Aufbruchstimmung

Die Idee Schauspieler zu werden, kam mir relativ spaet. Mit 23 Jahren naemlich. Ich habe damals mit Freunden ein Leihen-Kabarett gemacht und wurde von einer Regisseurin entdeckt, die mir ein Kindertheater-Projektangebot in Witten [Ruhrgebiet] gemacht hat. Das habe ich dann auch angenommen und bei der Arbeit gemerkt, dass es das ist, was ich machen moechte. Daraufhin habe ich mich dann an einer Schauspielschule in Hamburg beworben und dort eine dreijaehrige Ausbildung gemacht. Seit zwei Jahren lebe ich nun als Schauspieler in Berlin.

Zwar wird in der Tuerkei der Beruf des Schauspielers akzeptiert, doch ist das in Deutschland gaenzlich anderes. In meiner Generation gab es ja nicht viele, die im deutschsprachigen Raum im Theater oder in der Film- und Fernseh-Branche gearbeitet haben. Am Anfang war es oft so, das die Leute nichts damit anfangen konnten. Sie sagten: Was, du bist Tuerke und Schauspieler? Ich sagte: Ja, ich bin Tuerke und Schauspieler.

Ich denke, dass meine Generation in diesem Bereich eine Art Pionierrolle hat. Nach dem er viele Jahre unerforschtes Land war, hat sich hier in den letzten 5 bis 6 Jahren sehr viel getan. Es gibt sehr viel Nachwuchs von tuerkischen, arabischen, jugoslawischen und afro-deutschen Schauspielern, Producern, Drehbuchautoren, Regisseuren… Die Durchmischung ist vielstaerker. Das war bei der 1. Generation bei meinen Eltern natuerlich nicht der Fall. Das waren hauptsaechlich Arbeiter in Fabriken.

Ich glaube, dass dies eine ganz normale gesellschaftliche Entwicklung istvon Laendern, die eine laengere koloniale Vergangenheit haben. Guck dir die Nationalmannschaften von Frankreich, England oder Holland an. Dort gibt es
Spieler mit algerischer Abstammung und afrikanischer Abstammung. Was bedeutet, dass es da schon mehrere Generationen von Auslaendern gibt, die dort aufgewachsen sind. Das wird hier in Deutschland auch so sein, allerdings erst in 50 bis 60 Jahren. Durch Misch-Ehen, durch Leute, die hier geboren sind, die hier aufwachsen, die mehrere Sprachen gut beherrschen und die in alle Bereiche der Gesellschaft reingehen und arbeiten. In Amerika ist das bereits ganz normal, da finden sich schwarze Staatsanwaelte, Richter, chinesische Reporter, etc. im Berufsalltag wider.

Die Herausforderung bei meinem letzten Film lag darin, kurdisch zu lernen, weil ich einen kurdischen Fluechtling gespielt habe. Wenn tuerkische Schauspieler einen Kurden spielen, wird das von Aussenstehenden zum Problem gemacht, aber ich als Tuerke habe damit ueberhaupt kein Problem. Das tuerkisch/kurdische Problem liegt meines Erachtens auf Staatsebene, wo es um Machtansprueche geht.

Weil es frueher nicht so viele tuerkische Schauspieler gab, wurden mir am Anfang meiner Karriere oft stereotype Rollen wie die des Zuhaelters, Killers, Gemuesehaendlers und Doenerverkaeufers angeboten. Rollen, mit denen ich uebrigens gar kein Problem habe. Ich sehe tuerkisch-staemmig aus – Denzel Washington spielt auch immer einen Schwarzen. Klar, wenn es natuerlich nur >Zuhaelter-Rollen< sind, dann wird es irgendwann langweilig. Doch zur Zeit habe ich genug Abwechselung.

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