Berlin vs. Dortmund

Reisen war schon immer eine spannende Sache: Einblicke bekommen, Neues sehen, Erfahrungen machen. Die haeufigste Frage, die Zuhause penetrant gestellt werden wird: Was ist da – in Berlin – anders als bei uns in Dortmund? Dieses Mal will ich vorbereitet sein. Als integrierter Kenner der Dortmunder Vorstadtpresse bemerke ich: Es tauchen keine Kaninchen- zuechtervereine in den Zeitungen auf. Ziervogelvereinigungen, der katholische Arbeitnehmerverband, das zuenftige Jubilaeum des Kleingartenvereins >Glueck Auf 1885 e.V.< mit Jubilar- ehrungen und anschliessendem geselligen Beisammensein bei Koestlichkeiten vom Grill - Fehlanzeige! Essentielle Grundlagen meines Reporterlebens sind in ihren Grundfesten erschuettert.

Auch das Ergebnis eines Treffens mit meinem berlinerfahrenem Cousin ist niederschmetternd. Fuer ihn ist alles anders. Generell und grundlegend und vor allem aufregend. Auf dem Ku’damm gibt es Obdachlose, die sich scheintot stellen, in den Vororten brennen Oberklasseautomobile – von Linksradikalen angezuendet. Polizisten werden ruecklings niedergemeuchelt und vor einer Bar an der Spree gibt es den >Mutter-Kind- Rave<: Techno fuer Muetter, die keinen Babysitter bekommen. Als der Tag mit ihm vorbei ist, bin ich geneigt zu sagen: Die Unterschiede tangieren mich nunmehr peripher. Zur Halbzeit denke ich bei Kaffee und Kippen darueber nach, ob ich den Uebergang vom Berlintouristen zum in-den- Berlinalltag-Hineinlebenden in den verbleibenden zwei Wochen noch schaffen werde? In diese Ueberlegungen platzt ein MMS-Video meines Cousins. Bericht einer rauschenden Partynacht: verpixelte Lichtblinker, schemenhafte Umrisse betrunken ueber das Parkett wirschender Tanzgestalten. Nach kurzem Nachdenken komme ich zu dem Schluss: So etwas wuerde es in Dortmund nie geben. Wichtig ist nicht - zu dem Schluss komme ich - ob die Ausgehmoeglichkeiten zahlreicher oder die Menschen verrueckter sind. Es kommt darauf an, was man aus den Begegnungen mitzunehmen versteht, die einen umgeben. Tag fuer Tag. Besonders in einer Stadt wie Berlin.

2 Kommentare zu “Berlin vs. Dortmund


  1. “die Unterschiede tangieren mich peripher” sollte einen Hinweis darauf gegeben, dass mich das, was mein Cousin mir von seinen Eindrücken/Unterschieden aus Berlin vermittelt nicht wirklich beeindruckt.
    Demzufolge und im Kontext des restlichen Textes ist mein Kommentar zu seiner MMS in das Feld der rethorischen Ironie zu plazieren! :D Vielleicht ist er auch sarkastisch -: klar gibt es in Dortmund auch tanzende Menschen in Clubs und klar nutzt man auch in Dortmund MMS. Vermittels der rethorischen Ironie machte ich seine Bessenheit auf die “szenigen” und “abgefahrenen” Unterschiede Berlins ein wenig lächerlich: was er mir als Unterschied präsentiert ist a) nicht wirklich einer und b) wenn es einer wäre, dann wäre er nicht einer Erwähnung wert (peripher tangieren = am Arsch vorbeigehen).
    Ich hoffe, ich konnte dir mit dieser Erklärung weiterhelfen? :)

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.