Biopolitik und KI: De-Skilling als disziplinierende politische Technologie

Bild: Mikhail Denishchenko. Hintergrund: KI-Hoffnungen und -Ängste in Zahlen. Lizenz: CC0 Public Domain
Bild: Mikhail Denishchenko. Hintergrund: KI-Hoffnungen und -Ängste in Zahlen. Lizenz: CC0 Public Domain

Mit der Verbreitung der KI-Technologien werden menschliche Fähigkeiten zunehmend entwertet und gleichzeitig zur Ware gemacht, während die einzigartigen Qualitäten menschlicher Arbeit immer mehr ausgelöscht werden und das Potenzial, sich gegen Ausbeutung zu wehren, schwindet. In diesem Zusammenhang sind Umschulungsprogramme für Arbeiter*innen ein Deckmantel, um vom eigentlichen Problem abzulenken: einem System, das Kapital auf Kosten menschlicher Arbeit belohnt, wie Giorgi Vachnadze argumentiert.

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The underlying purpose of AI is to allow wealth to access skill while removing from skill the ability to access wealth.”

Künstliche Intelligenz (KI), der sprichwörtliche ‚Wolf im Schafspelz‘, wird als die ultimative Lösung all unserer Probleme angepriesen. Sie ist das moderne Orakel, das Fortschritt ohne Ende verspricht: Produktivitätssteigerung, Rationalisierung von Arbeitsprozessen und sogar den Weg zur persönlichen Erfüllung durch algorithmische Präzision. Ein Angebot, auf das die Unternehmenseliten – allen voran die CEOs, die dank Luigi Mangione in ständiger Angst leben – nur allzu gerne eingehen. Diese neue kybernetische Pastoral ist eine charmante Lösung, die verspricht, die Arbeit zu optimieren und sie gleichzeitig ‚menschlicher‘ oder sogar erfüllender zu machen. Der Apparat, wie er oft dargestellt wird, verkauft sich selbst.

Algorithmischer Panoptismus

Aus biopolitischer Sicht ist KI jedoch alles andere als eine neutrale Kraft. Sie ist nicht nur ein unschuldiges Werkzeug zur Effizienzsteigerung. Sie ist vielmehr der neueste Mechanismus im kapitalistischen Überwachungs- und Kontrollapparat. Insofern ist KI keine revolutionäre Technologie, die das Gefüge der Gesellschaft radikal verändern wird. Vielmehr fügt sie sich nahtlos in die bereits bestehenden technisch-bürokratischen Kontrollsysteme ein, die den modernen Kapitalismus ausmachen. Die KI ist sowohl Wächter als auch Überwachter: Ihr Zweck besteht darin, eine neue Art der Kontrolle durchzusetzen, bei der die Beschäftigten Algorithmen unterworfen werden, die jeden Aspekt ihrer Arbeit überwachen und regulieren. Wie J. Browning in einem Facebook-Post treffend feststellt: “The underlying purpose of AI is to allow wealth to access skill while removing from skill the ability to access wealth.” („Der wahre Zweck der KI besteht darin, dem Reichtum den Zugang zu den Fähigkeiten zu ermöglichen und den Fähigkeiten den Zugang zum Reichtum zu verwehren“.)

Im Zentrum dieser Dynamik steht die Dequalifizierung: eine bewusste Abwertung von Arbeit, die die Automatisierung ehemals qualifizierter Tätigkeiten ermöglicht. Durch die Dequalifizierung trägt die KI zum großen kapitalistischen Projekt der Profitmaximierung bei, indem sie die Arbeitskosten senkt und die Produktion rationalisiert. Weit entfernt von der befreienden Kraft, die KI-Befürworter*innen oft suggerieren – oder der apokalyptischen Kraft, die sich dystopische Denker*innen ausmalen – ist KI ein Werkzeug zur Aufrechterhaltung genau der Ungleichheiten, die das kapitalistische System ausmachen. Sie ist die jüngste Ergänzung eines Werkzeugkastens, der darauf abzielt, die Macht an der Spitze zu konsolidieren und gleichzeitig die Arbeiter*innenklasse weiter zu entmachten.

Deskilling: Die Auslöschung der Subjektivität

Deskilling ist kein zufälliges Nebenprodukt der technologischen Entwicklung, sondern eines der Hauptziele der Integration von KI in die Arbeitswelt. Arbeit als grundlegende Kraft zur Schaffung materieller Güter und Subjektivität ist ein zentraler Bestandteil der menschlichen Erfahrung. Je mehr man arbeitet, desto tiefer ist das Selbst in den Arbeitsprozess eingebettet. In dem Maße, in dem die Technologie die Arbeit verändert, verändert sie auch das Selbstverständnis der Arbeiter*innen. In diesem Zusammenhang wird der Prozess der algorithmischen Subjektivierung total, da die Arbeiter*innen auf wenig mehr als einen Maschinenbediener reduziert werden, der einem Algorithmus Anweisungen gibt.

