Vier Jahre Fronteinsatz

Seit drei Wochen geniesse ich jetzt schon die Leichtigkeit des Nichtstuns. Sorglos um zwei Uhr nachmittags aufstehen und nachts um drei schlafen gehen. Das sind verdammte elf Stunden Schlaf! Jeder, der mich jetzt beneidet, sei Folgendes gesagt: Es ist anstrengend!

Nach vier Jahren geregeltem Tagesablauf in der Woche stehe ich nun nach meiner selbstgewollten Kuendigung vor dem Nichts. Nichts, was einem sagt, du bist heute zu spaet zur Arbeit gekommen. Nichts was heute auf deiner ToDo-Liste steht. Nichtsnutz! Selbst das Muell-runter-bringen wird zum stundenlangen Ringkampf mit mir selbst.

Es ist die Freiheit des Arbeitssklaven, der sich kurz nach seiner Freiheit wieder nach der Strenge seines Herren sehnt und behuetet seine zwoelf Stunden Frohnarbeit erledigen, um abends zu wissen, was er geleistet hat. Nach vier Jahren Arbeitseinsatz an der Front [Agentur] kommt man nur langsam zu sich selbst und ich stelle fest, dass mir elementare Dinge gefehlt haben. Genug Zeit fuer Beziehungen zum Beispiel. Und es ist gar nicht gut, wenn man schlagartig viel Zeit hat, um ueber seine Defizite nachzudenken. Ich begreife jetzt, wo es mir eigentlich gut gehen sollte, wie ich mich runtergewirt- schaftet habe, meine Energie in Wagenladungen von Arbeitsexessen verbrannt habe.

In den letzten Zuegen meines Angestelltendaseins habe ich mich immer motiviert mit den troestenden Worten: >Nur noch ein bisschen und dann darfst du alles: die Welt bereisen, unter der Woche auf Partys gehen und natuerlich Kultur geniessen, wir sind ja schliesslich in Berlin<. Und was tue ich? Ich gruebele und verarbeite, dass ich wieder vier Jahre aelter geworden bin und hoffe, dass ich mit Fuenfzig weiser sein werde und mich dann mit meinen verdienten Millionen der Arbeitswelt ganz entziehen kann und nur noch meine Stiftungen leiten werde. Bestimmt bin ich dann schlauer und werde das so machen.

3 Kommentare zu “Vier Jahre Fronteinsatz

  1. ?
    War der Ausstieg nun gewollt und geplant oder nicht?
    Hört sich nämlich eher nicht so an.. .
    Viel Glück dabei die Waagschalen wieder ins Lot zu bringen!

  2. Ich finde, das hört sich eindeutig nach einem gewollten Ausstieg an und das finde ich auch richtig so. Lohnarbeit ist ein Modell aus dem 20. Jh.
    Nur das Beste wünscht
    Jerome

  3. Der Austieg war gewohlt.. jetzt studiere ich erstmal schön bwl und genieße drei Jahre “Ruhe”.. danach gehts dann weiter mit dem Aufstieg bei einer Unternehmensberatung.. um dann mit 50 alllllerspätestens die Stiftung mit den Millionen zu gründen. Lohnarbeit kann beruhigen, aber auch einschränken.. das beste ist, wenn man mehrmals die Abwechslung hat.. mal selbstständig .. dann mal wieder für eine große Firma arbeiten.. der Lehrnfaktor bei letzterem ist nicht zu unterschätzen..

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