Als Expatriate in einem englischsprachigen Umfeld stoesst man mit klassischem Schulenglisch schnell an Grenzen und muss sich insbesondere fuer den informellen Smalltalk ein breites Vokabular an Slang-Ausdruecken zulegen. Ich werde taeglich mit einer ordentlichen Dosis an >country grammar<, einer eher abseits der grossen Staedte verwendeten, hochgradig von Slang durchzogenen Ausdrucksweise, konfrontiert. Dabei scheint gleichzeitig das in laendlichen Gegenden vorherrschende Weltbild durch, denn dort herrscht weiterhin eine strenge klassische Rollenverteilung fuer das Grossziehen der Kinder. Sollte ein Vater dennoch tatsaechlich Erziehungsurlaub nehmen und zu Hause bleiben, wird er umgangssprachlich als >Mr. Mom< verspottet und verliert augenblicklich seinen >tough guy status<. Desweiteren hegen US-Amerikaner eine ausgepraegte Vorliebe fuer Kurzformen und nutzen diese auch in Lebensbereichen, in denen Deutsche sie nicht unbedingt anwenden wuerden. Waehrend hiesige Weinkenner von einem >98 cab< oder einem >04 chard< sprechen, wuerden es sich deutsche Weinliebhaber zum Ausweis ihrer Kennerschaft vermutlich nicht nehmen lassen, den gesamten >1998er Cabernet Sauvignon< oder >2004er Chardonnay< mit moeglichst franzoesischem Zungenschlag auszusprechen.
Besonders viele Slang-Ausdruecke gibt es im allgemeinen fuer Tabuthemen oder Bereiche, in denen zur Wahrung politisch korrekter Ausdrucksformen eine gewisse Sprachzensur herrscht. Obwohl es in den USA von >kraeftigen bis staemmigen< Menschen wimmelt, duerfte man dort niemals jemanden als >fett< bezeichnen. Stattdessen behilft man sich mit Metaphern aus der lokalen Esskultur und beschreibt den ueberquellenden Teil der Huefte bei zu engen Hosen oder Roecken sehr anschaulich als >muffin top<. Ein Beispiel aus dem deutschen Slang, das in aehnlichen Koerperregionen angesiedelt ist, waere das beruehmte >Arschgeweih< fuer Tattoos direkt ueber dem Hosenbund [US-Slang hierfuer: whale tail, longhorn]. Hingegen ist mir im Deutschen leider noch keine Entsprechung fuer den Ausdruck >nastygram< begegnet. Dieser bezeichnet eine unfreundliche schriftliche Nachricht und ist ein Beispiel fuer den kreativen und – aus einer sprachoekonomischen Perspektive betrachtet- zugleich Nutzen stiftenden Umgang mit der Sprache, da er bei gleicher Wortlaenge wie das zugrunde liegende >telegram< einen Mehrwert an Information liefert. Dass die deutsche Sprache durchaus ebenfalls der kreativen Wortschoepfung im New Economy Zeitalter faehig ist, verdeutlicht der Begriff >Mausbeutung<: Er beschreibt das Prinzip, junge, motivierte Berufseinsteiger in meist IT-intensiven Jobs [mit ihrer Maus vorm Computer klickend] auszunutzen, indem man sie jede Menge unbezahlter Ueberstunden machen laesst.
Hi Carsten! Super beitrag! Ich fand die ganzen abkürzungen auch am besten als ich in den USA war. Besonders gefiel mir “bogo” (für “buy one get one free”) oder bff (für “best friend forever”)! Aber mit der Mausbeutung müssen wir uns ja nun wirklich nicht merhr vor den wortschöpferischen amis verstecken!