Mich animiert der Fruehling dazu, Gedichte zu zitieren. Kaum strecken die ersten Schneegloeckchen ihre Koepfchen durch die kalte Erde, um ein bisschen Sonne zu schnuppern, komme ich ihnen mit Goethe. Fruehlingsgefuehle, das sind bei mir Fruehlingsworte! >Vom Eise befreit sind Strom und Baeche < [Ich kann noch weiter, aber keine Angst, ich reiss mich zusammen.]
Ich koennte mir nicht vorstellen, an einem Ort wie L.A. zu leben, wo der ewige Fruehling diktiert. Worauf freut man sich dann noch? Wann macht man die Wohnung sauber und wann beginnen die Hormone zu tanzen?
Dass im Fruehling auch wieder die Sonne zum Vorschein kommt und man sich ein bisschen Farbe in das kaesige Wintergesicht zaubern kann, ist eine bombige Sache. Nur leider, so habe ich juengst in der Klatschpresse erfahren, ist das fuer 88 Prozent der deutschen Jugendlichen total unerheblich. Die schleppen ihre Teenagerkoerper naemlich ins Solarium [a.k.a. Toaster] und toasten sich bis der Hautkrebs kommt. Die sind aussen dann schoen schokig-braun, aber innen schon vom Krebs zerfressen – oder so aehnlich.
Im Fruehling fangen viele auch an, Sport zu treiben. Ich ueberhaupt nicht. Ich werde durch das gute Wetter nur noch traeger. Richtige Fressanfaelle suchen mich heim und das Bier fliesst auch wieder ohne zu zaudern die Kehle hinunter. Irgendwas mache ich falsch. Zu meiner Verteidigung kann ich sagen, dass ich mir kaum Winterspeck angefressen habe, da ich bei jeder Fernsehsendung, die ich in diesem langen Winter angeschaut habe, waghalsige Playbackshows hingelegt habe. Fruehling also.