Wenn es um die ökologische Dimension der Arbeit und die Möglichkeit der Rückgewinnung der Re-/Produktionsmittel als Mittel der Klimaproduktion geht, so ist die Landwirtschaft einer der umstrittensten Bereiche, die hier diskutiert werden. Wie in den meisten Bereichen, die unter den unlösbaren Widersprüchen des kapitalistischen Systems leiden, führt die Rechte auch hier ihre rassistischen Kämpfe der Spaltung und falschen Lösungen. In ihrem Beitrag zur BG-Textreihe “Allied Grounds” untersucht Anoushka Zoob Carter die ausbeuterischen und kolonialen Verbindungen zwischen Großbritannien, Spanien und Afrika und erkundet wie migrantische Landarbeiter*innen, die in diesem System am meisten ausgebeutet werden und am stärksten von der rechtsextremen Mobilisierung bedroht sind, zu Akteuren des Systemwandels werden können.
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Lebensmittel sind sowohl ein Gegenstand, durch den die ökologische Politik der Rechten analysiert werden kann, als auch ein starkes mobilisierendes Symbol der internationalistischen Solidarität unter Landarbeiter*innen. In Europa gibt es zahllose Berichte über die beklagenswerten Bedingungen, denen die Landarbeiter*innen auf den Feldern, in den Gewächshäusern und in den Polytunneln ausgesetzt sind. Diese Missstände sind Teil einer endlosen Liste der wahren Kosten, die hinter den billigen Produkten in den Gängen der europäischen Supermarktketten stehen.
Spanien und das Vereinigte Königreich haben beispielsweise versucht, von einem Agrarsektor zu profitieren, der die menschliche Arbeitskraft verbilligt, damit die kapitalistische Lebensmittelwirtschaft ungehindert wachsen kann. In beiden Staaten hat auch rechtsextreme und rechtsradikale Wahlkampfpolitik die Interessen der Landwirte und des ländlichen Raums vertreten. Dabei schützt die rechte Agrarpolitik exakt jenes kapitalistische Wirtschaftssystem, das die ökologischen Prozesse, von denen die Landwirtschaft abhängt, zerstört hat. Während die agrarökologische Just Transition-Bewegung in beiden Ländern wächst, stellt sich die Frage, wie die Übergangsgerechtigkeit in der Landwirtschaft mit den Verflechtungen zwischen Arbeit, Ökologie und wachsender rechter Mobilisierung umgehen kann.
Dem Agrarpopulismus auf den Grund gehen
In Spanien stellen die ultrakonservativen und rechtsextremen Parteien Partido Popular (PP) und VOX die Landwirtschaft und die Lebensgrundlagen im ländlichen Raum in den Mittelpunkt ihrer populistischen Politik. Mit ihrer protektionistischen Agenda für Produkte “spanischen Ursprungs” wollen sie kleine und mittlere Viehzüchter ansprechen. VOX behauptet von sich selbst, die einzige Partei zu sein, die sich für den Schutz des ländlichen Raums und gegen den unlauteren Wettbewerb mit Lebensmitteln aus Drittstaaten einsetzt. Unter besonderer Missachtung des EU-Rechts (und des nationalen Rechts) haben die PP und die VOX-Regionalregierung von Castilla y León versucht, eine Gesetzesänderung durchzusetzen, die es Landwirten erlauben würde, potenziell mit Tuberkulose infizierte Rinder zu transportieren.
VOX versucht zwar, sich auf die Seite der Landwirte zu stellen, aber die Partei findet sich eher auf der Seite der wohlhabenden Landwirte wieder und nicht auf die des “kleinen Mannes”, wie sie sich selbst darzustellen versucht. Das haben auch die Betroffenen bemerkt. Im Jahr 2020 nahm VOX an einer Demonstration von Landwirten in Madrid gegen ungerechte Lebensmittelpreise teil. Die Organisator*innen forderten sie auf, die Veranstaltung zu verlassen, und wiesen den Versuch der Partei zurück, die Veranstaltung zu nutzen, um für sich zu werben. Ihre populistische Fassade wurde erneut entlarvt, als 2021 sowohl VOX als auch die PP gegen ein Gesetz stimmten, das Landwirte davor schützen sollte, mit Verlust an Supermärkte zu verkaufen.
