What can I say? Mir fehlt manchmal das richtige Wort. Ich habe mich vor kurzem mit Freunden in einem mexikanischen Restaurant getroffen. Unter uns gab es zwei Mexikanerinnen, eine Deutsche, einen Chilenen, und mich, die Deutsche und Amerikanerin. Mit Isabel redete ich hauptsaechlich auf English, manchmal kurz auf Deutsch, mit Ursi meistens auf Deutsch, aber auch kurz auf Englisch, mit Isabels Schwester nur Englisch, mit Rodrigo nur Deutsch, und zur gleichen Zeit nahm ich mir vor, so viel wie moeglich auch die vielen spanischen Ausdruecke mitzubekommen. Zum Glueck haben wir nicht auch noch franzoesisch geuebt.
Als die gefuellten Tortillas ankamen, kam es bei mir zu einer Spaltung zwischen Erkennung eines Objektes [die BOHNEN in den Tortillas, unter dem Guacamole und dem Kaese] und dem sprachlichen Ausdruck dieses Objektes [>das sind BOHNEN< oder >those are BEANS<]. Um das Konzept der Bohnen innerhalb des Tortillas auszudruecken, gestaltete ich unbewusst eine sprachlich Mischform: >Those are BIENEN.< Kopfschuettelnd korrigierte ich mich: >No, those are BONES,< und dann endlich: >No, I mean BEANS! BOHNEN! Not BEES AND BONES!< Bohnen, Bienen, Beans, Bones, Knochen, Bees - alles nur um den Namen eines Legumens zu kommunizieren. Welcome to my life: eine von einer sprachlichen Mischform gepraegte Existenz, die zwischen den Gedankens- und Ausdruckswelten der deutschen und US-englischen Sprachen hin- und herschwebt, springt und ruht. Manchmal gehoeren meine Gedanken und meine Ausdruecke zu nur einer Sprachwelt, z.B. wenn ich laengere Zeit in New York bin. Doch sobald ich mich wieder in Berlin befinde, faengt die sprachliche Zwie-spaltung wieder von vorne an. Kein Wunder, dass ich eine Doppel-Sprachwelt bewohne: Ich bin in Bonn als Kind einer deutschen Mutter und einem amerikanischen Vater geboren. Die ersten drei Jahre meines Lebens pendelten wir zwischen Bonn und Washington D.C. und die naechsten zehn Jahre verbrachte ich auf der Deutschen Schule Washington. Dann habe ich eine amerikanische High School besucht, darauffolgend einen B.A. an der New York University abgeschlossen und befinde mich im Moment wieder in Berlin, um mein Magisterstudium weiterzumachen. Obwohl wir zu Hause ueberwiegend Englisch gesprochen haben, haben meine Schwester und ich jede Moeglichkeit genutzt, die >Geheimsprache Deutsch< in oeffentlichen Rauemen, d.h. Kaufhauesern oder Kinos, zu verwenden [ob sie in den USA wirklich so geheim ist oder nicht, ist eine andere Frage]. Die deutsche Kultur und die deutsche Sprache haben fuer mich immer eine wichtige Rolle gespielt: Sie waren und sind ein Teil von mir, von meiner Identitaet. Selbst meine Bewerbung an die NYU enthielt einen Aufsatz ueber meine deutsch-amerikanische Identitaet. Am Ende des B.A. Studiums hiess meine Thesenarbeit >Cross-Cultural Dialogue through Film and Literature.< Die Entscheidung in Berlin Filmwissenschaften, Publizistik und vergleichende Literaturwissenschaft weiterzustudieren, ist eine natuerliche Fortfuehrung dieses Themas. Nur druecke ich ploetzlich wieder alles auf Deutsch aus, und muss mich erneut in der deutschen Kultur zurechtfinden. Ohne wieder auf Deutsch zu studieren und zu arbeiten wuerde mir etwas fehlen. Wuerde eine Unausgeglichenheit innerhalb meiner Sprachwelten entstehen? Wuerde ich die Faehigkeit verlieren, meine Gedanken in der fuer mich praezisen und ausfuehrlichen deutschen Sprache einzuordnen? Oder bleiben Sprachen und kulturelle Denkstrukturen gespeichert? Sprachwelten sind fuer mich Kulturwelten, die ihre eigenen gesellschaftlichen Regeln und Denkweisen enthalten. Was passiert, wenn man diese unterschiedlichen Welten in einen Dialog bringt? Mit meiner Initiative, The Culture Collective, versuche ich eine Kuenstler-Plattform aufzubauen, die einen inter-kulturellen Dialog foerdert. Ich lade Kuenstler ein, durch ihre Kunst einen Teil ihrer eigenen Umwelt zu zeigen. Fuer das jetztige Projekt suche ich eine bunte Mischung aus Berliner Kuenstlern. Das Ziel ist, naechstes Fruehjahr eine Ausstellung gegenwaertiger Berliner Kunst in der New Yorker MILK GALLERY [milkstudios.com] ins Leben zu rufen. Viele New Yorker sind neugierig auf die Stadt Berlin und kennen sie kaum. Sie assozieren mit Berlin oft eine bestimmte Aesthetik und Atmosphaere: eine von Techno-Musik gepraegte, >Lola rennt<-artige Stadt, die eine komplizierte Geschichte hinter sich hat. Vielleicht haben sie auch mal die Fotos von Hedi Slimane gesehen. Doch wie sieht es in Berlin heute wirklich aus, und wie setzen sich Berliner Kuenstler mit dieser Kultur auseinander? Was gibt es fuer Berlin-Kultur[en]? Die wenigsten Menschen ausserhalb Berlins koennten sich vorstellen, dass eine tuerkische Population einen wichtigen Einfluss auf die Stadt ausuebt, dass am 1. Mai Autos in Flammen gesetzt werden, oder dass das >Fete de la Musique< von vielen Leuten mehr gefeiert wird als das Oktoberfest. Kuenstler aus Berlin werden zwar nicht die gleichen Aussagen machen, doch sie werden alle von dieser Stadt, und von der deutschen Kultur beeinflusst. Sie werden durch die deutsche Sprache verbunden. In diesem kulturellen Austausch-Projekt geht es nicht darum, eine einzige Perspektive der Berliner Kultur darzustellen, sondern die Kultur[en] Berlins aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, um einem New Yorker Publikum ein vielschichtiges und unerwartetes Bild der Stadt zu zeigen. Waehrend der Gestaltung dieses Projekts werde ich zwischen diesen zwei Sprachwelten hin- und herschweben muessen. Die deutsche Sprache wird mir dabei einen Eingang in die Berliner Kulturwelt ermoeglichen, um diese Erfahrungen wiederum der New Yorker Kulturwelt mitteilen zu koennen. Was werden Berliner Kuenstler ueber ihre Kultur ausdruecken wollen, und wie werden sie ihre Ideen zum Ausdruck bringen? Wie werden New Yorker diese kuenstlerischen Ausdruecke annehmen? Auf diese Fragen kann es noch keine Antworten geben; doch wir koennen einen Dialog ermoeglichen. In den kommenden Monaten werde ich meine deutschen Sprachkenntnisse dazu verwenden, die richtigen Kuenstler fuer das Projekt zu finden, Sponsoren zu interessieren, Filmwissenschaft zu studieren, und versuchen, auf interessante Art eine neue Verbindung zwischen zwei Kulturen aufzubauen. Zwischendurch werde ich mich von Bienen und Bones ernaehren.