Am Sonntagmittag, frisch geduscht, nach dem Frühstück und der Zeitungslektüre, gehen wir ins Berghain. Der Eintritt kostet noch immer 12 Euro, aber es gibt keine Schlange mehr. Der Türsteher guckt ein bisschen komisch, lässt uns aber rein. Ich in meinem grauen Kleid aus Baumwolle und schwarzen Stiefel sehe eher aus, als sei ich auf dem Weg zur Sonntagsmesse, und nicht zu einer harten Technoparty. Wie es drinnen wohl sein wird, so am hellichten Tag?
Der Tag wird zur Nacht
Meine Uhr zeigt 12 Uhr mittags, im Berghain aber ist Zeit keine Dimension. Hier bleibt sie einfach stehen, hier ist immer Nacht, hier ist es immer laut und dunkel. Hier kann man tanzen bis zum umfallen, und selbst dann kann man immer wieder aufstehen und weitertanzen, denn die Musik hört nie auf, der Tag fängt nie an und alles andere ist nicht mehr relevant. Die Tanzfläche ist voll, sowohl unten als auch in der Panorama Bar. Ich beobachte Tanzende, die die Augen nicht mehr aufkriegen, aber den Beat noch zu spüren scheinen, sich immer weiterbewegen. Es ist die Dial Nacht, die mindestens 24 Stunden dauert.
Eine andere Welt
Ich sehe einen Arbeitskollegen, er erkennt mich nicht. Einer dieser potenziellen Airen-Männer, der tagsüber im Anzug wichtige Entscheidungen trifft, nur mit Business Class fliegt und ständig gegen die Zeit kämpft, immer in Eile ist, immer zu wenig schläft und die Welt immer mit müden Augen betrachtet. Es sei denn, er ist im Berghain. Hier ist er gelassen, energetisch, lebensfroh. Wie alle anderen.
Die Musik ist tief, melodisch, und es ist unmöglich, nicht zu tanzen. Ich trinke Afri Cola, genieße die Nacht am Tag und die sorglosen Leute. Jemand versucht, mich zu umarmen, viele lächeln mich an. Nach circa drei Stunden non-stop tanzen sind wir ziemlich müde und entscheiden uns, zu gehen. Am Ausgang lacht uns der Türsteher aus: “Das war ein kurzer Besuch, so richtig gelohnt hat sich das nicht”.
Zurück in die Realität
Der Tag geht weiter, draußen regnet es. Diese drei Stunden aber waren wie von einer anderen Welt, in der sich die wilde Nacht mit dem blassen Tag an der Bar trifft. Ich bleibe bis zum Ende des Tages leicht hypnotisiert. Oh doch, gelohnt hat es sich auf jeden Fall!
Gut, das du mich nicht entdeckt hast… dort :-) Aber treffend beschrieben, es ist wohl schon so im Berghain. Zumindest wenn man eine normale, angenehme Zeit verbringt und nicht, wie der von dir so schön angeführte Airen, das toxische Selbstzerstörungs- und Darkroomprogramm durchlebt!
3 Stunden reichen vollkommen aus!
aussteigen aus dem alltag, und das am sonntag, das klingt nach luxus : )
Hey, da war ich auch! Rodrigo war klasse!
Ich gehe nicht in Clubs, schon gar nicht am Sonntag – da sollte man lieber in die Kirche gehen! ;)