Nehmen wir als Beispiel den professionellen KI-‚Lehrer‘, der früher vielleicht ein hochqualifizierter ‚Pädagoge‘ oder ‚Handwerker‘ war. Heute, in einer Welt, in der die KI viele der Funktionen übernommen hat, die früher von Menschen ausgeübt wurden, sind Lehrer*innen im Grunde austauschbar – Amateurprogrammierer*innen, die einer KI Befehle erteilen, ohne dass sie über das Fachwissen verfügen müssen, das früher professionelle Fähigkeiten ausmachte. Dies ist keine harmlose technologische Entwicklung, sondern ein radikaler Wandel. Die Fähigkeit selbst wird zu einer Ware, die durch die Kräfte der Automatisierung verflacht wird. Die alte Marx‘sche Unterscheidung zwischen Gebrauchswert und Tauschwert rückt hier wieder ins Blickfeld: In dem Maße, in dem Fähigkeiten nivelliert und zur Ware werden, wird Arbeit zunehmend ununterscheidbar und ihre einzigartigen menschlichen Qualitäten werden ausgelöscht.

Deskilling ist also nicht nur eine unbeabsichtigte Folge des technischen Fortschritts, sondern das Endziel eines Systems, das die menschliche Arbeit auf ihre grundlegendsten, repetitiven Formen reduzieren will. KI-Systeme ersetzen Beschäftigte in qualifizierten Positionen, indem sie ihnen Aufgaben zuweisen, die kaum mehr als mechanische Grundtätigkeiten erfordern. In diesem Prozess werden die Arbeiter*innen ihrer Subjektivität beraubt – sie sind nicht mehr Schöpfer*innen oder Akteure ihrer Arbeit, sondern bloße Rädchen in einer automatisierten Maschine.

KI und ökonomische Ungleichheit: eine große disziplinäre Architektur

KI ist also ein perfektes Instrument, um wirtschaftliche Ungleichheit aufrechtzuerhalten und zu vertiefen. Mit zunehmender Automatisierung wird die Wertschöpfung immer effizienter und die Gewinne fließen in die Taschen der Unternehmenseliten, Technologiebarone und Oligarch*innen. Währenddessen werden Arbeiter*innen – vor allem gering qualifizierte oder schutzbedürftige – verdrängt oder in immer prekärere Arbeitsverhältnisse gedrängt. Dies führt zu einer dramatischen Vergrößerung der Kluft zwischen denen, die die Produktionsmittel kontrollieren, und denen, deren Arbeit überflüssig geworden ist.

Die Einführung von KI am Arbeitsplatz ist keine neutrale oder unpolitische Entwicklung. Sie ist Teil eines umfassenderen biopolitischen Projekts, mit dem der Kapitalismus versucht, nicht nur den Arbeitsprozess, sondern auch das Leben der einzelnen Arbeiter*innen zu regulieren. Künstliche Intelligenz optimiert nicht nur die Produktion, sondern diszipliniert die Arbeiter*innen, damit sie ihre marginalisierten Rollen innerhalb eines umfassenderen kybernetischen Regimes akzeptieren. Sie kontrolliert, überwacht und entmachtet sie schließlich, indem sie ihre Arbeit auf auswendig gelernte Aufgaben reduziert, die unter dem wachsamen Auge von Algorithmen ausgeführt werden.

In dieser Landschaft werden die Versprechungen von ‚Reskillingsprogrammen‘ (‚Umschulungsprogrammen‘) und der Mythos der ‚Vollautomatisierung‘ zu nichts weiter als Ablenkungsmanövern. Diese von Technokrat*innen und Unternehmensinteressen geförderten Erzählungen versuchen, die zugrunde liegenden strukturellen Ungleichheiten zu verschleiern, die durch KI noch verschärft werden. Umschulungsprogramme werden als Allheilmittel für durch Automatisierung verdrängte Arbeiter*innen angepriesen. Doch wie jeder weiß, der mit den ökonomischen Realitäten von Bildung und Arbeit vertraut ist, sind solche Programme kaum mehr als ein Versuch, die tiefen systemischen Ungleichheiten zu verschleiern, die der kapitalistischen Produktionsweise innewohnen. Umschulung ist keine Lösung, sondern ein Deckmantel, der vom eigentlichen Problem ablenken soll: einem System, das Kapital auf Kosten menschlicher Arbeit belohnt.