VOX befürwortet auch Megafarmen – eine von der Agrarindustrie diktierte Branche –, die Spanien zum größten Schweinefleischproduzenten und -exporteur Europas gemacht haben. Diese Industriebetriebe verursachen große Umweltbelastungen, für die die EU Spanien verklagt hat. Als Reaktion darauf beklagt VOX die von Europa und der “Umweltlinken” auferlegte Umweltpolitik, die zu einer mangelnden Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe führe. Es ist nicht verwunderlich, dass mehrere Mitglieder von VOX, die in der Landwirtschaft tätig sind, finanziell von landwirtschaftlichen Großbetrieben profitieren.
Arbeiten im “Gemüsegarten Europas”
Abgesehen von ihrer eigennützigen Agrarpolitik beschönigen VOX und PP die Agrarwirtschaft in Spanien. In Andalusien, das als “Gemüsegarten Europas” bekannt ist, werden die zugewanderten Landarbeiter*innen ständig von den rassistischen, islamfeindlichen und faschistischen Anti-Migrant*innen-Ideologien von VOX angegriffen. Während VOX die Landwirtschaft als patriotische Pflicht positioniert, schließt seine politische Praxis des “erwünschten Landwirts” Wanderarbeitskräfte (auf dem Land) aus.
In ähnlicher Weise hat die sich radikalisierende rechtskonservative Partei seit dem Brexit darum gekämpft, die Arbeitskräfte zu sichern, die für das Lebensmittelregime der Konzerne notwendig sind, um weiterhin Lebensmittel zu wettbewerbsfähigen Preisen industriell zu produzieren. Auf dem Höhepunkt der COVID-19-Pandemie wurden Landwirte und Lebensmittelproduzenten als “Lebenselixier” der Nation bezeichnet. Dies wurde jedoch mit dem Bild von Landwirten mit Land und Kapital illustriert, nicht mit den Wanderarbeiter*innen oder landlosen Arbeiter*innen, die so viele Betriebe produktiv machen. Letztere wurden zwar von einigen Farmbesitzer*innen verteidigt, aber nur mit dem Argument der “Wettbewerbsfähigkeit” und dem Bedarf an billigen Arbeitskräften.
Die Ökologien des Katastrophen(agrar)kapitalismus
Das vorherrschende agrarkapitalistische Lebensmittelsystem, das die extreme Rechte zu verteidigen sucht, basiert nicht nur auf der Prekarität des menschlichen Lebens, sondern auch auf der Prekarität der ökologischen Systeme. Spanien ist die wichtigste Quelle für alle in das Vereinigte Königreich eingeführten Frischwaren, die in einer wasserarmen Region produziert werden. Etwa 76 % des Süßwassers, das für die gesamte Obst- und Gemüseversorgung des Vereinigten Königreichs verbraucht wird, stammt aus anderen Ländern, darunter auch aus Spanien, wo fast zwei Drittel seines Territoriums von Wüstenbildung bedroht sind.
Der Teufelskreis zwischen landwirtschaftlicher Produktion und Wasserknappheit wird durch eine populistische Wasserpolitik noch verschärft. Die rechte ökologische Politik von VOX und PP behindert sinnvolle Maßnahmen, indem sie sich etwa weigert, rekordverdächtige Dürren ernst zu nehmen oder indem sie die “Religion des Klimawandels” ablehnt. Stattdessen versprechen sie, die Agrarwirtschaft um jeden Preis zu erhalten, vor allem durch die Amnestie für Hunderte von andalusischen Erdbeerbäuer*innen, um ihnen die illegale Wasserentnahme zu erlauben. Obwohl ihre Pläne von der spanischen Zentralregierung gestoppt wurden, bedrohen sie das Überleben von Doñana, einem der bedeutendsten Feuchtgebiete Europas.
