Verwegen verlegen

Der Autor dieses Textes zeichnet sich als ein fleissiger Mitarbeiter einer der vier Vorortredaktionen von Dortmunds groesster Zeitung. Vor Kurzem gab es eine Innovation in der Auftragsvergabe fuer Artikel: Ein Inter- /Intranet-Programm, in das die Redaktion Termine mit allen Details eintragen muss, woraufhin sie den freien Mitarbeiter anruft, um ihm zu sagen, welchen der eingetragenen Termine er uebernehmen kann.

Letzteres hat sie bisher auch immer getan. Nur muss sich nun der freie Mitarbeiter daraufhin im Internet um diesen Termin bewerben, obwohl er ihn ja eigentlich schon sicher hat. Das birgt – entgegen jedweglicher Vermutung – nicht die geringste Logik in sich. Auch keine versteckte.

In diesem Intranet sieht die Redaktion anschliessend, dass der freie Mitarbeiter sich genau fuer diesen Termin beworben hat. Wahrscheinlich ist bei Abruf der Bewerbungen jedes Mal die Verwunderung in der Redaktion gross! Die Redaktion bestaetigt dann im Intranet die Anfrage des freien Mitarbeiters, der daraufhin nach der Bestaetigungsmail fuer die Anfrage des Termins auch noch die Bestaetigungsmail fuer die Vergabe des Auftrags bekommt – per Internet. In manchen Faellen kommt es aber auch vor, dass der Termin muendlich vereinbart wird, ohne dass der freie Mitarbeiter sich im Internet um den Auftrag bewerben koennte, weil es sich um einen Auftrag fuer eine Sonderausgabe handelt.

In diesem Fall muss der freie Mitarbeiter sich nach Schreiben des Artikels fuer den Auftrag bewerben und bekommt im Nachhinein die Bestaetigungsmail auf die Anfrage und die Bestaetigungsmail auf die Vergabe des Auftrags, die ihm somit bestaetigen, dass es richtig war, den Auftrag im Vornherein durchgefuehrt zu haben. Der freie Mitarbeiter ist dann sehr erleichtert, dass die Auftragsdurchfuehrung auch ohne vorherige Bestaetigung korrekt war. Moechte er doch nichts falsch machen und die alles vereinfachende Innovation des Chefbueros zur Vereinfachung der Auftragsvergabe auch vereinfachend auf sein [Arbeits-]Leben anwenden. Der tatsaechliche Beweggrund dieser so nutzlosen wie amuesanten Innovation findet sich allerdings in einer weniger erheiternden Ueberlegung des Zeitungsverlegers.

Nachdem es vor wenigen Monaten ein Mitarbeiter der Zeitung geschafft hatte, sich nach mehrjaehriger verlaesslicher Mitarbeit in Kurzvertraegen in einen festen Arbeitsvertrag einzuklagen, ueberlegte der Verleger, was er tun koenne, um sich zukuenftig unliebsame Festanstellungen vom Hals zu schaffen. Die Loesung: Er erarbeitete mit seinen Rechtsanwaelten diese Internetplattform, in der jeder, der bei ihm als Mitarbeiter registriert ist, sich – nach dem Prinzip der Gleichberechtigung – fuer jeden einzelnen Auftrag bewerben kann. Oder muss. Und somit im Vertragsschluss mit einer Tochtergesellschaft des Verlagshauses [der er seinen Text offiziell verkauft] kein Recht auf einen Arbeitsvertrag mehr einklagen kann.

2 Kommentare zu “Verwegen verlegen

  1. wir brauchen mehr wellness in unserem leben! – aber die frage ist, welche rolle medien dabei spielen?

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