Ein von Sommerhitze geschwaengertes Klassenzimmer in der Naehe von Augsburg. Zusammen mit meinen Mitschuelern nehme ich im Deutschunterricht gerade einen Stapel Zeitungen unter die Lupe. Da liegen also die Sueddeutsche, die FAZ, die Lokalzeitung und die Bild auf den Tischen vor uns. Vier Zeitungen, vier verschiedene Herangehensweisen, vier verschiedene Aufmachungen, vier verschiedene Themen, die wir anschliessend vergleichen. Das ist mittlerweile ein paar Jahre her. Und schon damals habe ich nicht verstanden, warum die Bilder in der Bild so gross, die Texte so spaerlich gesaet und die Ueberschriften so reisserisch waren.
Schauplatzwechsel. Auf meinem Computerbildschirm die Internetseite von Bild. Im Juli dieses Jahres startete dort – ganz dem Zeitgeist folgend – ein Blog namens >No Sex? But the City. Das geheime Tagebuch von Sophie Hirsch<. Das Unternehmen klingt ambitioniert, die Bildredakteure bezeichnen es als >erste Internet-Novela<. Dabei haben sie nicht verstanden [oder wollten nicht verstehen], dass ein Internet-Blog nie >geheim< ist. Soweit, so gut. Der Plot von >No Sex? But the City< ist schnell erklaert: Die fiktive Grossstadtfrau Sophie Hirsch aus Berlin schreibt ein Jahr lang taeglich ueber ihren Alltag. Wie der Titel andeutet, hat sie zwar die >city<, doch ihr fehlt ein Mann. Auf der Suche erlebt sie natuerlich Auf und Abs, berichtet von Herzschmerz und Liebeskummer. Die Geschichten erscheinen mir aber etwas gekuenstelt. Auch Sophie ist kein Charakter, wie man ihn in Berlin antreffen koennte, sondern verkoerpert vor allem den Typus der Single-Grossstadtfrau [mit den gaengigen Klischess von Schuhtick bis zu Beauty-Tagen]. Unterhaltsam, aber Alltag ist etwas anderes.