Arbeit und Spiele

Digitale Paradiese betitelt Andreas Rosenfelder sein unlaengst erschienenes Buch zum Streifzug durch dreissig Jahre Computerspielgeschichte. Mag der Titel zunaechst wie einer jener Buecher klingen, deren Halbwertzeit sie bereits nach zwei Jahren mit dem “Maengelexemplar”-Stempel versieht, erweist er sich waehrend der Lektuere als geglueckter Schachzug.

Es sind zwar, das stellt sich schnell heraus, keine Paradiese, ueber die Rosenfelder schreibt, die evident christliche Konnotation jedoch ist es, die einen interessanten roten Faden durch die Betrachtungen zur Kulturgeschichte des Spielens am elektronischen Geraet zieht.

Es wird die Frage aufgeworfen, wieso der Spieltrieb als Antithese zur Arbeitswelt beim Computerspielen paradoxerweise oft genau darin besteht, in einer Ueberspitzung prostestantischer Arbeitsethik Routine-Ablaeufe wie das Ueberspringen eines Grabens wieder und wieder zu vollziehen, um fuer nur einen kurzen Gluecksmoment einen Schritt voranzukommen. Diese Durchdringung des Computers vom Arbeitsethos ist nicht neu – bereits vor knapp zehn Jahren hat sie Pekka Himanen in >The Hacker Ethic< aufgerollt - die zunaechst widerspruechliche Wechselbeziehung von Spiel und Arbeit jedoch ueberrascht. So sind die digitalen Paradiese bruechig. Was Freizeit behauptet, maeandert zwischen Abwechslung und Sisyphos-Arbeit. Was Freiheit behauptet, bewegt sich zwischen der klaustrophobischen Enge der Labyrinthe [Pacman, Doom] und der zunehmenden Entgrenzung von Horizont und Handlungsfreiheit [Flight Simulator, GTA]. Doch Rosenfelder kritisiert nicht. Er notiert, erzaehlt und oeffnet Diskurse mit einer Schwerelosigkeit, die sie schnell dem Vorwurf einer Beliebigkeit aussetzen. Damit schafft er kein Standardwerk, aber einen wichtigen, wie leichtfuessigen kulturgeschichtlichen Beitrag zum Diskurs des elektronischen Spielens.

3 Kommentare zu “Arbeit und Spiele

  1. Das ist zwar mal überhaupt nicht meine Thematik, aber – wie ich finde – eine sehr gut geschriebene Rezension, die im Grunde auch druckreif ist. Schon mal nen Versuch gestartet?

  2. Vielen Dank für die freundliche Rückmeldung. Eine überarbeitete Fassung für eine Druckausgabe ist natürlich sehr denkbar und ein schönes Ziel, allerdings mangelt es im Moment noch an den entsprechenden Kontakten. Kontakt-Vermittlungen werden natürlich gern angenommen.

    Grüße zum Sonntag,

    Caspar Clemens Mierau

  3. Mhmm, selber noch so gar keine Versuche gestartet? Bin auch selber erst einer derjenigen, die in den Job reinwollen, so halb drin stehen – ich würd den Text echt einfach mal an verschiedene Feuilletons, Kulturredaktionen schicken; ich sehe deswegen eine Chance, weil das auch ein Buch ist, das von den wenigsten Blättern beachtet worden sein wird, aber trotzdem – wie ich finde – Aufmerksamkeit verdient.

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