Noch zwei Menschen steigen ein, draengeln ein wenig in den dicht gedraengten Waggon nach hinten durch und koennen noch mitfahren. Vier weitere Menschen eilen zum Zug, drehen und schieben sich mit dem Ruecken zu den Insassen hinein. Nach einer Weile erscheinen weitere sechs Menschen, die sich mit Aktentasche, Anzug und Kostuem in die enge Menschenmasse hineindraengen und in ihr verschwinden wie in Treibsand. Erstaunlicherweise passen anschliessend noch drei weitere Menschen hinein, dann endlich schliesst die Tuer mit Hilfe eines Bahnmitarbeiters, der die Menschen hineinschiebt, um dann bei Abfahrt zu salutieren.
Wir kennen diese Bilder aus Japan und haben sie schon x-mal belaechelt, aber das ueber fuenfminuetige Video mit dem unaufgeregten Titel >On a Wednesday Night in Tokyo< von Jan Verbeek bannt die Zuschauer durch seine unspektakulaere, langsame und ironische Beobachtung des immer wiederkehrenden Unvermeidbaren. Bianca Radziwanowska hat dagegen das >Universum< von Zwischenraeumen, von japanischen Abstellkammern, Fluren, Treppenhaeusern und kleinen Kellern in ihrer Negativ-Print-Serie >Zwischenraeume< ausgeleuchtet. Stuehle, Draehte, Kisten und Haushaltsgegenstaende werden zu Alltags-Skulpturen des Dahingestellten oder Abgestellten, des Weggeworfenen und Nicht-Beachteten. Die Fotoserie >Vehikel< von Moritz Fehr [siehe Bild] zeigt ebenfalls Skulpturen von mit einer ausgekluegelten Falttechnik zusammengelegten Provisorien obdachloser Menschen in Tokyo. Sobald der Kaiser erscheint, muessen sie ihre temporaeren Wohnplaetze zu Vehikeln zusammenlegen, um mit ihnen umherziehen zu koennen. Haeuser werden zu Vehikeln, zu fahrbaren Skulpturen. Neben ein paar Perlen, bietet die Ausstellung >Hyper Cities Ueber Staedte< wenig mehr als rote Lampions an Tempeln in China, kleine Boote aus Vietnam mit Reisbauern und eben auch die genannten U-Bahnfahrer-Bilder aus Japan.
Wer sieht wen warum und in welcher Hyper-City hinterfragt man schon nach kurzer Zeit nicht mehr, es ist eine Ausstellung ueber alles und nichts. Erfrischung gibt es erst wieder, als ein chinesischer Cowboy eine Mischung aus chinesischem Operngesang und Square-Dance-Lied auf einer Buehne stehend mit der Gitarre in der Hand anstimmt. Aber zum Lachen ist das Video >To Build Zheng Daoxing Concert Hall< von Xu Tan [2003/04] nicht, die Untertitel klaerten den Betrachter darueber auf, dass der Saenger mit 55 Jahren fast pleite ging und das Singen daher sein harter Broterwerb ist: Alles oder nichts.