Von den Bee Gees zu Lil Wayne

Zuerst habe ich nur mitgesummt. Klar, waren es Worte, die, mit fetzigem Diskobeat unterlegt, aus den Boxen des Schallplattenspielers drangen. Aber ich war erst drei und konnte noch kein Englisch. Ich wollte immer wieder den Song mit dem >Klops< hoeren, so eine Legende meiner Mutter. Es war ein Liebeslied von den Bee Gees, das Wort Klops hatte ich rausgehoert, weil sie immer von >close another door< sangen.

Spaeter fand ich heraus, dass die Leute im Radio nicht in einer eigenwuerdigen Phantasiesprache sangen, sondern auf Englisch. Das war eine Erleichterung. Ueber Songtexte habe ich mich der Sprache angenaehert. Singen und Sprechen gingen fuer mich ohnehin gut zusammen. Doch an englische Originaltexte kam man nur sehr umstaendlich.

Einmal die Woche gab es in der BRAVO auf der letzten Seite zwei Songtexte und ihre Uebersetzung. Das war schon mal was. Ausserdem gab es in den Booklets von guten CDs die Texte manchmal gratis dazu. Auch nicht schlecht. Ansonsten funktionierte es ueber das Hoeren. Von Bruce Springsteen, der damals mein Lieblingsmusiker war [nein, ich bin nicht Jahrgang 1960], konnte ich ganze CDs auswendig. Die Texte, vor allem auf dem Langspieler >Jungleland<, waren fuer mich Poesie. Ein Beispiel: >Barefoot girls sitting on the hood of a Dodge, drinking warm beer in soft summer rain.< Mann, ich konnte den Regen spueren! Heute sind andere Poeten in meinem Kopf am Werk. An Lil Waynes Rap kann ich mich im Moment nicht satthoeren. Das Wort >fuck< hat bei dem jungen Mann inzwischen jegliche Satzzeichen ersetzt. Aber unter der Gangsterrapper-Oberflaeche hoere ich etwas Anderes. Seine Worte zu rappen ist beim ihm fast ein koerperlicher Akt, von Groelen bis Fluestern beherrscht er die Klaviatur des Sprechgesangs und ich glaube ihm. Er spricht: >My whole city under water, some people still floatin’< und meint damit seine Stadt New Orleans. Und witzig, grossspurig ist er sowieso: >My picture should be in the dictionary next to the definition of definition<. An die Lyrics zu kommen ist uebrigends kein Problem mehr. Im Falle von Lil Wayne gibt es fuer sein aktuelles Album sogar eine ganze Text-Website.

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