Wie sozial bist du?

Im Internet ist es heute einfacher denn je, sich zu engagieren, zu helfen oder Projekte zu unterstützen. Wer ist nicht schon mal einer Facebook-Gruppe beigetreten, die einen guten Zweck verfolgt? Oder dem elektronischen Aufruf einer Online-Petition gefolgt? Entscheidend scheint jedoch zu sein, wie man die Instrumente des Internet nutzen kann, um auf der Straße etwas auszurichten. Zu dieser brisanten Frage nun ein Interview mit Andrea Nienhaus von den Sozialhelden.

Wie bist du zu dem Projekt Sozialhelden gestoßen und welche Idee steckt eigentlich dahinter?

Als ich zu den Sozialhelden kam, gab es bereits eine kleine lose Gruppe. Raul Krauthausen hatte mit seinem Cousin für eine Projektausschreibung den Namen entwickelt. Das war 2005. Raul kenne ich aus meiner Zeit im Berliner KommunikationsFORUM an der Universität der Künste hier in Berlin. Anfang 2007 beschlossen wir, zusammen ein Blog zu starten: “Alles, was gerecht ist” heißt es. Wir dachten, dass, was wir uns ohnehin oft mitteilen – Gefundenes, tolle Projekte usw. – das können wir doch auch mit anderen teilen und es öffentlich machen. Wir starteten als Autorenblog mit mehreren SchreiberInnen. Über das Blog habe ich auch die Entstehung paralleler Sozialhelden-Projekte wie z.B. “pfandtastisch helfen” kennengelernt. Dafür habe ich dann z.B. das Logo entwickelt, später dann auch für wheelmap.org. 2008 haben wir dann aus den Sozialhelden einen e.V. gegründet. Das war wichtig für den weiteren Verlauf der Projekte – vor allem auch aus rechtlichen und finanziellen Gründen.

Gebt ihr euch mit einer Online-Existenz zufrieden oder hegt ihr Expansionsgedanken?

“Online” existieren wir ja vor allem in unserer Kommunikation. Die Projekte selbst existieren in der “physischen” Welt, wie z.B. die Pfandboxen von “pfandtastisch helfen”. Bei wheelmap.org ist die Karte ebenfalls ein Kommunikationstool, um “vor Ort”, wie z.B. in Cafés, Verkehrsstationen usw. die Barrierefreiheit voranzubringen. Da unsere Projekte auch langfristig immer mehr Arbeit und Abstimmung erfordern, überlegen wir uns derzeit, wie wir z.B. in gemeinsamen Arbeitsräumen arbeiten können. Dank co-Working-Möglichkeiten in Berlin ist das auch möglich.

Wie stellt ihr sicher, dass eure Arbeit auch tatsächlich die Zielgruppe erreicht?

Eine explizite “Zielgruppe” im klassischen Marketingsinne haben wir eigentlich nicht. Jede/r ist potenzieller Helfer, Spender, Unterstützer. Bei den Pfandboxen z.B., da ist unsere Zielgruppe der “Konsument”, der sein Leergut abgibt. Das sind eigentlich alle, die einkaufen gehen. Bei der Wheelmap ist es ähnlich: Es geht um die Verbesserung möglichst vieler Orte, die noch nicht barrierefrei sind. Die einen nutzen die U-Bahn, andere sind auf der Suche nach Kinos mit Aufzug. Unser Erfolg misst sich demnach z.B. an gespendeten Pfandbons oder als “barrierefrei” markierten Orten auf der Wheelmap. Auf dem Weblog erkennen wir, wie viele Leser oder Kommentare wir schließlich haben. Von Zielgruppen-Definitionen halte ich außerdem sehr wenig. Wichtiger ist das Erreichen von Zielen. Beim Blog, da haben wir weniger überlegt, FÜR WEN wir das schreiben, als vielmehr, WAS wir erzählen möchten oder worüber wir eine Diskussion anregen wollen.

Welche Ratschläge kannst du Menschen, die sich in ähnlicher Form anderen Inhalten zuwenden möchten, mit auf den Weg geben?

Schaut, was “noch fehlt”! Was könnte man in der Straße, Nachbarschaft, Stadt usw. verbessern? Was wird gebraucht? Macht das, was euch wirklich am Herzen liegt. Bringt das ein, was ihr gut könnt und euch ohne Überwindung große Freude macht. Arbeitet im Team. Arbeitet mit den Menschen, die ihr schätzt, mit denen ihr euch gut ergänzt. Habt Spaß! Seid realistisch, aber dennoch visionär. Seit mutig, traut euch was. Haltet es aus, unkonventionelle Wege zu gehen. Glaubt an eure Ideen. Sucht euch Unterstützer. Überlegt, wie man langfristig Ehrenamt mit dem Berufsfeld kombinieren kann. Machen und dranbleiben!

5 Kommentare zu “Wie sozial bist du?

  1. Können denn bei den Sozialhelden auch andere Leute mitmachen oder ist das eine geschlossene Gruppe? Und: Wie finanziert ihr euch? Ist das Projektbezogen oder alles komplett ehrenamtlich?

  2. Hi, spannendes Projekt! Ich arbeite auch gerne in co-working-Orten, allerdings finde ich es manchmal sehr schwer, mich dorz zu konzentrieren. Wie gesht du damit um Andrea? LG Lizzy

  3. Ja, ich finde, es ist ganz wichtig zu tun, wofür man voll und ganz einsteht, wofür man “brennt”, denn nur dann kann man Berge versetzen, hat man genug Kraft auch dann weiterzumachen, wenn es mühsam wird und sich mit dem einzubringen, was man wirklich gut kann, ist schon ein großer Schritt zum Gelingen. LG Eva

  4. Soziale Medien wie Facebook und Twitter sind für politisch engagierte Menschen ein großer Gewinn, meint die Tageszeitung Göteborgs Posten: “Twittern kann er doch, Präsident Barack Obama. Oder? Na ja, der Mythos seines rein persönlichen Zugangs zu sozialen Medien ist nichts anderes als ein Mythos. Twitter- und Facebook-Mitteilungen wurden von einem Stab von Schreibern verfasst. … Gewiss nicht alle Facebookseiten werden wirklich von den Gewählten betrieben. Das schließt aber nicht aus, dass die Wähler sich so Gehör verschaffen können. Das sieht man daran, wie Bürgerinitiativen zu Werke gehen. Junge Neuntklässler sind der Ansicht, das mit dem Start einer Facebookseite und dem Eintritt in eine politische Partei ungefähr gleich viel bewirkt werden kann. Eine richtig geplante Facebookseite kann tatsächlich lokal wie national einen Meinungssturm entfachen. … Soziale Medien schaffen für engagierte Menschen ganz einfach eine Möglichkeit mitzuwirken und eigenen Anliegen Gehör zu verschaffen. Das ist der größte Gewinn dieser Kommunikationsformen.”

    Göteborgs-Posten – Schweden | Montag, 17. Mai 2010
    Facebook und Twitter nutzen engagierten Menschen

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