Videoueberwachung in meinem Kopf

Obwohl ich in den letzten Wochen Fieber hatte, musste ich letzte Woche nach London fahren. Der Grund: Ich wollte offizielle Pruefungen fuer Aufnahmen an amerikanischen Universitaeten machen. Was ich in dem Pruefungsbuero erlebt habe, war ziemlich beeindruckend und sicherlich bezeichnend fuer ein Land wie England, in dem es geschaetzte 20 Millionen CCTVs [Sicherheitskameras] gibt. Sicher, das Pruefungsbuero, wie auch jede offizielle Pruefung, kommt ohne Regeln nicht aus. Aber die Sicherheitsmassnahmen dieses Bueros im finanziellen Stadtteil Londons erinnerten an >Mission Impossible<. Man musste sich wie ueblich zuerst registrieren lassen. Die Kandidaten mussten dann ihr persoenliches Eigentum in den Schliessfaechern hinterlassen. >Very organised, indeed<, dachte ich. So richtig kafkaesk wurde es allerdings erst noch: Ich wurde informiert, dass man bei der Pruefung, nichts bei sich haben darf. Kulis, Schmierpapier, Taschentuecher und sogar Wasser sind im Pruefungssaal verboten. Nur ein Personalausweis ist erlaubt. Bevor ich mich zu diesen Bedingungen in den an eine Gefaenigniszelle erinnernden Pruefungsraum begeben habe, musste ich mich [ohne Brille] photographieren lassen und ein offizielles Dokument unterschreiben, in dem ich eidesstattlich erklaerte, dass ich mich an gewisse Regeln halten wuerde. Waehrend der Pruefung wurde ich mit Sicherheitskameras ueberwacht, der ganze Raum war voll von Hohlspiegeln. Ich wurde zusaetzlich von einem Raum aus ueberwacht, der nebenan lag und vom Pruefungssaal nur durch eine riesige Fensterscheibe getrennt war. Es fehlte eigentlich nur noch, dass mein Hirn bei der Arbeit durchleuchtet wurde. Denn die Architektur der Ueberwachung implizierte nichts anderes als die totale Kontrolle. Und damit auch die Kontrolle ueber meine Gedanken. Ein solches Szenario duerfte in der ersten Generation Misserfolge am Fliessband hervorbringen. Schliesslich: Wer erlebt sich bisweilen nicht als ein Subjekt, das Ideen produziert, welche der Pruefung eines hochgeruesteten Ueberwachungsstaates nicht standhalten wuerden?

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