Die junge Frau sieht aus, als trüge sie ihr Blackberry, oder? Unmöglich. Das Gemälde stammt aus dem Jahr 1860. Und doch scheint es die heutige Zeit vorwegzunehmen. Die Kulturwissenschaftlerin, freie Journalistin und Berliner Gazette-Autorin Mercedes Bunz ist diesem Zeichen neulich in der Neuen Pinakothek in München begegnet.
Der österreichische Maler Ferdinand Georg Waldmüller hat seinem Mädchen vermutlich einen Katechismus in die Hände gelegt. Das kleine Buch sollte die Menschen von der Wildheit der Natur und des Lebens trennen. Es sollte ihnen ermöglichen, sich zu konzentrieren. Blicken wir nach Ägypten, scheint es genau umgekehrt zu sein: Bürger in Aufruhr führen Medien mit sich, um die Ordnung wieder herzustellen und neues Leben in die Regierung zu bringen.
Soziale Medien: von der Übung zum Ernstfall
In der westlichen Welt sollten wir diese Entwicklung zum Anlass nehmen, uns zu fragen was wir daraus lernen können. Wir haben ja alle Witze über Katzenblogs gemacht, oder über sinnlose Nachrichten in Sozialen Medien gelacht. Ja, der Kaffee ist heiß. Aber vielleicht war das falsch von uns, vielleicht waren diese Nachrichten nur eine Übung für den Ernstfall.
Einen solchen haben wir in den letzten Wochen gesehen. Dank einer neuen digitalen Öffentlichkeit vernehmen wir im Arabischen Raum einen neuen Chor an Stimmen – und nicht aus der fundamentalistischen Fraktion. Das Interessante: Dieser Aufstand des Volks kam nicht durch die Opposition zustande, er entstand durch das Volk selbst. In der Tat, Soziale Medien können Politik machen. Möge die Macht mit ihnen sein.
danke!
tolles bild! schöne querbeziehungssetzung von damals und heute im hinblick auf chaos und ordnung, nur der ägypten-link ist nicht ganz nachvollziehbar hinsichtlich seiner engführung auf politk.
Politik haben die Menschen gemacht, die die Sozialen Netzwerke zur Kommunikation benutzt haben. Soziale Netzwerke an sich sind völlig wertlos, solange man sie nicht mit Inhalten stopft.
Eine Kommunikationsstruktur an sich stellt einen Wert da. Ob die nun aus Zeitungen, Handzetteln, SMS oder sozialen Netzwerken besteht, spielt dabei keine Rolle. Ohne diese Strukturen kann es schwerer sein, eine Revolution zu entfachen, oder den nötigen Schwung zu geben. Von daher sind sie nicht wertlos.
Genau: Eine Kommunikationsstruktur stellt an sich einen Wert dar, garantiert aber nicht – da hat Carsten dann Recht – dass das Richtige passiert. Da müssen dann die Menschen dafür sorgen, was sie ja auch beeindruckend getan haben.
Es wird sich viel durch die neuen Medien verändern. Wir stehen erst am Beginn. Und wir sind es, die gefordert sind, sie zu gestalten. Es müssen unsere Inhalte sein. Vor mehr als einem Jahr beendete ich meine Rezension zu Vernetzt von Krystian Woznicki: “Also nutzen wir die Freiheit der Netze, solange man uns noch lässt. Kann man heute vielleicht schon feststellen: Man wird uns lassen müssen? Eine neue Dialektik des “Zauberlehrlings” gar?
sehr umfangreich wird zu der vermeintlichen facebook-revolution nachgedacht bei carta:
http://carta.info/38129/die-facebook-revolution-gedanken-zum-einfluss-des-internets-auf-politische-umbrueche
“in fact the real leaders are not Facebookers but five year olds, the majority of them little girls, who from 8am till 1am are carried around the square and lead the people in song, singing newly crafted limericks against Mubarak and his henchmen.” (Mark LeVine)
“Twittersphere” ist das Stichwort der Stunde:
http://www.onthemedia.org/episodes/2011/02/04/segments/158939
Sehr schöner pregnanter Artikel! Einfallsreiche Querbeziehung von gesellschaftsgeschichtlichen Aspekten! Klasse :-)