Ich leite seit vier Jahren die Sophiensaele, ein Produktionszentrum fuer zeitgenoessische Theater-, Tanz- und Musikveranstaltungen. Daneben bin ich derzeit Vorsitzende des Vereins >Zwischen Palast Nutzung<, der sich zum Ziel gesetzt hat, den Palast der Republik zwischenzunutzen.
Seit Jahren habe ich mich als Vertreterin des frei produzierten Theaters im Rat fuer die Kuenste engagiert. Politisches Engagement ist fuer mich als Theaterleiterin selbstverstaendlich. Dieses Engagement bezieht sich sowohl auf die Stuecke, die wir in den Sophiensaelen produzieren, als auch darauf, sich – sofern es notwendig ist – kulturpolitisch zu Wort zu melden.
Ein aktueller Anlass aktiv zu werden, ist die Reform des Hauptstadtkulturfonds, die keine wirkliche Neuordnung ist. Denn das einzige, was sich an den Entscheidungsstrukturen veraendert hat, ist, dass die Kuratorin Adrienne Goehler in dem mit Kulturpolitikern aus Bund und Land besetzten – letztendlich entscheidenden Gremium – keine Stimme mehr hat.
Bisher hat diese Kuratorin gemeinsam mit einer fuenfkoepfigen Jury foerderwuerdige Projekte ausgewaehlt, die sie dann in der politisch besetzten Kommission vertreten konnte. Nach der >Neuordnung< hat sie in diesem Gremium keine Stimme mehr. Dort wird kuenftig einstimmig und nicht mehr mehrheitlich entschieden. Als Kulturschaffende leuchtet mir diese Veraenderung gleich unter mehreren Aspekten nicht ein: Warum wurde Adrienne Goehler und sowie auch der Fachjury die Stimme genommen, wo sie doch ohnehin nur eine von fuenfen hatte? Ist es sinnvoll, ueber Projekte kuenftig nur einstimmig zu entscheiden? Gehen damit nicht riskante und kontroverse Projekte verloren? Will die Politik in die Voten einer Fachjury eingreifen? Die bisherige Foerderpolitik des Hauptstadtkulturfonds staerkte innovative Projekte und internationale Kooperationen spartenuebergreifend fuer alle Kunstformen. Mit dieser Politik schaffte er auch die Moeglichkeit der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen und freien Projekttraegern. Diese Zusammenarbeit hat sich fuer alle Beteiligten immer wieder als sehr inspirierend erwiesen. Und so hatte unsere Protestaktion gegen die Neuordnung des Hauptstadtkulturfonds [in Form einer Erklaerung samt Unterschriftenliste, Anm. d. Red.], eine Solidaritaetsnote an die Kuratorin Goehler und die Jury zum Ziel. Denn die haben bisher hervorragende Arbeit fuer die Berliner Kulturszene geleistet, und mit ihrer Foerderpolitik entscheidend zu Berlins Ruf als international ausstrahlendes Zentrum fuer zeitgenoessische Kunstformen beigetragen. Inzwischen ist dieser Protest der Kulturschaffenden fast zu einer Bewegung geworden, mit einer klaren Stellungnahme fuer die Freiheit der Kunst. Schliesslich muss es Aufgabe von KuenstlerInnen sein, sich auch mit riskanten Fragen jenseits von politischem Konsens zu beschaeftigen und somit die Gesellschaft kritisch zu hinterfragen. Ich wuensche mir, dass die Realisierbarkeit von kontroversen Arbeiten auch in Zukunft mit Hilfe des Hauptstadtkulturfonds moeglich sein wird.
Ein Kommentar zu “Eine Stimme der Vielfalt”