Ich kann mir, ehrlich gesagt, unter Wasserwissen nichts vorstellen und finde diese ganze Aquametaphorik eher peinlich. Sicher, Wasser ist Leben, alles fliesst und niemand steigt zweimal in den gleichen Fluss. Wenn indes morgen Feuerwissen dran ist, muessen es die selben armen Kulturwissenschaftler mit denselben Diskurshoelzchen schueren, die sie eben noch zum Flossbau auf dem offenem Meer des Unwissens verwendet hatten. Ich glaube nicht, dass uns das irgendwo hin fuehrt.
Auf der persoenlichen Ebene ist Wasser fuer mich das, womit sich meine Freundin beschaeftigt. Sie arbeitet im Entwicklungshilfedirektorat der OECD, und aus dem stuermischen Meer, das unsere Wohnung ist, ragen Textarchipele heraus die z.B. >Managing Water for All: An OECD Perspective on Pricing and Financing< heissen oder >Urban Water Conflicts, an analysis on the origins and nature of water-related unrest and conflicts in the urban context<. In beiden Faellen, scheint mir, geht es um viel, und diese Diskurse der grossen Zahl zugaenglich zu machen wuerde in der Tat lohnen. An empirischem Wasserwissen mangelt es nicht, man muss es nur finden.
Fuer mich produktiver ist daher eine andere Frage hinter dem Wasserwissen, naemlich wie und mit welchen Genres und Formaten wir als Publizisten auf die Krise reagieren sollten, in der wir leben. Am besten, meine ich, durch radikale Beschreibung. Und zwar in dem welterschliessenden Sinn, der jene Transformationen sichtbar macht und uns zu Bewusstsein bringt, deren >Management< die Gesellschaft stillschweigend an Experten delegiert hat: Berufsberater, Policy-Analysten, Ingeneure, Versicherungsoekonomen. Wenn es stimmt, dass sich die Welt >da draussen< nicht mehr mit den vertrauten Konzepten analysieren laesst, dann scheint mir vordringlich, ein Kompendium unserer conditio humana zusammenzutragen und dabei neue, emergierende Praktiken in den Blick zu nehmen. Wie Antonin Liehm, der Gruender von >Lettre internationale<, unlaengst sagte: Wir muessen noch einmal neu sehen lernen. Es versteht sich von selbst, dass dies nicht die Leistung einer genialischen Publikation sein wird, sondern eine gemeinsame, wenn auch von jedem einzelnen Medium zunaechst fuer sich durchgefuehrten, Anstregung sein muss, die Reportagemagazine, Tageszeitungen, Blogs und politisch-literarische Zeitschriften gleichermassen betrifft und auch, selbstverstaendlich, die Schueler- und Jugendpresse. Das Terrain einer moeglichen spaeteren Zusammenfuehrung oder Syndizierung dieser Initiativen ist das Feld, mit dem ich mich in den letzten Jahre beschaeftigt habe. Hier sind Netzwerke wie Eurozine zu nennen, projektbezogene Initiativen wie die Documenta magazines, internationale Pressespiegel wie Perlentaucher in Deutschland oder Courrier International in Frankreich.
Anlaesslich des letzten Eurozine-Kongresses, der sich mit solchen Vorhaben unter den Bedingungen der Mehrsprachigkeit beschaeftigte, haben wir unter dem Titel >Crosswords< eine eigene, bescheidene >Meta<-Zeitschrift lanciert, deren erste Ausgabe der Frage der Gemeinschaft galt – und deren zweite, zur Frage der >Peripherie<, in Vorbereitung ist, um rechtzeitig fertig zu sein, wenn die alten Goetter tot sind und unsere Schiffe endlich wieder auslaufen duerfen.
Unsympathischer Text…
Warum unsympathisch? Ich kann viele der gemachten Argumente sehr gut nachvollziehen.