In bester rechtsextremer Manier leugnen VOX und PP ökologische Realitäten und behaupten, Wasserknappheit sei nicht das Problem, sondern vielmehr ein Mangel an Technologie. Während einige die Zukunft des Gartenbaus in Spaniens wüstenhaftem Süden in Frage stellen, sucht VOX nach technologischen Lösungen, um mehr Wasser aus feuchteren Teilen der Halbinsel zur Bewässerung von Kulturen zu leiten und – wie ein VOX-Sprecher vorschlug – Wasser aus Flüssen aufzufangen, anstatt es ins Meer fließen zu lassen und es so zu “verschwenden”.
So tritt die Partei in die Fußstapfen des faschistischen Diktators Franco, der die Umwandlung der halbtrockenen Landschaft Andalusiens durch Bewässerungstechnologie und -infrastruktur beaufsichtigte. Und während die Ökosysteme am Rande des Zusammenbruchs stehen, sind die technischen Lösungen, die die rechtsextremen Vorstellungen und die Politik beflügeln – bezeichnenderweise im Einklang mit den liberalen Übergangsplänen, die von der FAO, der OECD und der EU befürwortet werden – nichts anderes als “Brückentechnologie” für einen katastrophalen Agrarkapitalismus.
Landwirtschaftliche Geschichte, die auf Ungerechtigkeit beruht
Das agrarkapitalistische Lebensmittelsystem raubt nicht nur dem Boden seine Integrität, sondern auch den Arbeiter*innen ihre Rechte. Die Gewächshäuser für Beeren in Huelva und Almería beispielsweise, die als “Meer aus Plastik” bekannt und für die Misshandlung von Landarbeiter*innen berüchtigt sind, sind die Hauptquelle für Obst, das im Winter in das Vereinigte Königreich eingeführt wird. Die Unternehmen, die hier tätig sind, stellen Saisonarbeiter*innen aus Spanien und – in zunehmendem Maße – aus Marokko und dem Senegal ein, oft Frauen, und oft ohne Vertrag.
Die Brigada de Observación Feminista – eine Gruppe antirassistischer feministischer Anwältinnen – hat die Missstände der Landarbeiter*innen in dieser Region dokumentiert. Aber die menschlichen Kosten für Lebensmittel sind nicht nur “dort drüben”. Ein Blick hinter die Hecken des Ackerlandes im Vereinigten Königreich offenbart eine Arbeitskraft, die der kapitalistischen Lebensweise unterworfen ist, die mit Nummern statt mit Namen angesprochen wird, die Lohndiebstahl, Rassismus und Beschimpfungen ausgesetzt ist. Untersuchungen der Landworker’s Alliance zeigen, dass der durchschnittliche landwirtschaftliche Wanderarbeiter mit einem Saisonarbeiter*innenvisum – nach dem Brexit zunehmend aus dem Globalen Süden angeworben – in absoluter Armut lebt.
Die prekäre Arbeit, die hinter der kapitalistischen Agrarproduktion steht, erinnert an Harsha Walias “Grenzimperialismus”, bei dem Wanderarbeitskräfte in der gesamten Lieferkette unterbewertet und dem “feindlichen Umfeld” ausgesetzt sind, das durch die migrant*innenfeindliche Politik der Konservativen Partei geschaffen wurde. Die Supermärkte sind die Rädelsführer und Nutznießer dieses gewalttätigen Lebensmittelregimes der Konzerne, die wucherische Profite aus einem System ziehen, das vom und für das Kapital geschaffen wurde, und dafür sorgen, dass die eingewanderten Landarbeiter*innen am schlechtesten dran sind. Die Klasse der Landwirte ist unterdessen zunehmend unzufrieden mit den falschen Versprechungen der nationalistischen Lebensmittelpolitik. Unter der Führung der Konservativen stehen viele landwirtschaftliche Betriebe im Vereinigten Königreich vor der Schließung, weil sie nicht mit Importen konkurrieren können (teilweise aufgrund von Post-Brexit-Handelsabkommen) und wegen der Auswirkungen der Klimakrise. Wachsende Unruhen unter den Landwirten haben die jahrelange relative Stille durchbrochen und dazu geführt, dass Landwirte im Oktober dieses Jahres Supermarktdepots blockiert haben.
