Nach einem dieser Kamikaze-Wochenenden bei weit entfernten Freunden, in deren Verlauf man in zweieinhalb Tagen das letzte halbe Jahr nachholen muss und sich so der Alkoholkon- sum umgekehrt proportional zur Schlafdauer verhaelt, haenge ich am Bonner ZOB herum und warte auf meinen Mitfahrzentralen-Michi.
Puenktlich auf die Minute haelt ein tiefstgelegter schwarzer Golf GTI neben mir mit folgender nachrecherchierter Ausstattung: fetteste Frontschuerze mit integriertestem Spoiler und offenstem Chrom-Luftfilter, Heckschuerze mit Spoiler und verchromtestem Doppelauspuff, krassester Dachspoiler, heftigste Seitenschweller, lackierteste Leichtmetallfelgen, breiteste Sportreifen, getoenteste Scheiben, abgedunkelste Rueckblenden.
Ich denke, okay, haette ja auch gut gehen koennen. Dann geht die Tuer auf und ein blond-gegeltester, sommersprossigs- ter, stupsnasigster Junge von gefuehltesten 15 Jahren steigt aus, gibt mir die Hand, siezt mich und fragt, ob er wohl meinen Rucksack in den Kofferraum hieven duerfe. Als er damit fertig ist, gesteht er verlegen, das sei das erste Mal, dass er Leute mitnehme und wenn er was falsch machen sollte, solle ich ihm doch bitte Bescheid sagen. Aeh, ja, aber sicher, mach ich ?!?! Dann haelt er mir die Tuer auf und innen sitzt in den Schalen- sportsitzen seine doch etwas grellst geschminkte Schwester mit weisser hueftigster Jeans, Solarium-Babyspeckrolle und spitzesten Zickenpuschen, aber entwaffnend suess nervoes giggelnd.
Aufgeregt erzaehlt sie, dass sie zum ersten Mal nach Berlin fuehren und fragt, ob das da gefaehrlich sei und ob das Brandenburger Tor Eintritt koste. Als wir auf der Autobahn sind, denke ich, dass die Anlage bestimmt einen ganz guten Sound hat und frage Michi, ob er nicht mal Musik machen will. Da strahlt er und sagt, ja, klar, er haette nicht gewusst, ob ich nicht was dagegen haette. Aus den Boxen knallt der satteste Bass irgendeiner Matthias Reim-Dance-Version und Michi fragt, ob ich lieber meine Musik hoeren wuerde. Ich frage, ob er auch 100 faehrt, weil er denkt, ich koennte was gegen Schnellfahren haben. Er grinst und sagt, ja, genau. Ich sage, ich bin gerne bald in Berlin und Matthias Reim finde ich auch ziemlich cool.
Ein Genuß!