+56° 3′ 25.28″, +21° 50′ 32.95″

Die naechste Seite im Buch der Welt war der See Plateliai, der Schauplatz von Juozas Laivys Projekt. Der See Plateliai ist der groesste See in Samogitia. Er ist ungefaehr 12 km² gross und bis zu 47 m tief. In ihm liegen sieben Inseln. Archaeologen haben die Reste von zwei Schloessern in ihm gefunden. Sie denken, dass eins vielleicht das Schloss von Koenigin Bona sein koennte.

Der See ist einer der interessantesten fuer Unterwasser-Archaeologie. Wissenschaftler meinen, dass der Wasserstand frueher sehr viel tiefer lag und einige Inseln heute Unterwasser liegen. Im Jahr 2002 haben Taucher einen grossen Stein mit von Menschenhand gefertigten Gravuren gefunden, die dem Buchstaben L aehneln. Der Stein war von kleineren Steinen umgeben und die Vermutung war, dass es sich um einen heiligen heidnischen Ort handelte. Der Buchstabe L war der erste, der 1969 im Internet verschickt wurde.

Einige Teilnehmer sagten, er stehe fuer >Liebe<, andere, fuer >Log In<. Zur ungefaehr gleichen Zeit installierten die Sowjets eine Atomraketenbasis in der Naehe des Sees und richteten diese auf europaeische Staedte aus, darunter Madrid, Paris, Istanbul, Stockholm, usw. Deimantas Narkevicius machte 2008 ein Video mit dem Titel >Der Blindgaenger-Effekt<. Im Film fuehrt ein ehemaliger Offizier der Basis die Ausloesung der Atombombe durch und wiederholt genau die Dinge, die getan werden muessten. Haette der Offizier in den 60ern diese Taten wirklich vollzogen, waeren weder er noch das Publikum heute noch am Leben. Die Sowjets verlegten die Basis an einen anderen Ort, als einer ihrer Offiziere nach Israel fluechtete. Seitdem darf die Basis nicht mehr existieren, da sie nicht mehr geheim genug ist. Juozas Laivys Projekt war fuer jeden, der zur Eroeffnung kam, ueberraschend, da jeder mitmachen und Boote durch den See ziehen musste. Ein arabisches Wuerfelspiel musste mit anderen Teilnehmern und drei Fernsehteams auf dem Boot gespielt werden. Sobald das Spiel zu Ende war, mussten genau an dem Punkt sechs Skulpturen in den See geworfen werden. Die Skulpturen waren sechs marmorne Wuerfel, jeder wog 25 kg. An diesem Nachmittag wehte der staerkste Wind der ganzen Jahreszeit. Es war meine erste Fahrt auf dem Boot, jemals, und ich hatte grosse Angst davor, dass wir kentern wuerden, als das Boot sich durch den staerker werdenden Wind zu einer Seite neigte. Zur gleichen Zeit gab Juozas den Fernsehteams ein Interview und ich hoerte, wie er sagte: >Wir spielen nicht mit den Wuerfeln, die Wuerfel spielen mit uns<. Damit meinte er, dass die Entscheidung, ob das Boot kentert, in den Haenden der Wuerfel liegt. +56° 3' 25.28", +21° 50' 32.95" sind die genauen Koordinaten der Ausstellung oder Zeitkapsel, die wir auf dem Grund des Sees >installiert< und deren >Vernissage< wir gefeiert haben. Als wir spaeter am selben Abend in Juozas Haus gegrillten Biber assen und Wachholderschnaps tranken, fragten wir uns, ob irgend jemand es jemals sehen wuerde, Unterwasserarchaeologen eingeschlossen. [Anm. d. Red.: Der Text ist waehrend des Transient Spaces Summercamps entstanden. Die Reihe wird in loser Folge in der Rubrik Reisen fortgesetzt.]

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