Mythos Reskilling: ein Instrument zur Einhaltung von Vorschriften

Umschulung wird oft als das große Heilmittel gegen die durch die Automatisierung verursachten Verwerfungen angepriesen. Die Rhetorik suggeriert, dass entlassene Arbeiter*innen einfach neue Fertigkeiten erlernen, wieder in den Arbeitsmarkt eintreten und aus der Asche ihrer früheren Arbeit auferstehen können. Dieses Bild ist jedoch grundlegend falsch. Sie übersieht die großen Ungleichheiten beim Zugang zu Bildung, Ressourcen und Möglichkeiten für sinnvolle berufliche Veränderungen. Die Technokrat*innen und ihre PR-Manager*innen wollen uns glauben machen, dass Umschulung der Schlüssel zur Lösung des ‚Problems‘ der künstlichen Intelligenz ist, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass das System der Ausbeutung unangetastet bleibt.

In Wirklichkeit zielen Umschulungsprogramme nicht darauf ab, die Ursachen der kapitalistischen Ausbeutung zu bekämpfen. Vielmehr dienen sie dazu, die Arbeiter*innen gefügig und gehorsam zu machen. Anstatt das System in Frage zu stellen, das die Arbeiter*innen verdrängt, zielen diese Programme darauf ab, die Arbeiter*innen anpassungsfähiger an die neuen Formen der Ausbeutung zu machen, die die Unternehmen ihnen aufzwingen wollen. Das strukturelle Problem ist nicht, dass es den Arbeiter*innen an Fähigkeiten mangelt, das Problem ist, dass das System die Verdrängung menschlicher Arbeit zugunsten abstrakterer Formen des Kapitals erfordert. Der Mythos der Umschulung dient nur dazu, diesen Kreislauf der Ausbeutung aufrechtzuerhalten.

Kybernetische Parrhesia: Widerstand jenseits der Illusionen

Die Illusion der Umschulung, der Höherqualifizierung und das Versprechen der ‚Vollautomatisierung‘ gehen an der eigentlichen Ursache der Ungleichheit vorbei. Aus einer Foucaultschen Perspektive ist das eigentliche Problem nicht die Fähigkeit der Arbeiter*innen, sich an die Technologie anzupassen, sondern die Art und Weise, wie der Diskurs der Anpassungsfähigkeit selbst die Arbeiter*innen dazu zwingt, die Unvermeidlichkeit ihrer Enteignung zu akzeptieren. Die Lösung liegt nicht in der Anpassung an die Anforderungen der künstlichen Intelligenz, sondern in der Schaffung widerständiger Minderheitendiskurse, die die herrschende Logik des Kapitalismus unterbrechen und unterminieren. Diese Mikro-Überschreitungen, so klein sie auch sein mögen, können als kraftvolle Kritik am System dienen und neue Wege für sozialen Wandel aufzeigen.

Es müssen Graswurzelbewegungen für die Demokratisierung der Technologie entstehen, die auf Alternativen drängen, die nicht von den Interessen der herrschenden Klasse gelenkt werden. Arbeiter*innen, Gemeinschaften und Aktivist*innen müssen damit beginnen, das Narrativ zurückzuerobern und sich dem Vordringen der KI als Mittel zur weiteren Ausbeutung zu widersetzen. Nur durch kollektives Handeln, das auf alternativen Formen der Technologie und des Regierens basiert, können wir die Hegemonie des algokratischen Regimes herausfordern.

Fazit: Der KI-gesteuerte Polizeistaat (geschrieben von ChatGPT)

KI, Dequalifizierung und ökonomische Ungleichheit sind keine isolierten Probleme – sie sind Symptome einer tieferen, systemischen Krankheit: des Kapitalismus selbst. Die Einführung von KI am Arbeitsplatz ist keine neutrale technologische Entwicklung, sondern eine bewusste Strategie zur Konsolidierung der Macht, zur Entmündigung der Arbeiter*innen und zur Vertiefung der wirtschaftlichen Ungleichheit. Umschulungsprogramme sind weit davon entfernt, diese Probleme zu lösen und dienen nur dazu, die zugrunde liegende Dynamik der Ausbeutung zu verschleiern.

Um das gegenwärtige System wirklich in Frage zu stellen, müssen wir uns von der Illusion verabschieden, dass KI unsere Probleme lösen wird. Wir müssen uns den kapitalistischen Strukturen, die Technologie als Kontrollinstrument einsetzen, entgegenstellen und eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft fordern. Nur dann können wir hoffen, das Potenzial der KI für das Allgemeinwohl zu nutzen, anstatt zuzulassen, dass sie den Reichtum und die Macht einiger weniger weiter festigt.

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