Was haben ein Ressortleiter, eine Kuenstlerin, ein Literaturprofessor und ein Philosoph gemeinsam? Sie alle waren bei der Berliner Gazette-Podiumsdiskussion >Weiche Macht< dabei. Es ging um die Kultur des Gemeinsamen und das Gemeinsame der Kultur. Gibt es so etwas und wie funktioniert es? Wird Kultur als Ware ueberbewertet? Oder als >Weiche Macht< unterbewertet?, zumal sie Mauern einzureissen vermag und vieles mehr. Kann sie aber auch Gemeinschaft stiften? Und zwar anders als im Kommunismus oder im Anden-Staat? Kann sie eine Gemeinschaft stiften, die den komplexen Verhaeltnissen einer globalisierten Welt gerecht wird? Die Podiumsdiskussion begab sich auf Spurensuche.
Die Kuenstlerin Marianne Eigenheer sprach ueber ihre aktuelle Videoarbeit, die sie gerade in der Townhouse Galerie in Kairo zeigt. Bilder von leeren Stuehlen in den Strassen Kairos hat sie eingefangen. Stuehle, die fuer die maennliche Dominanz im oeffentlichen Raum stehen – Kultur des Ausschlusses, Kultur des Sichtbarmachens. Von Kairo ging es mit Bernd Hueppauf nach New York City, wo die Kultur der Grossstadt im Zeichen eines immerwaehrenden Verdraengungsprozesses steht. Seit 9/11 aber entsteht hier ein kollektiver Speicher; Gemeinschaft wird nicht mehr ausschliesslich ohne Gedaechtnis gestiftet. Andreas Fanizadeh von der taz fuehrte schliesslich in die Subkultur Santiago des Chiles.
Der Begriff der Subversion tauchte auf und die Frage: An welchen Orten dieser Welt kann Kultur noch subversiv sein? Ist das die weiche Macht der Kultur, die Moeglichkeit der Subversion? Sind es vielleicht Momente des Fluechtigen und des immer wieder neu Entstehens von Kultur, wie es der Philosoph Jens Badura vorschlug, die das Gemeinsame der Kultur ausmachen und die den Menschen erst zum Menschen machen? Kultur macht vor allem Raeume auf, Moeglichkeits- raeume wie Fanizadeh es nannte. Raeume in denen etwas entstehen kann, ob subventioniert, subversiv, experimentell oder fluechtig. Diese Moeglichkeitsraeume der Kultur koennen ueberall auf der Welt entstehen. [Bilder des Abends hier]
Herzlichen Dank für gestern abend, auch wenn es etwas anstrengend war, denn da scheinen einige sehr verschiedene Welten zusammengekommen zu sein… Ich hoffe, es gab doch Einiges, dass der weiteren Diskussion nützlich sein kann. Ich selber habe für mich gemerkt, dass ich mich doch weit entfernt habe
von theoretischen Diskursen und wohl in einer etwas anderen Welt lebe, da ich mit so vielen verschiedenen Menschen im dauernden Kontakt bin, die aus den verschiedensten Kulturen,Religionen und Gesellschaften kommen, die aber doch ein Interesse eint, sich damit zu beschäftigen, was man bildende Kunst nennt.
Was mir auch auffiel, ist, dass wir ,die doch in einer extremen “Ich”-Gesellschaft leben, seit der Aufklärung, wir doch nicht viel davon wissen, wie es in “Wir”-Gesellschaften zugeht, auch der Umgang mit Kultur und Kunst, die da dann zwar eine ähnliche Aufgabe haben, aber anderes angegangen werden, auch wenn der Wunsch, in die westliche Kunst-Welt aufgenommen zu werden, stark ist, da da auch die Möglichkeit besteht, Geld zu verdienen und bekannt zu werden. Die wichtigste Frage isrt im Augenblick auch die, wie es gelingt, Traditionen, die immer noch wichtig sind, also keine Folklore, mit der heutigen Welt zu verbinden, mit der allgegwnwärtigen Information, der virtuellen Gemeinschaften, die “undercover” doch viel enger und nachhaltiger sind, als vor allem “meine Generation” es sich überhaupt vorstellen kann.
noch was zum Thema von communication, die communities schafft …
nichrt nur verbal sondern auch visuell:
Fast zwei Drittel der Menschen mit Mobiltelefon
Freitag 26 September 2008 – 14:35
Das Handy-Netz wird weltweit immer engmaschiger: Noch vor Ende Jahr dürfte die Zahl von vier Milliarden Mobiltelefon-Abonnemente übertroffen werden, wie der Internationale Fernmeldeverein (UIT) in Genf bekanntgab. Damit sind 61 Prozent der Weltbevölkerung mit dem Mobiltelefon erreichbar. Im Jahr 2000 waren es erst 12 Prozent gewesen; die 50-Prozent-Marke wurde laut UIT Anfang dieses Jahrs erreicht. Von 2002 bis 2008 betrug die jährliche Wachstumsrate 24 Prozent.
