Berliner Wasser

Berlin als Wassermasse, als Sammelbecken für alle und alles, Mitschwimmer, Treibholz und Seesterne – Berliner Gazette-Redakteurin Sarah Curth blickt sich beim Schwimmen um.

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Berliner Wasser ist begehrt. Alle wollen vorne mitschwimmen, deshalb kommt man hierher. Finanzhaie, bunte Clownfische, kleine und grosse Seesterne: Das Becken ist riesig und es fuellt sich stetig. Doch man muss erst schwimmen lernen, mit dem Strom, dann dagegen, und irgendwann auch untergehen. Jeder macht das durch, jeder auf seine Weise. Aufgefangen wird man selten, hoechstens eingefangen, in die Netze. Man laesst sich treiben und merkt gar nicht, dass es Verbindungen gibt. Jeder spannt Netze, eng- und weitmaschige. Es gibt Zeiten, da faengt man nur alte Buechsen und Treibholz, dann wieder andere Zeiten, in denen man Seinesgleichen findet.

Berliner Wasser kommt von ueberall her. Wie seine Bewohner speist es sich aus vielen Quellen, um stets die richtige Mischung zu erhalten. Dank dem technischen Fortschritt kommen viele der hier Schwimmenden von weit her. Ich nenne das >Ozeanisierung

Aber das Berliner Wasser ist unruhig. Denn es kommen mehr und mehr und die Stadt wird zum Meer. Wir verbinden uns schnell und loesen uns wieder voneinander. Wie Muscheln am Strand sammeln wir Freunde. Und irgendwann verlaeuft das Interesse im Sande. Neues Netz, neues Glueck. Wir durchlaufen staendig Metamorphosen, erfinden uns neu um nicht zu auszutrocknen. Dabei sind die Verbindungen unser Halt in der Stroemung. Wir muessen unsere Netze kraeftiger flechten; denn wir brauchen mehr Rueckhalt, statt nur einem feuchten Haendedruck.

Anm.d.Red.: Das Foto oben stammt von Lena Benero.

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