Vor ein paar Monaten habe ich als Recherche für ein Theaterprojekt Zehntklässler zu ihren Zukunftsplänen befragt. Dabei traf ich einen schüchternen jungen Mann, der mir eröffnete, er plane, Rabbi zu werden. Schon heute bereite er sich durch tägliches Tora-Studium darauf vor, in Jerusalem ausgebildet zu werden.
Als er mir vom Leben in Israel erzählt, strahlen seine Augen plötzlich. Warum ist er so begeistert, wenn es um Israel geht? Ich fange an, über mein Verhältnis zu Israel nachzudenken. Als Kind war die deutsch-jüdische Geschichte für mich ständig präsent. Ich habe haufenweise Bücher zu diesem Thema gelesen. Mein Onkel hat eine Jüdin geheiratet. In allen politischen Debatten schien dieser Staat Israel einen Sonderstatus einzunehmen. Bei mir entwickelte sich der Glaube an ein friedliches Land, umzingelt von bösen Schurkenstaaten.
Vier Wochen Israel
Doch nach und nach begann mein Blick, sich zu weiten: Bilder vom Mauerbau, eine Dokumentation über unterdrückte Frauen im orthodoxen Judentum, zum ersten Mal höre ich von Siedlungspolitik und Propaganda. Ich reise nun für vier Wochen durch Israel. Anlass ist eine Freundin, die in Jerusalem arbeitet. Daher handelt es sich gefühlt erst mal um Urlaub.
Doch wird die Reise entspannend werden? Israel mag ungefährlicher als einige seiner Nachbarstaaten sein, doch als Ortsunkundiger, als jemand, der nur Englisch spricht, habe ich ein unruhiges Gefühl. Da hilft es auch nicht, Erfahrungsberichte anderer zu lesen – ich kann nicht einschätzen, ob es nur die krassesten Geschichten sind oder gewöhnlicher Alltag. In vier Wochen werde ich eigene Geschichten haben.
Selbst reisen ist immer besser als Blogs zu lesen!
Ja klar, aber es ist auch interessant zu sehen, wem oder was andere auf ihren Reisen begegnen. Und wenn man gerade kein Geld, keine Zeit, keinen Mut für so eine Reise wie Michael sie macht hat, dann ist es auch schön, durch einen Blog eine Reise zu lesen. Man blickt dann wie durch ein Fernrohr.
Es ist nie Urlaub, wenn man sich auf Urlaub irgendwohin aufmacht, die Frage ist nur, ob das ständige lernen und sich bilden nicht auch igrendwann so überhand nimmt, dass man sich danach sehnt, endlich mal abschalten zu können und dann traurig feststellen muss, dass das nur per Illusion oder Abstumpfung oder Betäubung geht.
@Zina: aber kann man nicht auch abschalten, wenn man etwas Neues lernt?