Wenn eine Redaktion “Rückblicke” in Auftrag gibt, können die Ergebnisse sehr unterschiedlich ausfallen. So blickten unsere AutorInnen auf 2010 in Facebook-Statusmeldungen zurück, spielten mit Zahlen oder dachten über die interessantesten Filme des Jahres nach. Ljuba Gonchar, die bereits vor vier Jahren ihren ersten Text für die Berliner Gazette schrieb, wagt nun einen poetischen Rückblick.
Im Dezember 2009 bin ich gegen Mittag gestorben. Mein altes ich starb auf dem Flug in die Karibik.
Ich habe 4,5 Jahre versucht jemanden zu retten, bis ich endlich begriffen habe, dass ich nur mich retten muss. Ich habe meinen Mikrokosmos ins Chaos gestürzt und mir eingebildet, dass ich ihn neu ordnen sollte.
Doch dann kamst du und mit dir der Krieg in meinem Bauch.
Absoluter Wahnsinn und Überforderung auf höchstem Niveau.
Ein Herz, das Saltos schlägt. Ein Herz, das sich entschieden hat endlos Achterbahn zu fahren, obwohl es reisekrank ist.
2010 schmeckte nach überreifer Freiheit, nach noch unerfüllten Dummheiten, anfänglich ängstlicher Zurückhaltung und schließlich einem ganzen Haufen “Ach scheiß drauf! Warum eigentlich nicht?“.
Also habe ich mich weit aus dem Fenster gelehnt, bin umgezogen und habe Freundschaften begraben, die nicht mehr zu reanimieren waren.
Ich habe es geschafft nicht nur “es reicht“ zu sagen, sondern es zu fühlen und zu vollziehen. Schließlich haben Gefühle und Beziehungen jeder Art ein Verfallsdatum. Dieses Jahr hat vor allem emotional an Geschwindigkeit gewonnen.
Ich will keine Zeitmaschine um dies alles rückgängig zu machen, sondern nur einen Knopf zum Wiederholen.
Ich könnte sagen: “2010 war mein Jahr“, aber das wäre gelogen. In Wirklichkeit war es B.s und meines.
endlich mal was persönliches, gefällt mir sehr gut, danke!
Wiederholungen finde ich immer unheimlich, wenn ich etwas nochmal sagen oder machen muss, fühle ich mich meisten schlecht, aber einen Knopf zu Wiederholen wie bei einem Video, das man zurückspulen kann und Dinge nocheinmal sehen kann, das ist etwas anderes, es gibt schon Abschnitte im Leben, die ich nocheinmal sehen will, aber noch einmal durchleben 1:1 auf keinen Fall, das ist nicht Leben, sondern Programm
Bittersüss…
Ich habe das Wiederholen einfach als Gegensatz zu dem Auslöschen von Erinnerungen oder Erlebnissen verstanden. Also nicht so plakativ. Ich find den Gedanken toll. Schön mit der Sprache gearbeitet, metaphorisch….
Danke das du mich aus dem Dreck gezogen hast.Ohne dich würde
ich nicht so weit kommen :D:D:D