Wunschdenken erlaubt

Das Wuehlen in Erinnerungen, das Schwelgen in Halbwahrheiten oder purer Erfindung, geboren aus sehnsuechtigem Wunschdenken, wer kennt diesen frommen Selbstbetrug nicht? Dieses Tun, so glaube ich, ist eine Chance, der ewigen Forderung nach Vernunft und Einsicht, nach rationalem und sinnvollem Handeln, zu entkommen, um in den Traeumen, die geleitet von unseren Visionen von einer idealen Welt erzaehlen, in der wir zu gerne leben, zumindest ein wenig verweilen moechten.

Schimpft mich spiessig, wenn ihr mir neidet, dass ich dieser Form des Selbstbetrugs froene. Schimpft mich jedoch nicht gleich oberflaechlich, wenn ich dort, wo ich, wenn auch nur zeitweilig, gluecklich sein kann, verweile.

Dort findet nicht mein Alltag statt. Ich weiss nicht wie es euch geht, aber ich brauche diese Pausen, in denen ich mich, wenn auch nur in einer gedachten, erdachten, ertraeglichen Welt bewegen kann. In diesem Konstrukt, das ich so dann und wann aufsuche, finde ich die Luft, die mir der gelebte und erlebte Wahnsinn der Realitaet, nimmt. Ich brauche dieses Konstrukt, denn die ewig geforderte Vernunft, der Realitaetsbezug, das auf allen Bannern und Transparenten geforderte rationale Handeln, dient, so sehe ich das, doch nur der Mehrung des Kapitals. Das kann doch nicht alles sein, was von Bedeutung sein soll.

Wenn ich aus diesem Konstrukt zurueckkehre, das ich besuche, wenn ich z. B. meine Musik spiele, wenn ich Buecher lese, dann bringe ich immer wieder eine Spur von meinem kurzen Glueck mit zurueck in die Wirklichkeit. Wer will mir vorwerfen, dass ich andere daran teilhaben lasse, weil ich von dem erlebten Glueck weitergebe. Vielleicht kann ich jemandem mit dem, was ich hier schreibe Mut machen, ein wenig von einer Vergangenheit zu traeumen, wie man sie gerne haette, um sie so moeglich werden zu lassen. Die Wirklichkeit holt uns frueh genug wieder ein. Ich finde, man sollte nicht so veraechtlich ueber diejenigen herziehen, die es schaffen in einer Welt von taeglich erlebten Alptraeumen, gute Traeume zu erleben.

Wir in unserer >realen< Welt sind leider nicht so gut und edel, wie wir uns und sie gerne haetten. Vielleicht finden wir in unseren Traeumen einen Weg, wie wir unserem Ideal naeher kommen koennen. Das ewige Gejammer und Tauern, um verpasste Chancen, gebiert keine Visionen, die uns vorwaerts bringen, Weltfremdheit zwar auch nicht, wer aber seine Freiheit in einem Traum gesehen hat, der findet moeglicherweise durch seine Sehnsucht nach Freiheit einen Weg zu ihr hin.

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