Spaziergaenge sind das ganze Jahr ueber schoen, doch besonders im Fruehling. Der Fruehlingsaufbruch zu Fuss ist unumgaenglich fuer alle, die dem Winter davonlaufen wollen. Wer ueber die erwachende Fruehlingsnatur auf dem Laufenden bleiben moechte, muss Wald- und Wiesenwege beschreiten. Mit sich selbst Schritt halten ist eine gute Uebung fuer das Erleben der Gegenwart, das oft zu kurz kommt, obwohl es so gut tut.
Das bewusste Spazierengehen eroeffnet neue Moeglichkeiten der Wahrnehmung vom Raum um sich herum – und in sich selbst.
Viele Menschen haben Navigationssysteme in ihren Autos, wissen aber nicht wohin im Leben. Ueber den Wolken gibt das Flugzeugsymbol auf der Bildschirmkarte Auskunft ueber die momentane Position. Doch der Monitor koennte irgendetwas anzeigen, es ist sowieso nicht nachvollziehbar. Der Zug bewegt sich etwas schoener, trennt den Koerper jedoch ebenso von der Bewegung. Nur beim Spazierengehen schiebt sich kein Transportmedium zwischen Mensch und Welt. Aber Geduld – wer im Fruehling mit taeglichen Spaziergaengen beginnt, wird selten vor dem Sommer die eingaengigen Effekte auch in den Phasen zwischen den Spaziergaengen spueren.
Die Gelassenheit des Spaziergaengers beruht auf der entschleunigten Erfahrung. Gehen ist langsamer als Fahren und schon im Wort Begehung steckt mehr Zeit zum Wahrnehmen als in dem der Erfahrung. Es gibt uebrigens eine Forschungsrichtung, die sich Promenadologie oder Spaziergangswissenschaft – im Englischen Strollology – nennt. Die Promenadologie ist eine der am meisten unterschaetzten Wissenschaften. Wer aus lauter Fruehlingseuphorie ein neues Studium beginnen moechte, dem sei das Einfuehungsseminar der Promenadologie empfohlen. Dort wird ganz viel spazieren gegangen.