Die Zahl von vier Milliarden Abonnemente heisst allerdings nicht, dass vier Milliarden Menschen ein Handy besitzen, wie der UIT schreibt. Wie viele auf diesem Planeten ein Mobiltelefon haben, lässt sich schwer feststellen: Während die einen mehrere Handys benutzen, teilen sich andere das Gerät. Das Mobiltelefon ist nicht mehr ein Privileg reicher Länder, in Entwicklungsländern dürfte bis Ende Jahr im Schnitt rund die Hälfte der Bevölkerung ein Handy besitzen, wenn jedes Abonnement einem Benutzer entspräche. China zählte Mitte Jahr 600 Millionen Abonnemente, Indien 296 Millionen, Brasilien hat soeben die Marke von 100 Millionen Abonnemente durchbrochen.
In London gab es eine Podiumsdkission
am 03.08.08. unter dem Titel “The Assault on Culture”:
Does private-public funding and management of culture mark the death of institutional and critical autonomy? And is direct censorship an anomaly, the most visible form of a wider constriction of cultural freedom, or the shape of cultural policy to come? [ ]Does commercialisation enhance or corrode critical culture? Why does an institutional turn to openness, collaborative and politicised art practices coincide with privatisation? And how will capitalist crisis impact on arts funding and cultural practice a shift from radical reformism to conservative reaction or revolutionary refusal?
Die Frage nach dem Gemeinsamen der Kultur scheint der Sehnsucht nach der Leitkultur entgegenzuarbeiten. Genauer betrachtet, geht es aber um Vielfalt – und zwar in einer anderen Form als im Konzept der Multikultur. Wir brauchen eine Kultur, die nicht Ware, nicht Bild, nicht Gedächtnis ist, damit eine Gemeinschaft gestiftet werden, die sich frei macht von dem Regime des Waren-, Bilder-, und Erinnerungsdenkens. Ich stelle mir Kultur nicht als Gegenstand, sondern als das gestaltete WIE aller Beziehungen vor. Als etwas, dass sich in der Beziehung, in der Kommunikation ergibt, ereignet, eröffnet…
Sigmund Freud:
Es ist die Hauptaufgabe der Kultur, ihr eigentlichster Daseinsgrund, uns gegen die Natur zu verteidigen.
Dietmar Dath in Le Monde diplomatique, 11.4.2008:
Der Grund dafür, dass man sich als linker Europäer die inoffizielle Kultur aus derselben Gegend holt wie die offizielle, liegt auf der Hand: Vor Ort, im Herzen des Ungeheuers, lässt sich eben schneller jene Versiertheit im Umgang mit der offiziellen Kultur erwerben, die allein befähigt, ihr etwas Zündendes entgegenzusetzen, sei es Parodie oder Satire, sei es eine segensreiche oder noch drögere Alternative (Indie-Rock, um Gotteswillen), sei es offener Widerspruch.
Eine gute Runde, bunt gemischt. Interessiert und informiert. Mir ist – wieder einmal – aufgefallen, wie kompliziert das Thema “Kultur” ist, und dass wir gar nicht wissen, wovon wir dabei sprechen. Dfür haben wir ganz ordentliche Gedanken geäussert, scheint mir.
Wer Kultur nochmal neu denkt und auffächert und darauf kommt, dass man sich gar nicht so sicher sein darf darüber, was das eigentlich ist Kultur, dann stellt man wohl oder übel auch fest: Was Gemeinschaft, die die Kultur stiftet, ist auch nicht so sicher. Alles muss (neu) verhandelt werden.
Ich konnte leider nicht kommen; aber die Bilder zeigen eine nette Veranstaltung und ein nettes Publikum. Wieviel Leute waren eigentlich da?
@SF: unter 40 Besuchern wurden die aktuellen Bücher der Referenten verlost. 2-3 hatten an dieser Aktion nicht teilgenommen. Also ca. 45.
Es war eine wirklich gelungene Veranstaltung, auch wenn ich gerne die Gelegenheit gehabt hätte, mitzudiskutieren. Das ist kein Vorwurf an die Struktur!