Globalisierung? Ein Wort mit dem hoechsten Inflationswert und der groessten Unschaerfe, je oefter es benuetzt wird. Fuer mich ist die Globalisierung ein Ohnmachtsbegriff, mit dem man sich einem weltweiten Spekulantentum moderner Raubritter unterwirft. Eine Mischung aus Dummheit, Gier und moralischer Verarmung.
Unfaehige Manager verwenden die Globalisierung ebenso als Ausrede wie hemmungslose Energiekonzerne, sich krebsartig verbreitende Billigstketten, spielwuetige Derivathaendler, zynische Immobilienspekulanten, Banker, Lobbyisten und Geheimdienste. Sogar Politiker entschuldigen sich damit leider kann man nichts oder nur wenig tun, weil es dummerweise die Globalisierung gibt!
Wer die Welt als seine Heimat bestimmt, muss sich nicht fuer seine persoenliche Umgebung verantwortlich fuehlen. Er macht Gewinne um jeden Preis, nach dem idiotischen Motto: Wenn ich es nicht mache, tut es ein anderer. So haben Waffenhaendler schon zu allen Zeiten ihre Unterstuetzung von Kriegen bemaentelt, und so argumentieren internationale Finanzspekulanten, Warentermingeschaeftsleute und Hedge Fonds. Was die Globalisierung vom Manchesterkapitalismus unterscheidet, ist nur die Geschwindigkeit und die Grenzenlosigkeit, mit denen Kapital akkumuliert wird, meist ohne Deckung von tatsaechlichen Werten wie Arbeit oder Produktion. Dabei ist die Globalisierung keine Erfindung des 21. Jahrhunderts.
Die >Goldenen Zeiten< des Kolonialismus, zu denen sich aus Glasperlen Gold machen liess, kommen nur in anderem, modernen Gewand wieder. Modern ist, wenn alles, was geht, auch realisiert wird. Anything goes, und wenn wir es nicht machen, macht es eben ein anderer. Im Zweifel ein Amerikaner oder ein Chinese. Stammzellen, Klone, Plutonium, Gifte, Waffen ist doch alles nur Handelsgut. Aber davon wissen natuerlich die einfaeltigen Waldbewohner nichts, all die Tiere, die seit Aesop und Horaz als Beispiele fuer menschliches Versagen herhalten muessen. In den Fabeln naemlich, die seit jeher als moralische Instanz galten, Missstaende aufzeigten und auf einfachste Weise belehrten. Wenn jedoch die moderne Zeit mitsamt ihren Problemen in den Wald einzieht, wird daraus keine >Animal Farm 2008<, [nur zur Erinnerung, Orwells geniale Erzaehlung geisselte den Stalinismus] sondern ein Abbild der Gier, Dummheit und Aufgeregtheit, die in der Menschenwelt Einzug gehalten haben. Die Tiere sehen sich ploetzlich mit Energiekrise und Arbeitslosigkeit konfrontiert, mit Entfremdung und Automatisierung, Medienwahn und Konsumterror, mit Kommunikationsflut und inhaltlicher Leere, mit Lebenscoaching und Sinnverlust. Und nachdem sie brav alle Neuerungen angenommen haben, werden sie von denselben Beratern, die sie ins Chaos getrieben haben, belehrt, sich doch wieder auf ihr >Kerngeschaeft< zu besinnen. So wird der neue Wald wieder zum alten eine Aussicht, die den Menschen jenseits dieses Fabelwaldes vielleicht Hoffnung bedeuten koennte, aber wahrscheinlich keine echte Option, die sie ergreifen koennen. Aus einer Fabel kann man nicht unbedingt lernen, wie man sein Leben umgestalten kann, aber wenigstens lassen sich damit manche Entwicklungen als das erkennen, was sie sind: heisse Luft und hohle Phrasen. [Anm. d. Red.: Der Verfasser dieses Beitrags ist Autor zahlreicher Buecher, darunter >Unser Wald muss moderner werden< [Knaur, 2008].]
Fabeln sind, so verstehe ich deren Sinn, in brisanten Zeiten eine Möglichkeit gewesen, Misstände als solche und ihrer Verursacher präzise zu benennen und öffentlich zu machen und was dabei wichtig war und ist, sie brauchen immer ein Publikum.
Die guten und ehrlichen Motive der Verfasser will dabei ich nicht in Zweifel ziehen. Wir sollten uns jedoch nichts vormachen, auch Fabeln transportierten und transportieren immer schon die moralischen Vorstellungen derer, die sie verfasst haben. Dass sich die Verfasser auf der Seite derjenigen wähnten und wähnen die das Recht und die Wahrheit gepachtet haben, soll nicht diskutiert werden. Ob es sich tatsächlich um die Wahrheit um Recht handelte, mußte und wird weiterhin die Geschichte erweisen.
Wie wäre es denn mit einer Fabel z.B. über den Kommunismus, der von seiner Grundidee, nicht nur für überzeugte Kommunisten, ein erstrebenswertes Konzept war und noch immer ist (siehe Ursprung einiger Religionen).
Hätte man diese Idee vom Störfaktor Mensch und seiner Gier nach Macht und seiner penetranten Form von Dummheit, die selbst die edelsten Gedanken missbraucht, um läppischer Vorteile willen, freihalten können, ich bin mir sicher, er hätte ein erfolgreiches Zukunftsmodell sein können, das als Grundlage für eine sinnvolle Globalisierung hätte dienen können.
Globalisierung, so wie sie heutzutage wahrgenommen wird, ist , da gebe ich ihnen Recht ist eine Zeiterscheinung. Die Grundhaltung jedoch dahinter ist nicht neu.
Wir kommen nicht daran vorbei, umzudenken, auch wenn es für uns alle sehr schmerzhaft wird, denn das wir zwangsläufig auf eine Globalisierung zusteuern macht die Tatsache, dass wir wohl noch sehr lange an unser Raumschiff Erde gebunden sind, notwendig.
Wie sonst sollte unsere Spezies überhaupt eine Chance haben auch in Zukunft diesen Planeten zu bewohnen, wenn wir es nicht schaffen sinnvoll und gemeinsam zu handeln?
Es war einmal ein Volk kleiner Nager, die nannte man Lemminge und da dieses Volk sich immer mehr vermehrte…
Hermann – J. Stumm