Übergangsgerechtigkeit in der Landwirtschaft
Verfolgt man den Fluss der Ernte, der Arbeit und des Kapitals von den Feldern in Spanien bis zu den Supermärkten im Vereinigten Königreich, wird eine Reihe von Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten und Schäden deutlich. Dieser Fluss kann aber auch als Grundlage für eine Bewegung für Übergangsgerechtigkeit dienen, die sich mit den Landarbeiter*innen solidarisiert, deren prekäre, hochgradig ausgebeutete Arbeit die Grundlage des Agrarsektors bildet und die sich oft nicht gewerkschaftlich organisieren können.
Übergangsgerechtigkeit in der Landwirtschaft erfordert die Auseinandersetzung mit dem staatlich erzwungenen Grenzimperialismus und der staatlich geförderten Ausbeutung, die das kapitalistische Lebensmittelsystem aufrechterhält, in dem die landwirtschaftliche Produktion weiterhin ein wesentlicher Treiber des ökologischen Zusammenbruchs ist. Aber wie die Bottom-up-Bewegung für Agrarökologie und ökologische Gewerkschaften zeigt, muss – und sollte – es so nicht sein. Von den sich selbst organisierenden Landarbeiterinnen der Jornaleras de Huelva en Lucha bis zur Solidarity Across Land Trades im Vereinigten Königreich mobilisieren sich die Arbeiter*innen selbst für fairere Bedingungen, gegenseitige Hilfe, Fürsorge und Gerechtigkeit für die Menschen, die uns ernähren.
Ein agrarökologisches Übergangsprojekt muss diesen Syndikalismus unterstützen und den Weg für eine würdige, sinnvolle und reichhaltige landwirtschaftliche Arbeit ebnen. Denn wir brauchen mehr Arbeitsplätze für gute Lebensmittel, nicht weniger. Sie muss das von Rechtspopulisten verbreitete Narrativ in Frage stellen, das landwirtschaftliche Existenzgrundlagen gegen Maßnahmen zur Bewältigung der Klima- und Umweltkrisen ausspielt. Darüber hinaus sind bereits bestehende agrarökologische Räume nicht davor gefeit, Menschen aufgrund ihrer Rasse, ihres Geschlechts, ihrer Klasse oder ihrer Religion auszugrenzen, und sie sind nicht immer in der Lage, Landarbeiter*innen angemessen zu bezahlen. Die Bildung von Allianzen, die die miteinander verwobene Emanzipation anerkennen, kann das transformatorische Potenzial der Agrarökologie stärken.
In Großbritannien lösen sich die falschen Versprechungen des rechtsextremen Nationalismus vor den Augen der Landwirte auf. Während die Instabilität und das Versagen des neoliberalen Marktes ihren Tribut fordern, reagiert die konservative Regierung, indem sie die Briten auffordert, mehr Rüben zu essen. Es ist unbestreitbar, dass eine stärkere lokale Lebensmittelproduktion Teil des landwirtschaftlichen Wandels ist. Es ist jedoch auch notwendig, die vom Staat aufrechterhaltene koloniale Mentalität in Frage zu stellen, die die Auslagerung der ökologischen Auswirkungen der Lebensmittelproduktion normalisiert. Aber die Lösung kann nicht nur darin bestehen, lokal zu essen, wenn die Arbeitsbedingungen vor Ort nicht stimmen. Ungleichheiten in Bezug auf Macht, Kontrolle und Zugang sowohl bei der Produktion als auch beim Konsum von Lebensmitteln sind in das Design des Lebensmittelregimes der Konzerne und des Kapitalismus im Allgemeinen eingeschrieben. Da die Rechte diktieren möchten, wer und was zur Verteidigung des autoritären Agrarkapitalismus geopfert wird, wird der Kampf zunehmend zu einer Frage von “Agrarökologie oder Barbarei“.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel ist ein Beitrag zur Textreihe “Allied Grounds” der Berliner Gazette. Weitere Inhalte finden Sie auf der “Allied Grounds”-Website. Schauen Sie mal rein: https://berlinergazette.de/de/projects/allied-grounds/