Ich habe ein sehr enges Verhaeltnis zum Wasser. Auf dem mecklenburgischen Pfarrhof, auf dem ich aufwuchs, war ein kleiner Tuempel, der ganzjaehrig Beschaeftigung ermoeglichte. Spaeter dann lange Familienurlaube an mecklenburgischen Seen oder der Ostseekueste, das hat immer etwas mit Wasser zu tun gehabt. Seit langem lebe ich nun nicht weit von der Ostsee, die gehoert ganzjaehrig zum >Naherholungsgebiet<. Erinnerungen an erste Schwimmversuche fallen mir nicht ein, das muss irgendwie sehr schnell gegangen sein, anderenfalls gaebe es sicher derartige Erinnerungen. Tauchtraumata? Keine Traumata! Doch unter dem Wasser sollte es klar und hell sein, d.h. die dunkle Tiefe meide ich schon.
Was Badewannen angeht, so faellt mir eigentlich nur der alljaehrliche Sylvesterkarpfen ein, der i.d.R. ein bis zwei Tage vorher gekauft wurde und dann bis zum Beginn der Zubereitung in der Badewanne >frisch< gehalten wurde. Das war schon interessant - widersprach jedoch sicher heutigen Vorstellungen zur artgerechten Haltung, und, im Gegensatz zur >Weihnachtsgans Auguste<, gab es auch keine Versuche der Familie den Karpfen vor seinem Schicksal zu bewahren. Wir hatten immer viele Tiere im Haus, sowohl waehrend meiner Kindheit, als auch mit den eigenen Kindern - da gab es dann auch das Aquarium, zumeist jedoch nur mit sehr robusten Arten [Gubbies u.ae.]. An besondere Gefuehle kann ich mich bei diesen heimischen Aquarien eigentlich nicht erinnern, sehr wohl jedoch an die wunderschoenen bunten und artenreichen Aquarien z.B. im Stralsunder Meereskundemuseum. Oder die besonders naturnah gelungenen Varianten im Muerizeum [Waren]. Mit aquatischer Biodiversitaetsforschung zu beschaeftigen begonnen habe ich mich bereits waehrend meiner Diplomarbeit ueber die saisonale Dynamik des Phytoplanktons der zentralen Ostsee, spaeter dann mit der Promotion zu Beziehungen von Mikroalgen der Warnow [Ostseezufluss, muendend in Warnemuede] zur gemessenen Gewaessergueteparametern dieses Gewaessers. Immer ging es um die Vielzahl der einzelnen Arten dieser Lebensraeume und deren Reaktion auf konkrete Umweltfaktoren, und, es war uns schon klar, dass Artenvielfalt zumeist ein Guetekriterium darstellt. Die Einschraenkung >zumeist< ist notwendig weil es auch natuerliche Gemeinschaften gibt, die sich eher durch eine geringe Artenvielfalt auszeichnen. Als sog. >Horrorhalinicum< bezeichnete Remane den schwankenden Brackwasserbereich um circa 5 - 15 Prozent Salzgehalt, den Bereich, in dem nur Spezialisten lebensfaehig sind: den Suesswasserorganismen ist es zu salzig, den marinen Organismen ist es zu suess. Das haengt mit dem Phaenomen der Diffusion zusammen, d.h., das umgebende [suessere] Wasser stroemt in den Organismus [der eine hoehere Ionenkonzentration aufweist] oder dem Organismus wird durch die hoehere Ionenkonzentration der Umgebung das Wasser entzogen. Im ersten Fall droht der Organismus zu platzen, im zweiten Fall zu schrumpfen. Lebensfaehig sind hier nur Organismen mit einer funktionierenden Osmoregulation. Die Problematik liegt vor allem in der Schwankung der aeusseren Bedingungen, so wie sie in Flussmuendungsgebieten auftreten koennen - der Koerper muss permanent gegensteuern - das verlangt ein Spezialistentum. Diese Lebensraeume sind deshalb natuerlich eher artenarm. Also, bereits sehr lange Beschaeftigung mit der Biodiversitaetsforschung - nur, vor 20 Jahren hat das noch niemand so genannt, es ging und geht um die spezielle Botanik bzw. der angewandten Oekologie, d.h. es geht um konkrete Arten [Spezies] und deren Reaktion auf konkrete Umweltparameter. Besondere Faszination geht von der Tatsache aus, dass in der Natur eigentlich jede denkbare [und auch solche, die bisher nicht gedacht wurden, nach Enddeckung derselben jedoch zumeist zu den verstaendlichen zu rechnen sind] oekologische Nische von entsprechend angepassten Organismen besetzt ist. Das ergibt eine unermessliche Vielfalt an Organismen und realisierten Funktionen und Faehigkeiten auf dem gesamten Planeten, nicht nur im Wasser. Tatsache ist jedoch auch, dass eine Veroedung der Natur zu einer Vereinheitlichung und damit zu einer Verarmung an diesen Moeglichkeiten fuehren wird. Wir schaffen durchaus neue Habitate, im Gegensatz zur natuerlichen Diversitaet sind diese jedoch sehr einheitlich und verbrauchen gleichzeitig die natuerliche Vielfalt der Lebensraeume und damit potentielle und reale Nischen fuer eine Vielzahl von Organismen. Jeder moechte in einem sauberen und klaren Wasser schwimmen oder noch selbstverstaendlicher: sauberes und keimfreies Wasser trinken. Wer will, kann sich jedoch darueber informieren, wie viel Wasser bei der Produktion ebenfalls notwendiger bzw. gewuenschter Artikel verbraucht, d.h. i.d.R. verschmutzt wird. Im Verlaufe des vergangenen Jahrhunderts haben wir lernen muessen, dass die jahrhundertelange Praxis der Rueckgabe dieser Verschmutzungen ins Wasser bei den aktuellen Mengen nicht mehr funktioniert - das durchaus vorhandene Selbstreinigungspotential des Wassers, das sich aus der Abbauaktivitaet der im Wasser lebenden Organismen erklaert, ist ueberfordert - bedenkenloses Schwimmen und Trinken sind gefaehrdet. An kleineren Seen mit geringem Frischwasserzulauf merkte man es zuerst, in reichen Laendern konnte man auch zuerst diese Probleme loesen [z.B. Ringleitungen um verschmutzte Alpensee halten die Abwasser fern]. Das schliesst jedoch nicht aus, dass auch in reichen Laendern noch immer Teile der Abwasserlast nur weiter entfernt, z.B. in Tiefseegebieten entsorgt werden. Im industrialisierten Europa sind kaum noch Gewaesser zu finden, die Referenzbedingungen aufweisen, d.h. deren Lebensgemeinschaften den urspruenglichen Bedingungen entsprechen. Es ist unsere Aufgabe, diese Bedingungen wieder herzustellen. Ich habe bereits betont, dass es unsere Aufgabe ist, die Nutzbarkeit des Wassers durch Verbesserung der Qualitaet aller Gewaesser wieder herzustellen. Es reicht nicht, einigen wenigen die Moeglichkeit der Herstellung von Trink- und Badewasser zu ermoeglichen. Die Nutzung von Wasser als Lebensmittel und Freizeitgegenstand ist ein Grundrecht fuer jeden und muss in dieser Weise auch fuer jeden durchgesetzt werden. Das schreibt sich so leicht und klingt auch ganz selbstverstaendlich, die Realisierung dieses Satzes ist aber eines der dringendsten Probleme der Menschheit; jeder der sich mit der globalen Wasserverteilung, vor allem der Verteilung nutzbaren Wassers beschaeftigt weiss: Die naechsten Kriege werden [auch] um Wasser gefuehrt.