwangen Tausende von Hirtennomad*innen, in die Städte zu ziehen und sich in informellen Siedlungen am Stadtrand niederzulassen, wo sie von den grundlegenden städtischen Annehmlichkeiten ausgeschlossen sind. Die Abhängigkeit von Kohleöfen zum Heizen hat dazu geführt, dass diese Viertel erheblich zur starken Luftverschmutzung in Ulaanbaatar beitragen, die durch hohe Fahrzeugemissionen aufgrund von Verkehrsstaus noch verschärft wird, da es keine U-Bahn, Metro oder Straßenbahn gibt.

In den letzten sieben Jahren wurden in Ulaanbaatar etwa 7.000 Fälle von Kohlenmonoxidvergiftungen gemeldet, die häufig durch schlecht isolierte Öfen, verstopfte Schornsteine und fehlende Rauchmelder verursacht wurden. Als Reaktion darauf startete die Regierung ein Programm zur Verteilung neuer Öfen an 84.000 Haushalte in den Ger-Distrikten. Der Zuschlag ging an Nuudelchin-Öfen (‚The Nomad‘) von Eco Resource LLC im Wert von 875.000 MNT (245 Euro) pro Ofen, die auf Kreditbasis angeboten wurden.

Berichte über unsachgemäßen Gebrauch offenbaren allerdings Risiken und Ineffizienz. Im Januar 2025 starben sechs Menschen an einer Kohlenmonoxidvergiftung, die auf den unsachgemäßen Gebrauch eines solchen ‚The Nomad‘-Ofens zurückzuführen war. Obwohl Eco Resource LLC öffentlich sein Beileid aussprach, warf der Vorfall Fragen zur Sicherheit des Ofens auf und löste Diskussionen in den sozialen Medien aus. Das Unternehmen behauptet, sein Ofen sei so konstruiert, dass er Kohle effizienter verbrenne und dadurch weniger Rauch und Brennstoff verbrauche, was die Luftqualität verbessern könnte. Eine unabhängige Studie bestätigt dies. Wissenschaftler*innen verglichen ähnliche Öfen mit jenen traditionellen Öfen, die vor allem in den Ger-Vierteln verwendet werden. Das Fazit: Während die Schadstoffkonzentrationen bei beiden Ofentypen ähnlich waren, konnten die verbesserten Öfen die Werte deutlich senken und bestanden die Ökotoxizitätstests, was beweist, dass dies für eine sicherere Luftqualität in Innenräumen entscheidend ist.

Die Regierung muss daher dafür kritisiert werden, dass sie es versäumt hat, den korrekten Gebrauch der verbesserten Öfen zu vermitteln. Doch Luftverschmutzungsaktivist*innen und Anwohner*innen gehen sogar einen Schritt weiter und greifen die Effektivität und Transparenz des Regierungsansatzes zur Luftreinhaltung an. Ein Petition sammelte 71.000 Unterschriften in nur zehn Tagen, was zu einer landesweiten Anhörung im Februar 2025 führte. Aber nur 15 von 126 Abgeordneten nahmen an der Anhörung teil, was das geringe Engagement des Parlaments in dieser Frage widerspiegelt. In der Öffentlichkeit wächst daher die Frustration. Unterdessen werden die tieferen Ursachen der Umweltverschmutzung – der kapitalistische Kreislauf von Extraktivismus, Produktion und Konsum – weiterhin vernachlässigt und durch marktorientierte ‚Öko‘-Initiativen verdeckt, die den Umweltkrieg gegen die Nomad*innen fortsetzen.

Ursachen der Verschmutzung

Ende 2024 startete das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) in der Mongolei in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium, der Stadt Ulaanbaatar und der französischen Regierung die Crowdfunding-Kampagne ‚If Only I Could Go Solar‘ oder ‚Coal-to-Solar‘. Mit dieser Initiative soll Geld gesammelt werden, um den Bewohner*innen der Ger-Viertel Solarstrom, Heizung und bessere Isolierung zu ermöglichen. Ziel der Kampagne ist es, 60.000 Dollar zu sammeln, um 100 Haushalte mit sauberer Energie zu versorgen. Obwohl das Paket fast dreimal so viel kostet wie ein ‚The Nomad‘-Ofen, ist die Begeisterung für den Ausstieg aus der Kohle und ein Leben ohne Schornstein in den sozialen Medien groß.

Anfang dieses Jahres unterzeichneten die mongolische MonAtom LLC und die französische Orano Corporation das französisch-mongolische Uranprojekt, das 1.600 Arbeitsplätze über 30 Jahre verspricht. Obwohl Orano verspricht, internationale Standards einzuhalten und die Einnahmen gerecht zu verteilen, bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich der langfristigen wirtschaftlichen Autonomie der Mongolei bei der Rohstoffgewinnung. Die Uranexploration in der Mongolei geht auf die Zusammenarbeit mit der Sowjetunion in den 1950er Jahren zurück, mit bedeutenden Vorkommen in Dornod und Dornogovi. Trotz der staatlichen Kontrolle durch das Atomenergiegesetz sind ausländische Investitionen für den kommerziellen Abbau nach wie vor unerlässlich, was Fragen der nationalen Selbstversorgung und der Umweltauswirkungen aufwirft. Die Bodenschätze des Landes, insbesondere Kupfer aus Minen wie Oyu Tolgoi (gemeinsames Eigentum von Rio Tinto und der mongolischen Regierung) und Erdenet (staatliches Unternehmen), bleiben für die inländische Produktion weitgehend ungenutzt.

