Nie wird so viel gelogen wie nach der Jagd und vor der Wahl. Diese Feststellung stammt von jemandem, der es wissen musste: Bismarck. Heute wird da nicht mehr ganz so dreist gelogen wie damals – aber gebogen, so dass der Anachronismus nicht mehr weit scheint. Auf den Strassen sind gelbe Plakate zu sehen mit einem schoenen Allgemeinplaetzchen: >Arbeit muss sich wieder lohnen.< Soweit, so gut. Dieser Claim ist so konsensfaehig, dass so ziemlich alle von NPD bis MLPD damit werben koennten. Die meisten trauen sich das aber heute schon lange nicht mehr. Die FDP schon.
Mir stellt sich dann die Frage, was mensch unter lohnen versteht? Die Wortverbindung zwischen lohnen und dem Lohn – also mehr warmen Zaster fuer gutes Tagwerk – kann in Verbindung mit der FDP nur als schlechter Treppenwitz gelten. Keine Mindestloehne – die gehen ja gegen das grosse Gut – die Freiheit. Freiheit soll sich auch lohnen, schliesslich sind die Gelben ja die Partei der Anwaelte und Apotheker. Falsch ist es nicht, dass viel Arbeit und Verantwortung auch viel fuer das Individuum einbringen muessen. Aber Eigentum verpflichtet nunmal auch. Damit sind auch Faehigkeiten und Einkuenfte gemeint. Fuer Mitbuerger, die sich nur selbst sehen gibt es in der Soziologie ein schoenes Wort: asozial.
Es muss sich mehr lohnen zu arbeiten, als nicht zu arbeiten. Das ist auf Grund des schmerzlichen Sozialabbaus jetzt schon so. Mit anderen Worten: Die FDP macht Wahlwerbung mit einem Ist-Zustand den sie erstens nicht mitgestaltet und zweitens in 16 Jahren Kohl nicht angeschoben hat. Ungleichheit lohnt sich. Von unten betrachtet zwar nicht – aber welches Konzept ist schon fehlerfrei? Im Grunde genommen bleibt doch die Westerwelle-Partei streng vor sich selbst. Gerade, mit dem Slogan, dass sich Arbeit lohnen muesse: Schliesslich schreiben sie ja nicht dazu, fuer wen.