Das Tesla wird geschlossen! Grund: zu wenig Besucher. So weit so schlecht. Der Berliner Senat will stattdessen die kulturelle Bildung von Berlin staerken. Hmmm. Wie? Fast rewind and forward. Nikola Tesla ist der Erfinder des Drehphasenwechselstroms, der heute aus unserer Steckdose kommt. Wechselstrom ist die Basis der westlichen Gesellschaft und Kultur. Viele Technologien wie Fernseher, Radio, Computer, Funk, Internet, Telefon, Playstation oder die Nintendo WII Konsole basieren auf Oszillation: Wechselnde Stroeme und Spannungen. Musik beziehungsweise Sound ist dafuer das beste Beispiel.
Deshalb erklingt in Europa aus der Soundanlage manchmal, wenn was falsch verkabelt ist, ein fieser 50Hz Ton ungefaehr ein G fuer Musiker, waehrenddessen in Nordamerika ein B erklingen wuerde. Soweit so gut. Nun ist das Tesla im Podewils’schen Palais in Berlin ein Ort an dem aktuelle Medienkunst produziert, praesentiert und kritisch reflektiert wird. Medienkunst ist eine Kunstform, die sich mit aktuellen Technologien, die sich besonders gut eignen um Informationen zu speichern, uebertragen und zu verarbeiten, also mit so genannten Medien beschaeftigt und diese gleichzeitig auch kritisch reflektiert.
Berlin wird in den Kuensten gefeiert. Berlin ist das neue New York! Eine Grossstadt dieses Ausmasses kann es sich nicht leisten nur die Transmediale und andere wichtige Festivals zu foerdern. In einer Stadt wie Berlin muss vor allem an der Basis der Medienkunst, -wissenschaft und -musik gearbeitet werden. Die Ausbildungsmoeglichkeit in diesen Bereichen laesst zu wuenschen uebrig. Eher gehen die Leute nach Koeln, in die Niederlande oder wo anders hin. Nur nicht nach Berlin. >Koeln gruesst Berlin< steht manchmal kommentarlos auf Plakaten. Vielleicht ein versteckter Hinweis?
In der heutigen Informationsgesellschaft ist die kritische Beschaeftigung mit Medientechnologien unerlaesslich und muesste Teil einer kulturellen Bildung werden!
Nam June Paik hat schon vor 40 Jahren Fernsehapparate auseinander genommen und experimentierte mit verschiedenen elektronischen Bilderzeugungsverfahren – uebrigens auch in Koeln. Er oeffnete die Blackbox und betrachtete den Fernseher von innen, dies nicht nur wortwoertlich, sondern auch metaphorisch. Paik war somit auch gleichzeitig einer der ersten Medienarchaeologen und zeigte, dass das Medium die Botschaft ist und nicht der Inhalt der Mediums. Medienkuenstler sind meines Erachtens unter anderem dafuer da, um Leute der heutigen Informationsgesellschaft genau das – naemlich dass Medien nur ausschnitthaft wiedergeben und massgebend unsere Wahrnehmungsweisen beeinflussen – beizubringen und ihre Faehigkeit zur kritischen Urteilskraft zu foerdern.
Der Status der zeitgenoessischen Medienkunst wie er jetzt diskutiert wird, ist irrelevant, da Medien, wie immer sie auch funktionieren, elektronisch, neuro-biologisch, quantenelektronisch etc., schon immer im Alltag integriert sind. Gerade im Zeitalter des Web n.0 [auch unter dem Stichwort Everyware bekannt], wo wir doch alle freiwillig unser Leben digitalisieren, muessen wir doch uns mit die Gefahren und Moeglichkeiten dieses Web n.0s auseinandersetzen. Kunst ist doch unter anderem dazu da diese Prozesse zu katalysieren. Fast rewind and forward. Es geht nicht nur einfach um ein Spiel mit Medien und deren Moeglichkeiten als Mittel, das waere naemlich MEDIEN-DESIGN.
Es geht darum diese Mittel, die Instrumente zu brechen und zu stoeren. Re-flektieren bedeutet Wieder-biegen, dabei kann es gut sein, dass die Sache zerbricht. Wie ein Ast. Zack, Zack. Medien passieren. Es wird Zeit fuer eine Medienwissenschaft, die sich nicht nur als Kommunikationswissenschaft oder als Technikwissenschaft versteht, sondern vielmehr im Schulterschluss mit einer klar profilierten Kulturwissenschaft steht, aber gerade auch Kopplungen jenseits klassischer kulturwissenschaftlicher Faecher: naemlich zur Physik, zur Nachrichtentechnik, zur Informatik sucht. Denn Technik ist die Basis jeglicher Medienkunst, so wie auch die Herstellung von Farbe eine wichtige Basis der Malerei ist.
Medienwissenschaft ist noch ein junges Fach, doch es ist in der Etablierungsphase, die zugleich auch eine Phase der Krise ist. Doch in fuenf bis zehn Jahren in einem vielleicht schon post-digitalen Zeitalter werden die jungen Menschen, die sich fuer den Geist als Wissenschaft, also fuer Geisteswissenschaft interessieren, nicht nur Literatur, Theater, Kunst oder Musikwissenschaft studieren wollen, sondern vermehrt auch Medienwissenschaften. Zeit, dass die wichtigen Menschen, die darueber entscheiden, was finanziell Unterstuetzt wird, begreifen, dass Medienkunst und ihre Reflexion nicht nur ein kurzfristiger Hype ist, sondern fundamental zur Foerderung der >kulturellen Bildung< beitraegt.