Ich lebe in Austin Texas, der Hauptstadt des Staats mit dem >Lonely Star<. Ich arbeite in Cedar Creek Texas auf dem Lande, ueber 35 Meilen von Austin entfernt, beim Hyatt Regency Lost Pines Resort and Spa, das am 1. Juni 2006 seine Pforten geoeffnet hat.
Mit der deutschen Sprache kam ich zum ersten Mal in Beruehrung, als ich noch an der High School war. In Texas wird von den Schuelern verlangt, fuer zwei bis drei Jahre eine Fremdsprache zu lernen und ich wusste, jeder wuerde wegen der hiesigen Umgebung Spanisch waehlen. Ich wollte anders sein und entschied mich fuer Deutsch. In meiner Klasse war ich drei Jahre lang mit denselben zehn Schuelern zusammen. Mein Lehrer war sehr detailversessen und hatte ein wachsames Auge auf die Methoden und die Menge an Deutsch, die wir lernten. Beim Wetteifern um Vokabular und Poesie und auch bei anderen Wettbewerben entwickelte sich bei mir eine Liebe zur deutschen Sprache, Kultur und Geschichte. Das fuehrte dazu, dass ich an der Universitaet Texas in Austin Deutsch im Hauptfach studierte. Die Kurse, die ich belegte, beinhalteten neben dem Unterricht in Geologie und Wirtschaftsverwaltung auch Grammatik, Phonetik, Linguistik, Geschichte, Medien und PR, Globalisierung und Wirtschaftdeutsch. Deutsch wurde fuer mich von zunehmendem Interesse und zur Herausforderung und zum Lebensziel gleichermassen. Das Fach oeffnete mir die Tuer zu einer Welt des Reisens und bot mir Optionen fuer meine Zukunft.
Ich habe deutschsprachige Laender mehrfach bereist und habe Erinnerungen an Staedte wie Bremen, Berlin, Trier, Salzburg, Davos, Zermatt und Groeningen. Meine erste Reise fuehrte mich ueber die High School nach Bremen, wo acht aus unserer Klasse in deutschen Familien gelebt und fuer einen Monat die Schule besucht haben. Waehrend der Collegezeit lebte ich einen ganzen Sommer lang in Trier und arbeitete fuer >Landewycke Tabak<. Hier lernte ich die oertliche Kultur und Sprache kennen und auch, wie die Menschen Tag fuer Tag lebten. Es war ein sehr beeindruckender und manchmal auch widerspruechlicher Trip, weil der Dialekt schwer zu verstehen war. Meine letzte Reise fuehrte mich, nachdem ich meinen Abschluss gemacht hatte, nach Berlin. Das war eine durch ein Stipendium der Checkpoint Charlie Stiftung finanzierte Reise. Unsere Gruppe wohnte in Gastfamilien und kuemmerte sich um Senatstreffen, begegnete Wuerdentraegern und besuchte Theater- und Musikveranstaltungen sowie Museen und Kunstausstellungen. Der Sinn des Aufenthaltes war, eine positive Beziehung zwischen den Fuehrungskraeften von morgen in beiden Laendern zu foerdern. Zurueck in den USA nutzte ich meine Deutschkenntnisse zunaechst als Bell Captain und Kammerdiener. Mit den Gaesten im Hotel konnte ich mich unmittelbar auf Franzoesisch und Deutsch unterhalten, was immer eine Ueberraschung fuer sie war. Mehr Trinkgeld gab es dafuer allerdings nicht. Eine andere Ueberraschung duerfte sein, dass sich die deutsche Kultur sogar in dieser Region verbreitet hat. Sie geht zurueck auf jene Siedler, die um 1800 Brauereien, Farmen, Weinplantagen, kleine Staedte und Ranches gruendeten. Irgendwie hat sich in Texas diese alte deutsche Kultur bewahrt. Staedte wie New Braunfels, Fredericksburg, San Marcos, Luling, Wimberly und Llano