In diesem Jahr soll nach 37-jähriger Planung eine neue Kupferhütte in der Nähe von Erdenet in Betrieb genommen werden – ein lang erwarteter Schritt, um die Abhängigkeit von Rohstoffexporten zu verringern und die lokale Wirtschaft zu fördern. Die Abhängigkeit der Mongolei von ausländischen Bergbauprojekten, die die globale ‚grüne Wirtschaft‘ ankurbeln sollen, führt zu anhaltender Unterentwicklung. Ohne transparente staatliche Reinvestitionen in die Infrastruktur bleibt das Land in einem Rohstoffmodell und sozioökonomischen Ungleichheiten gefangen. Es besteht die Hoffnung, dass die unsichtbare Grenze zwischen Stadt und Umland eines Tages durch eine ethische ‚grüne Urbanisierung‘ und die Vermischung von Stadt und Land, die es in vielen Formen gibt, überwunden werden kann.

Forderungen nach einem Systemwechsel

Bergbauunternehmen sind seit jeher in der Nähe marginalisierter Gemeinschaften tätig und versprechen oft wirtschaftliche Entwicklung und Modernität, während sie gleichzeitig die Abhängigkeit von der Rohstoffindustrie aufrechterhalten. In Sibirien, der Heimat der russischen Öl-, Gas- und Diamantenvorkommen, entstanden während der Sowjetzeit Bergbaustädte, von denen viele aus Zwangsarbeitslagern (Gulags) und Zwangsumsiedlungen indigener Gruppen hervorgegangen sind. Heute sind diese Siedlungen mit wirtschaftlicher Instabilität und Umweltzerstörung konfrontiert, was zu fragmentierten ‚Ressourcenlandschaften‘ führt, die die lokalen Gemeinschaften entfremden.

Die erzwungene Sesshaftigkeit in dieser Region, deren Wurzeln im kolonialen Extraktivismus liegen, hat katastrophale Folgen. Neben den ökologischen Schäden des Extraktivismus ist das sozioökonomische Desaster unübersehbar: Siedlungen, die sich nach dem Ende der Rohstoffförderung oft nicht mehr weiterentwickeln und damit wirtschaftliche und soziale Herausforderungen für Generationen schaffen. Die Sesshaftwerdung hat auch bei nomadischen, halbnomadischen und indigenen Gemeinschaften tiefe Spuren hinterlassen und sie häufig in Slums und endlose Armutskreisläufe getrieben. Diese verarmten Gebiete sind kein Betriebsunfall – sie werden systematisch geschaffen, erhalten und verwaltet. Währenddessen bieten Staaten und Unternehmen, die vom Rohstoffabbau profitieren, oft Hilfe, Entwicklungsprogramme und finanzielle Unterstützung an, um die Folgen ihrer eigenen Industrien zu mildern. Echte Wiedergutmachung sollte über Flickschusterei hinausgehen und die Form einer strukturellen Wiedergutmachung annehmen, die die Autonomie der Gemeinschaften wiederherstellt, anstatt den Kreislauf der Ausbeutung zu verfestigen.

Zurück in Ulaanbaatar beleihen ältere Menschen ihre Rente, um sich das traditionelle Neujahrsessen leisten zu können. Die Inflation steigt weiter und vergrößert die Kluft zwischen der Ober- und Mittelschicht, die Wärme und Überfluss genießt, und den Menschen im Ger-Viertel, die ums Überleben kämpfen. Und doch kreuzen sich die Wege aller Stadtbewohner*innen, ob sie nun in überfüllte Busse gepfercht sind oder bequem in beheizten Mercedes sitzen – und atmen die gleiche giftige Luft.

Jugendliche träumen von einer U-Bahn, Lehrer*innen von besseren Gehältern und fast jeder wünscht sich saubere Luft und erschwingliche Lebenshaltungskosten. Trotz der landschaftlichen Schönheit ist die harte Realität in der Mongolei nicht zu leugnen: Die Luftverschmutzung ist eine Wahrheit, die viele akzeptiert haben, sich aber immer noch schämen, sie der Welt zu offenbaren. Kinder werden mit ihr geboren, leben mit ihr und sterben auf tragische Weise an ihr. Mit dem Beginn des neuen Mondjahres, das die Hoffnung auf Gesundheit und Wohlstand bringt, wird auch ein Systemwandel gefordert – ein Wandel, der über ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ und ‚ethische Zusammenarbeit‘ hinausgeht.

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