Am anderen Ende der Milchstrasse

Was derzeit an den Finanzmaerkten geschieht, uebersteigt das Fassungsvermoegen aller beteiligten Gehirne weltweit. Seltsamerweise habe ich mich im letzten Winter in einer Art sechswoechigen Crashkurs in Sachen Finanzsysteme weiterbilden lassen. Freunde von mir, die seit zehn Jahren als selbstaendige Spekulanten viel Geld verdient haben, waren der Meinung, ich sei der Richtige fuer solch eine Beschaeftigung. Nun, Spekulant bin ich nicht geworden, habe aber viel gelernt und seither intensiv weiterverfolgt was geschah.

Es konnte ja niemand ahnen, welch dramaturgische Wendung noch folgen sollte. Es hiess, dieser Markt sei ein Nullsummenspiel, anders als beim Roulette, wo immer eine Bank gewinnt, bewege sich das Geld eben von einer Tasche zur anderen. >Das Geld ist nie weg, es ist immer nur gerade woanders<, hiess es. Nun sind schon zwei Billionen Euro verschwunden, vielleicht finanzieren Ausserirdische damit eine Achterbahn am anderen Ende der Milchstrasse. Gleichzeitig findet eine teilsozialistische Revolution in den schlimmsten kapitalistischen Gesellschaften statt. Eine Bank nach der anderen wird verstaatlicht, ohne Gejammer, einfach so. Noch vor einem Monat kaum denkbar! Jahrelange Prozesse, Grabenkriege und Lobbyterror haetten das zu verhindern gewusst. Ein antikommunistischer Aufschrei waere durch die Welt gegangen. Niemand reagiert oeffentlich angesichts solcher Geschehnisse. Komisch eigentlich. Von linker Seite vernimmt man einzig Floskeln des >schon immer gewusst habens<, endlich ein Schatten auf der Lunge des uebermaechtigen Kapitalismus. Das Turbo-Geschehen scheint viel zu schnell fuer alle Beteiligten. Keine Alternativmodelle zur Hand, ueberrascht von der historischen Moeglichkeit, des Hinein-graetschen-koennens in den Lauf der Geschichte, lassen alle Antikapitalisten diese Chance ungenutzt verstreichen. Jahrhundertealte, tradierte Dialektik macht langsam, traege, reaktionaer. Dabei wird die Weltwirtschaft gerade eben neu geordnet. Im Handumdrehen, in Windeseile! Globale Loesungen sind gefragt, intelligente Regeln fuer die Zukunft des Geldverkehrs. Aber niemand macht die Schublade auf und praesentiert einen neuen Denkansatz. Alle glotzen und bloeken wie die Schafe, starren den Wolf an, der sie umkreist und warten darauf gefressen zu werden. Scheint wohl genetisch determiniert zu sein. Wahrscheinlich haelt der >schwarze Block< das alles auch nur fuer irgendeine Illuminatenscheisse.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.