konservieren nicht nur deutsche Werte sondern in gewissem Umfang auch die Sprache. Hier kann man in einen Laden gehen und auf Deutsch >einen Kaffee< oder >zwo Pfund Fleisch< beim Ladenbesitzer bestellen. Dieser uebrig gebliebene Dialekt hat sich mit der englischen Grammatik und dem englischen Vokabular verbunden und es entstand etwas wie das Schweizerdeutsch. Dieser Dialekt ist sehr gebraeuchlich. Fuer einige ist es die Hauptsprache, egal ob sie zu Hause sind oder im oertlichen Biergarten sitzen. Bei uns weckt das Attribut >deutsch< Assoziationen mit Barbecue Restaurant, Schlitterbahn [ein oertlicher Wasserpark], New Braunsfels, Fredericksburg, Wurstfest, Bier und Sauerkraut. Allerdings traegt die deutsche Sprache auch ein Stigma, da sie an die Beziehung zum Faschismus und zur unvergesslichen Vergangenheit des Landes erinnert, wenngleich dies meist im Scherz geschieht. Ich kann zum Beispiel einem Freund sagen, dass ich Deutsch lerne, und er wird aus Spass antworten: >Allright Hitler<. In vielen Gebieten der USA bleibt dieses Verhalten bestehen, und viele Leute haben keine Ahnung, wie tief das die Deutschen trifft, die weiterhin mit jenen Schuldgefuehlen leben. Die Geschichte auf diese Weise in Erinnerung zu rufen, sollte eigentlich laengst nicht mehr gebraeuchlich sein. Obwohl es stetig abnimmt, ist die deutsche Kultur heute noch immer nicht ohne diesen Beigeschmack geniessbar. Aber davon abgesehen: Was viele US-Amerikaner fuer >das Deutsche< halten, ist eigentlich nicht wirklich deutsch; die Deutschen schauen MTV wie wir, sie essen Pizza wie wir, sie haben eine Leidenschaft fuer Heimat genau wie wir. Denn ohnehin gibt es immer weniger Unterschiede zwischen den Kulturen. Auch die Deutsch Sprechenden meines Alters, mit denen ich Erfahrungen sammle, sind alle typisch globalisierte Individuen; sie haben kaum kulturelle Eigenarten. Als ich in Deutschland lebte, war das eigentlich nicht anders. Ich ass Brot und Kaese, trank einen OJ/Gerolsteiner-Mix, nahm dann die S- oder U-Bahn zu meiner taeglichen Arbeit, ass Mittag an einem Kebabstand und sah dann spaeter zu Hause mit meiner deutschen Familie Fussball bei einem Schultheiss, bekam Abendbrot, das kein deutsches Essen war, sondern vielmehr Spaghetti, Fisch, Huehnchen und traf mich dann moeglicherweise mit Freunden, um Billard zu spielen, oder um in eine Kneipe zu gehen, einen Film zu sehen oder irgendetwas anderes. Es sind die Staedte, Restaurants, Touristen, lokalen Dialekte, Transport und Recycling-Methoden, die den offensichtlichen Unterschied ausmachen, nicht der Alltag oder eine jede deutsche Familie. Ich weiss, dass es rassistische Probleme und Konflikte gibt, doch jede Nation ist mit diesem Dilemma konfrontiert und Deutschland und die dort lebende tuerkische Bevoelkerung machen gemeinsam Fortschritte. Die meisten Deutschen, die in meiner Gegend leben, scheinen sich gut integriert zu haben, vielleicht weil Deutschland - als modernisierter Staat - ungeachtet einiger kultureller Unterschiede so globalisiert ist. Heute diktiert die Globalisierungsidee, dass man sich, egal wo man ist, ob im Hyatt am Potsdamer Platz, im Hotel Lucerne oder der Hyatt Regency Dallas, wie zu Hause fuehlen kann, mit Cola, Snickers, Starbucks und Telefonzellen.