Welche Nationalmannschaft ich gerne im Finale gesehen haette? Ganz klar: Russlands Auswahl und ihr Spiel aus dem Viertelfinale gegen die Auswahl der Niederlande. Weil das begeistert, mitgerissen, euphorisiert und ueberrascht hat.
Vielleicht aber sollte ich einen anderen Massstab anlegen. Denn leider geht es bei einer EM und vergleichbaren Veranstaltungen [WM etwa] nicht um Fussball, zumindest nicht um Fussball als Sport. Es geht um andere Sachen. Ich meine jetzt nicht Erfolg und Effizienz, denn auch das waeren sportliche Kriterien. Ich meine etwas, dass sich ablesen laesst daran, dass vermeintlich alle die EM mitverfolgt haben, aber sich nur wenige fuer den dort dargebotenen Sport interessierten.
>Sich endlich nicht alles einfach so gefallen zu lassen!< machte der Moderator des Finales sich selbst und den TV-Zuschauern Mut, als Janssen einmal nachsetzte und den verlorenen Ball zurueckeroberte. >Jetzt koennte endlich ein Ruck durch Deutschland gehen!< Zwischendurch wurde auch Merkel eingeblendet: Mit zusammengefalteten Haenden und zerknautschter Miene musste sie miterleben, wie die Appelle des Moderators, die auch haetten ihre sein koennen, nicht in die Tat umgesetzt wurden. Es waren die schlimmsten Minuten des Spiels. Nicht, weil die deutsche Nationalmannschaft unter ihren Moeglichkeiten blieb und eine ausgeglichenere, dramatischere Partie unmoeglich machte. Sondern, weil die Interessen, die der Sport jenseits des Sports bedient in diesem Moment auf unangenehmste Weise offenkundig wurden. Es ist keine neue Erkenntnis, dass die Rede vom >wir< einem unreflektierten Nationalismus Vorschub leistet, der die Frage verschluckt, wen >wir< damit ausschliessen. Wenig ueberraschend auch, dass diese Praxis im Bekanntenkreis wie selbstverstaendlich von stupiden Ein- und Abgrenzungsversuchen begleitet war, etwa als ich waehrend des Viertelfinales in Italien war: Du bist sicherlich fuer Deutschland!? Erstaunlich fand ich aber mein Ringen um angemessene Worte, wenn es um Team-Zuordnungen ging und wie schwer es dabei war, dem Verbloedungssystem >Fussball< zu entkommen.
Podolski ist am Ball und man spricht von Deutschland ist wieder im Ballbesitz oder auch >wir gehört ja zum offiziellen, sachlichen Standard. Das ist ganz schön übel. Da schwingt mir viel zu viel Bellizismus mit drin und ohnehin zu viel Nationalismus. Kann man da nicht für eine Sprach-Modernisierung eintreten?
Es machen eben nicht nur die Massenmedien dumm, sondern auch die offizielle Sprache der FIFA, die in einer anderen Ära gemacht wurde und einer Modernisierung harrt. So geht es nicht weiter.
Als großer Deutschlandfan (also von dem Land und dem Team) kann ich die Meinung, die du hast nich nachvollziehen. Aber jeder hat ja sein Recht auf seine Meinung. Ich denke, dass solche Ereignisse Deutschland nur noch mehr zusammenschweißen und das Schöne ist, dass zu dem Wir alle dazugehören, die dazugehören wolllen. Ich schließe jedenfalls niemand aus. Was ich nicht ganz verstehen konnte ist der letzte Satz von deinem Artikel: “Erstaunlich fand ich aber mein Ringen um angemessene Worte, wenn es um Team-Zuordnungen ging und wie schwer es dabei war, dem Verbloedungssystem Fussball zu entkommen.” –> meinst du damit die Zugehörigkeit zu einem Team?
Das System Europa- und Weltmeisterschaft gehört meiner Meinung nach abgeschafft. Das ist doch total 19.Jahrhundert, wenn “Nationen” gegeneinander antreten – da werden Diskussionen ausgelöst, die man nicht mehr führen sollen müsste. Ich bin dafür, dass man eine Weltauswahl zur WM antreten lässt. Die 110 besten Spieler der ganzen Welt (natürlich soll jeder Kontinent gleichberechtig sein) kommen zu einem Tunier, die Mannschaften werden per Los zusammengewürfelt und dann bekommt man vier Wochen Zeit zum Tranieren – dann gewinnt am Ende die Truppe, die tatsächlich in der kurzen zeit das beste Team geworden ist. Ich stelle mir Poldi, Eto’o und Casillas in einem Team vor – das wäre doch klasse. Und am Ende ist jeder Gewinner!!!
Wenn “Wir” trunken im Siegestaumel unser ….schland, ,,,,schland grölen, oder gar
umschlungen oder untergehakt singen, dann entspricht das einem temporären Zeitgeist und ich glaube sogar einem ehrlich gemeinten Wirgefühl. Die Artikulation dieser Emotion entspricht dabei zwar dem Niveau zugedröhnter Ballermannbesucher, aber war was soll es denn, auch da gibt sich die Volksseele von ihrer ehrlichsten Seite.
Lassen wir doch zu, dass es diese kurzen komatösen Glücksmomente gibt, in denen aus dem allgemeinen Interesse gerückt politische und wirtschaftliche Missstände zementiert werden können,
“…hammer janix von jemerkt. Aber is ja ejaal, die machen sowieso watt se wollen.” (Wer auch immer)
Wenden wir uns wieder dem Imbissstand zu und beantworten wir die Frage der Bedienung: “Wer war die Curryurst und die kleine Pommes?” mit einem einfachen:”Ich!”