Autonome Bewegungen

Den letzten G8-Gipfel in Deutschland, 1999 in Koeln, verbrachte ich >ganz in schwarz mit einem Pflasterstein< und einer EA-Nummer auf dem Arm abwechselnd bei bruetender Hitze in einem Polizeikessel oder auf der Flucht vor “der Hundertschaft” und deren Traenengas ueber Hinterhofmauern und Dachboeden. Ganz schoen dagegen waren wir.

Kampf dem Kapital, legal, illegal, ist scheissegal! Und so richtig, im wahrsten Sinne des Wortes autonom: Kurz zuvor hatte ich meinen damaligen Freund vor einer Ersatzfreiheitsstrafe bewahrt, die ihm bluehen sollte, da er die 60 Tagessaetze wegen Landfriedensbruchs bei der letzten Geloebnisstoerung nicht bezahlen konnte, indem ich bei meinen >bourgeois-reaktionaeren< Eltern 1000 DM erlogen hatte. Der schwarze Block marschiert - >ja, wo laufen sie denn?< Dass das Ganze mehr Event-Charakter hatte, mehr >Verschwende deine Jugend< als Engagement fuer irgendeine Sache war, wussten wir irgendwie schon. Mit Knast und so war dann schon uncool. Acht Jahre spaeter gibt es >hedonist international< und dergleichen mehr. Da wird sich zum >Spontan-Rave< vor dem Reichstag getroffen und >G8 nackig machen< auf die entbloessten Oberkoerper geschrieben. Ich bin begeistert. Man muss sich nicht mehr vor droegen Antifa-Treffen erstmal zudrogen, damit man interessiert gucken kann, wenn stundenlange voellig unstrukturierte und tautologische Diskussionen, gegen die Fidel Castros Marathon-Reden ein Spaziergang sein muessen, legitimieren sollen, dass man Bullenschweine doof findet. Energy Experimentation Bild: 032C

Happenings im Park, gerne auch komplett sinnfrei, Hauptsache irgendwas mit G8 steht auf irgendjemands Bauch, sind aktive Freizeitgestaltung und das Alternativ-Camp in Heiligendamm der Jahresurlaub. Selbst die >Kriminalisierung der G8-Proteste< durch die >Anti-Terror-Gross-Rrazzia< kommt wie gerufen, das BKA hat seinen Teil zum Spektakel pflichtschuldigst abgeliefert. Wofuer machte man das Ganze sonst? Protest ist eine Park-Party, Freiheitskampf ein Festival.

7 Kommentare zu “Autonome Bewegungen

  1. Also ich plane demnächst nach Kuba zu fliegen. Castorf soll dort seine letzte Rede halten, ich verspreche mir eine total ekstatische Sache – wie eine Art Trance-Erfahrung durch Worte, Gesten und Körperkontakt mit anderen verursacht. Ich suche noch nach Gleichgesinnten. Vielleicht könnte man eine kleine Reisegruppe organisieren, eine hedonistisch-politische Delegation. Vielleicht könnte man das Ganze filmen?!

  2. Ist das die Sache demnächst mit der fidelen Himmelfahrt durch geistige Vermelzung der Anhänger, als Castortransport des Jahrhunderts angekündigt?

  3. Also ich bin auf jeden dabei, wenn Castorf auf Cuba den nächsten Castortransport zusammen mit Castro inszeniert.

  4. ich finde das alles auch ganz fidel. ich würde nur gerne wissen, wer die regie führt, wenn wir in den container steigen und ob es vorher ein casting gibt. es waere nur fair, wenn man eine öffentliche homepage einrichten würde, gemeinnützig-korrekt, und darauf den autonomen gedanken formuliert sowie die auswahlkriterien. dann macht es auch nichts mehr, wenn dieter bohlen die delegation anführt. alles alexander!

  5. Entschuldigung, aber was haben Dieter Bohlen, Castorf und Gifmülltransporte mit meiner schönen Expeditionsidee zu tun? Ich sehe schon, ich habe mich verschrieben : (

    Jetzt bin aber irritiert: Will die Redaktion der Berliner Gazette mit mir nach Cuba oder nicht? Ich sollte vielleicht erwähnen: Ich bin Single und kann kein Spanisch, werde also definitiv und quasi mit dem ganzen Körper aufgehen – ich meine damit: rein körperlich – in der Menge aufgehen, zu der der größte Politiker unserer Zeit seine letzten Worte spricht.

  6. ganz im ernst jetzt also, ja? ich bin da eher skeptisch. ich habe große vorbehalte gegenüber massen – intellektuell und emotional. finde mich in solcher zusammenhängen eher in der position des beobachters wieder, mit kamera. aber wen das vielleicht interessieren könnte ist theo altenberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Theo_Altenberg
    ich habe den mal mitte der neunziger für ein japanisches magazin interviewed als in deutschland elektronische musik so angesagt war und er als techno-aktivist immer wieder nach cuba fuhr um eben solche dinge zu tun wie du sie beschreibst: “in der menge aufgehen”.

  7. Lieber Samson, ich finde Deine Idee grundsätzlich gut, aber ich glaube nicht, dass wir da zusammen kommen. Erstens fehlen mir persönlich die finanziellen Mittel für einen solchen Trip und zweitens kann ich ein kommunistisches Regime wie das des Fidel Castro nicht durch meine Anwesenheit als Tourist auf der Insel unterstützen. Ich bitte Dich um Nachsicht, aber Du musst da wohl allein hinfliegen.
    Vielleicht können wir ja mal einen kleinen Ausflug in die Umgebung von Berlin machen. Einen Berliner-Gazette-LogbuchTrip. Mit Lesungen und gechartertem Bus!!! Was denkst Du?

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