“Einen sicheren Blick für Zukünftiges”

Immer wieder schön, wenn eine Rezension erscheint, bei der man das Gefühl hat: Der Rezensent hat das Buch gelesen. Und: die Lektüre hat ihn bewegt. Ehrlich gesagt: Es kommt nicht häufig vor. Insofern ist Felix Lüttges Besprechung der Berliner Gazette-Anthologie VERNETZT, die kürzlich im goldmag erschien, eine erfreuliche Ausnahme.

Laut Lüttge beweist die Berliner Gazette mit ihrer Gründung im Jahre 1999 “einen sicheren Blick für Zukünftiges: Als andere Zeitungen gerade erst anfangen, über eine eigenständige Internetpräsenz nachzudenken, verzichtet die Berliner Gazette ganz auf Papier und erscheint ausschließlich im Internet.”

Dieser Blick für Zukünftiges scheint Lüttge angefixt zu haben. Das extrem heterogene Textbild der über 40 Beiträge, die VERNETZT als eine Art Kaleidoskop der letzten zehn Jahre versammelt, schreckt den Rezensenten nicht ab. Er liest ausnahmslos alle Texte, weil er im Netzwerk, das die Texte untereinander spannen, den eigentlich Kick vermutet:

“Sicherlich, einige sind fürchterlich schlecht geschrieben. Aber vielleicht ist das gerade Ausdruck der von Frau Hegemann postulierten Echtheit (auch hier entpuppt sich die Berliner Gazette in gewisser Weise als visionär).”

Interessanter Punkt, oder?

7 Kommentare zu ““Einen sicheren Blick für Zukünftiges”

  1. “fürchterlich schlecht” ist in der Tat ein hartes Urteil, aber ich ahne, dass es dem Journalisten darum geht, an dieser Stelle einen Punkt zu machen: Nicht das Kriterium Qualität, sondern das Kriterium Echtheit zählt.

  2. aber was ist das schon für eine unterscheidung zwischen echtheit und qualität? ich finde das muss nicht als gegensatz betrachtet werden. fürchterlich schlecht kann auch verstanden werden als “punk” — ein schreiben, dass gegen die edelfeder-regeln verstösst; dilletantismus als hohe form von kreativität..

  3. Was haben denn schlecht geschriebene Texte mit Helene Hegemann und Echtheit zu tun? Vielleicht stehe ich ja etwas auf dem Schlauch, aber ich verstehe das nicht so recht.

  4. nun, ich finde, dass man klären müsste, welche Messlatte gilt und was demnach “fürchterlich schlecht geschrieben” ist. aus der sicht des journalismus, der schriftstellerei, der wissenschaft? das lässt die goldmag-rezension ja offen – dafür kenn ich das magazin aber auch nicht so gut.

  5. “Der Tag” auf hr2 berichtete vorgestern über “Ich poste, also bin ich – Das Ich im Netz”:

    Freundschaften schließen, Anerkennung finden, in der Gruppe Spaß haben und alle, die nicht dazugehören, so richtig gemein fertig machen. Diese alten Lieblingsbeschäftigungen der Menschheit bereiten noch einmal so viel Vergnügen im Internet. Denn das ist für viele längst nicht mehr nur Lexikon, Dienstleister und Kommunikationsmittel, sondern ein sozialer Raum: ein Ort, an dem wir eine private und berufliche Existenz führen. Vor allem in sozialen Netzwerken hat unser digitales Ich erfreuliche Möglichkeiten, sich auszubreiten, seinen Marktwert zu testen und zu steigern und sich zu vernetzen. Es wird aber auch verwundbarer: durch Tratsch und anonymes Mobbing.

    http://www.hr-online.de/website/radio/hr2/index.jsp?rubrik=14224

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